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Martin Dörmann
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Frage von Reinhard S. •

Frage an Martin Dörmann von Reinhard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dörmann,

in ihren Ausführungen zum Beschluß des Zugangserschwerungsgesetz haben sie mehrfach ausgeführt, dass diese Maßnahme Teil eines umfassenden 10-Punkte-Planes ist, gegen Kindesmißbrauch vorzugehen. Beispielhaft haben sie auf die Seite der SPD-Fraktion verwiesen:

http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,47298,00.html

Wie halten sie diese Aussagen für vereinbar mit den Sachverhalt, dass das Kinderschutzgesetz unter maßgeblicher Mitwirkung der SPD gescheitert ist?, Nachzulesen bspw. hier:

http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/665093

So sind nun zwar die Grundrechte aller durch ein fragwürdiges Gesetz tangiert, die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit von Kindern aber nicht weitergehend geschützt werden, obwohl sie und ihre Fraktionskollegen dies in den Begründungen zum Zugangserschwerungsgesetz immer wieder propagiert haben und als Begründung herangezogen haben?

Mit freundlichen Grüßen
Reinbhard Sander

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sander,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Sie haben zwei Gesetzesvorhaben angesprochen, die unabhängig voneinander zu beurteilen sind.

Das Kinderpornografie-Bekämpfungsgesetz ist eine gezielte Maßnahme im Kampf gegen Kinderpornografie, nämlich die Erschwerung des Zugriffs auf Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten. Darüber hinaus fordert die SPD-Bundestagsfraktion eine Vielzahl weiterer Maßnahmen, um Kinderpornografie möglichst effektiv zu bekämpfen, insbesondere die Strafverfolgungsbehörden dauerhaft personell und technisch gut auszustatten und die internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden weiter zu stärken.

Zum Grundrechtsschutz: Den ziehen wir mit dem Kinderpornografie-Bekämpfungsgesetz gerade ein. Denn ohne Gesetz bliebe es bei den bereits abgeschlossenen Provider-Verträgen, auf deren Grundlage sich die umstrittene Sperrinfrastruktur bereits im Aufbau befindet, ohne dass es hinreichende Schutzbestimmungen für Internetnutzer/innen gäbe, wie weitreichende Datenschutzbestimmungen, einen Ausschluss der Ausdehnung auf andere Zwecke oder eine unabhängige Kontrolle der BKA-Liste. Das kann ernsthaft niemand wollen, der Grundrechtsschutz wirklich ernst nimmt.

Beim letztendlich gescheiterten Entwurf eines Kinderschutzgesetzes ging es uns um die weitergehende Frage, was einem guten Kinderschutz nützt und was nicht.

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung hat einen hohen Stellenwert. Wir wollen alles daran setzen, jedem einzelnen Kind einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Daher haben wir bereits in der Vergangenheit eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um den Kinderschutz in Deutschland nachhaltig zu verbessern.

Die Förderung des Kindeswohls und ein funktionierender Kinderschutz müssen in einer menschenwürdigen Gesellschaft für Bund, Länder und Gemeinden höchste Priorität haben. Grundlage dafür ist unser Grundgesetz: Das staatliche Wächteramt in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG "wacht" über das Kindeswohl. Da, wo Eltern dem "natürlichen Recht", für die Pflege und Erziehung ihrer Kinder zu sorgen, nicht nachkommen können oder wollen, kann der Staat in das Elternrecht eingreifen.

Wir wissen, dass die meisten Eltern sich hervorragend um das Wohlergehen der Kinder kümmern. Aber in den Fällen, in denen sich die Lage für die Kinder immer mehr zuspitzt, darf der Staat diese nicht im Stich lassen. Die Kinder- und Jugendhilfe hat daher die Aufgabe, ein helfendes, beratendes, unterstützendes und förderndes Angebot für junge Menschen und ihre Familien bereit zu stellen. Für einen effektiven Kinderschutz ist ein abgestuftes System der Förderung von Kindern und Eltern, ihrer Unterstützung und der staatlichen Intervention erforderlich.

Der Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums ist unserem Anspruch eines bestmöglichen Kinderschutzes nicht gerecht geworden. Mit ihrer Kritik stand die SPD-Bundestagsfraktion übrigens nicht allein. Die Fachverbände und Institutionen, die im Kinderschutz engagiert und fachkompetent tätig sind, haben sich in ihren Stellungnahmen ähnlich geäußert. Die Kritik der Fachorganisationen in der Anhörung und auch in durchgeführten Fachgesprächen war verheerend.

So mangelte es dem Gesetzentwurf z.B. an präventiven Ansätzen. Ihre Stärkung ist aber besonders wichtig, denn für einen guten Kinderschutz sind Förderung und Prävention die besten Mittel, um Kinder und ihre Familien effektiv zu unterstützen und sie vor Gefährdungen zu schützen.

Eine Gesetzgebung um jeden Preis macht aus unserer Sicht keinen Sinn, erst recht nicht beim Kinderschutz. Die SPD-Fraktion hat daher vorgeschlagen, die aus fachlicher Sicht erforderlichen Inhalte für wirkungsvolle Regelungen im Kinderschutz in einem Entschließungsantrag festzuhalten und dies als Arbeitsauftrag mit in die nächste Legislatur zu nehmen. Diesen Antrag hat die Union komplett verweigert.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Dörmann, MdB