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Frage von Jochen H. •

Frage an Martin Dörmann von Jochen H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dörmann,
die Fragen von Herrn Ralf Haingärtner vom 16.6.2009 sehe ich zum größten Teil als unbeantwortet an:
Ich zitiere Sie wie folgt: "Um das Ermessen zu begrenzen, haben wir zusätzlich eine Bestimmung aufgenommen, die zumindest eine quartalsmäßige Prüfung vornimmt."
"... nun eine tägliche (!) Aktualisierung der Sperrliste vom BKA verlangen."

Soll das in der Praxis nun heißen, dass im schlechtesten Fall eine Seite z.B. heute aus dem Netz genommen wird und die Überprüfung erst in 3 Monaten erfolgt?

Für mich war bisher selbstverständlich, dass bei einer Sperre nicht nur zeitnah sondern hic et nunc eine rechtlich einwandfreie Prüfung erfolgt – dass der Bürger ein RECHT auf eine umgehende Prüfung hat. Soll das also heißen, dass eine Internetseite drei Monate aus dem Netz entfernt sein kann und man nur die Möglichkeit hat – Zitat: „Schließlich steht jedem Betroffenen, der sich in seinen Rechten verletzt sieht, der Verwaltungsgerichtsweg offen.“ die schon heute (nicht zuletzt durch Hartz IV) völlig überlasteten Verwaltungsgerichte anzurufen?

Richter am Verwaltungsgericht sollen entscheiden, ob es sich um Pornografie handelt?

Das Kontrollgremium soll aus 5 Personen bestehen, wo noch überhaupt nicht absehbar ist, wie viele (tausend) Seiten zu prüfen sind. Wie ist hier Vorkehrung getroffen, dass diese Arbeit überhaupt zu bewältigen ist?

Nach seinen eigenen Worten soll der DSB Herr Schaar von der Ansiedlung des Gremiums bei seiner Behörde aus der Zeitung erfahren haben. Wäre hier nicht zumindest eine umfassende und rechtzeitige Information seiner Behörde und Person (nicht nur aus Höflichkeit) notwendig gewesen?

Ihr Kollege Herr Strobl fordert heute (Focus online) das Verbot von „Killer-Spielen“. Wie wollen Sie nun nach diesem „Dammbruch“ (Formulierung diverser Printmedien) weitere Eingriffe in das Internet (durch neue Gesetze) verhindern?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hosemann,

vielen Dank für Ihre Nachfragen.

Wir haben das Kontrollgremium bewusst beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit angesiedelt, da es gerade zu dessen Aufgaben gehört, die Informationsfreiheit zu sichern, insbesondere bei Behörden des Bundes. Die Aufgaben des Bundesdatenschutzbeauftragten kann der Gesetzgeber selbständig vornehmen. Wie in anderen Fällen auch, braucht es hierzu keiner Einwilligung der entsprechend beauftragten Behörde.

Der Datenschutzbeauftragte wird auch nicht persönlich verpflichtet, die Liste zu überprüfen, sondern soll nur ein Expertengremium berufen, das entsprechende Qualifikationen besitzen muss. Ich habe bislang noch keinen Vorschlag gehört, welche Stelle besser dazu in der Lage wäre, auch vor dem Hintergrund der sonstigen Aufgaben des Bundesdatenschutzbeauftragten. Hätten wir beispielsweise an dieser Stelle das Bundesinnenministerium genannt, das ja für das BKA üblicherweise zuständig ist, hätte es wohl einen Sturm der Entrüstung bei vielen gegeben, weil einige darin keine unabhängige Kontrolle gesehen hätten.

Gerade weil noch nicht absehbar ist, mit wie vielen Seiten zu rechnen ist, haben wir dem Expertengremium bei der Frage, wie häufig und intensiv es kontrolliert, einen Ermessensspielraum eingeräumt. Es ist richtig, dass mindestens eine Überprüfung quartalsmäßig erfolgen soll. Jedoch soll dies nur eine äußerste Schranke kennzeichnen. In der Praxis wird auch der Bundesdatenschutzbeauftragte mit dafür Sorge tragen, dass das Expertengremium deutlich intensiver prüft.

Das Gremium ist befugt, die Sperrliste täglich einzusehen, zu überprüfen und täglich zu korrigieren. Wenn es etwa entsprechende Hinweise aus der Community oder von betroffenen Seitenbetreibern erhält, kann es sofort reagieren. Dieses Gremium soll gerade sicherstellen, dass nicht der Verwaltungsrechtsweg beschritten werden muss, falls eine Seite zu Unrecht gesperrt wurde. Aber selbstverständlich bleibt diese Möglichkeit als letztes Mittel offen, da ja auch eine Entscheidung des Expertengremiums nicht endgültig sein soll.

Aus meiner Sicht haben wir mit der gefundenen Regelung eine ausgewogene Balance zwischen der notwendigen Effektivität der Maßnahmen und den erforderlichen Kontrollmöglichkeiten geschaffen.

Bewusst haben wir gegenüber der Union durchgesetzt, dass die Regelung in einem Spezialgesetz erfolgt, das bis zum Ende 2012 befristet ist. Hierdurch wird ausgeschlossen, dass mit dem Gesetz auch andere Inhalte gesperrt oder andere Zwecke verfolgt werden. Eindeutiger als wir kann man so etwas gesetzlich nicht regeln.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Dörmann, MdB