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Frage von Reinhard G. •

Frage an Mark Hauptmann von Reinhard G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Hauptmann,

laut EEG 2017 §97 Absatz 1 Nummer 2 hat die Bundesregierung zum 30.6.2018 die Wirkung des EEG auch hinsichtlich der Zielerreichung "Akteursvielfalt" zu bewerten.
Fragen:

1) Wie hat die Bundesregierung die Beteiligung von Bürgerenergie-GENOSSENSCHAFTEN bewertet? (Bitte senden Sie mir - falls möglich - den Wortlaut des Evaluierungsergebnisses.)

2) Wie bewerten Sie die Beteiligung von Bürgerenergie-GENOSSENSCHAFTEN an den Ausschreibungsergebnissen Wind an Land seit Mai 2017?

3) Wie bewerten Sie die Differenzierung nach Rechtsformen der BürgerEnergie-Gesellschaften im Lichte der vorgenannten Ausschreibungsergebnisse (s. Wikipedia-Artikel "Bürgerenergiegesellschaft")

4) Haben Sie vor, sich für eine Modifizierung der Legaldefinition von "Bürgerenergiegesellschaft" (EEG 2017 §3) einzusetzen? Wenn ja, in welchem Sinne?

5) Haben Sie vor, sich für eine Neugestaltung des Abgaben-/Entgelt-/Umlagesystems für Energie (u.a. Strom) einzusetzen z.B. im Sinne einer Nationalen CO2-Abgabe ( https://co2abgabe.de ) statt des bestehenden Abgabensystems?

6) Wie werden Sie für die Umsetzung der am 14.6.2018 seitens der EU im "Trilog" vereinbarten Erneuebare-Energien-Richtlinie hinsichtlich der Stärkung der "Prosumer" und der damit verbundenen Abschaffung der Abgaben/Umlagen/Entgelte für Energieverbrauch in der Nachbarschaft (Wohnquartiere) einsetzen?

Ich wende mich an Sie als Mitglied des zuständigen Bundestagsauschusses und stellvertretend für die Thüringer Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, weil Sie sich auch 2016 stellvertretend für diese Bundestagsabgeordneten zu meinen /unseren die EEG-Novellierung betreffenden Fragen geäußert haben, wofür ich Ihnen danke.

Mit besten Grüßen

R. G.
Vorsitzender des BürgerEnergie Thüringen e.V.
www.buergerenergie-thueringen.de

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr G.,

ich danke Ihnen für Ihre Fragen und möchte im Folgenden darauf eingehen:

Fragen 1-4)

Es wurden in den Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land seit Mai 2017 insgesamt 22 Gebote von Bürgerenergiegenossenschaften abgegeben. Hiervon wurden drei Gebote bezuschlagt. Da die Bieter, die keinen Zuschlag erhalten haben, auch in den nächsten Runden nochmals ein Gebot für ihr Projekt angeben können, kann noch nicht abschließend beantwortet werden, ob die anderen abgegebenen Gebote nicht in einer der nächsten Runden einen Zuschlag erhalten werden.

Das Umweltbundesamt hat ein Forschungsvorhaben vergeben, in dem die Entwicklung der Akteursvielfalt vor und nach der Einführung der Ausschreibungen evaluiert wird. Das Forschungsvorhaben wird eng vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie begleitet. Die Evaluierung dauert noch an. Abschließende Ergebnisse insbesondere zu der Entwicklung der Teilnahme von Bürgerenergiegesellschaften vor und nach der Einführung der Ausschreibungen, aufgeschlüsselt nach Rechtsformen, liegen noch nicht vor. Hierzu sind erste Ergebnisse im Herbst 2018 zu erwarten. Auf der Grundlage dieser Evaluierungsergebnisse wird die Bundesregierung prüfen, in welchen Bereichen die Anpassung der Legaldefinition für Bürgerenergiegesellschaften und der im EEG enthaltenden Sonderregelungen für Bürgerenergiegesellschaften sinnvoll sein kann.

Frage 5)

Eine Reform der Umlagen, Steuern und Abgaben auf Strom und andere Energieträger wird seit geraumer Zeit intensiv diskutiert. Zahlreiche Akteure haben hierzu Vorschläge gemacht, u.a. in Richtung einer einheitlichen CO2-Bepreisung oder einer CO2-Steuer. Grundsätzlich könnte ein einheitlicher sektorübergreifender‎ CO2-Preis zu einer kosteneffizienten Senkung der CO2-Emissionen führen. Bezüglich der Bepreisung von CO2 im Kraftwerkssektor und der energieintensiven Industrie besteht allerdings mit dem EU-Emissionshandel (EU-ETS) bereits ein solches Bepreisungssystem. Mit der Reform des EU-ETS für die vierte Handelsperiode 2021-2030 werden die aktuell bestehenden Überschüsse nachhaltig abgebaut und das Preissignal deutlich gestärkt. Mit Blick auf die Reform der Entgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen auf Strom, Heiz- und Kraftstoffe bei Letztverbrauchern ist darauf hinzuweisen, dass die Verteilung der Kosten und insbesondere deren Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen eine solche Reform erschweren. Die Debatte zu einer solchen Reform dauert noch an.

Frage 6)

Ich begrüße, dass sich die Bundesregierung in den Verhandlungen zur EU-Erneuerbaren-Richtlinie für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Eigenverbrauch in Europa eingesetzt hat, insbesondere für einen sog. „enabling framework“ in allen Mitgliedstaaten, der den Eigenverbrauch in ganz Europa stärkt, aber auch sicherstellt, dass der Eigenverbrauch einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der Energiewende leistet.

In den finalen Trilogverhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der EU-Kommission konnte jetzt folgender Kompromiss erzielt werden:

· Jeder Mitgliedsstaat soll die Rechte des Eigenverbrauchs stärken und Barrieren und Diskriminierungen abbauen.

· Darüber hinaus sollen die Mitgliedsstaaten kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen im individuellen Eigenverbrauch bis max. 30 kW insoweit von Abgaben und Gebühren befreien, als das notwendig ist, um die wirtschaftliche Realisierbarkeit des Projekts zu sichern (keine Überförderung).

· Die Mitgliedstaaten haben die Wahl, ob sie solche Anlagen von Gebühren und Abgaben befreien oder direkt über ein Fördersystem fördern.

· Damit ist sichergestellt, dass überall in der EU etwas für den Eigenverbrauch getan wird. Kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen im individuellen Eigenverbrauch sind sogar überall in der EU zu fördern, entweder über das Fördersystem oder über eine anteilige Befreiung von Abgaben und Umlagen. Mehrpersonenverhältnisse wie „Quartierslösungen“ oder Mieterstrom werden durch die Regelung gestärkt, sind aber von der anteiligen Befreiung von Abgaben und Umlagen nicht umfasst.

Das Europäische Parlament hatte gefordert, den erneuerbaren Eigenverbrauch von allen Steuern, Abgaben und Umlagen zu befreien, unabhängig von der Größe der Anlage und auch in Mehrpersonenverhältnissen wie Mieter- oder Quartiersstrom. Das hätte jedoch in Mitgliedstaaten mit vergleichsweise hohen Abgaben und Umlagen wie Deutschland zu einer massiven Überförderung der Anlagen im Eigenverbrauch geführt. Daraus hätte sich ein enormer Anreiz ergeben zu einer „Flucht aus der Umlage“. Die EEG-Umlage wäre auf immer weniger Schultern verteilt und die Finanzierung des Gesamtsystems damit ernsthaft gefährdet worden. Der jetzt erzielte Kompromiss stellt einen Ausgleich der verschiedenen Interessen dar. Die Bundesregierung prüft derzeit, welche Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie erforderlich sind. Nach erster kursorischer Prüfung besteht im Hinblick auf die Erneuerbaren Eigenversorgung kein unmittelbarer Anpassungsbedarf, da ein Anreiz zum Eigenverbrauch bei kleinen PV-Anlagen in Deutschland gegeben ist.

Sehr geehrter Herr G., ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Mark Hauptmann