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Linda Heitmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Frederike R. •

Warum greift der Gesetzgeber nicht, und stellt eine Regelung (keine Werbung, Beratungsqualität) für den NIPT-Test auf?

Sehr geehrte Frau Heitmann,

ich wende mich auf diesem Wege an Sie, da ich es als meine Pflicht sehe alles Menschenmögliche zu tun, dass vor diesem Test ein Riegel vorgeschoben wird. Ich komme aus dem Berufsfeld der Behindertenhilfe und sehe immer wieder wie schön das Leben mit einer genetischen Besonderheit wie einer Trisomie sein kann. Deswegen möchte ich Sie auf die Seite der NONIPT-Bewegung aufmerksam machen. https://nonipt.de/unsere-kritikpunkte/
Dieser Test hat in Dänemark zur Folge, dass ALLE Kinder abgetrieben werden, die Geburtenrate von Kindern mT läuft 0. Es müssen bestimmte Gesetze/Regelungen vor diesen vor den Test geschoben werden, da ich Menschen mit einer Trisomie nicht missen will. Es ist dazu Menschenverachtet, dass Menschen mB weit über die 12. Woche abgetrieben werden dürfen. Aber das ist ein anderes Thema. Über 10 Jahre UN-BRK und Deutschland verhält sich rückschrittlich in einer Gesellschaft die immer mehr für Toleranz stehen will, das macht mich traurig.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau R.,

vielen Dank für Ihre Zuschrift.

In der Tat liegt die Entscheidung über die Zulassung von nicht-invasiven Pränataltests bisher beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der sie letztes Jahr als Kassenleistung zuließ. Eine parlamentarische Auseinandersetzung ging damit leider nicht einher, was auch ich bedaure, da das Thema ohne Zweifel auch eine grundlegende, fundamental ethische Dimension hat. Es müsste im Bundestag daher vermutlich als Gewissensentscheidung mit Aufhebung des Fraktionszwangs diskutiert werden – ein Verfahren, das in der Regel sehr gründliche Vorbereitung und Zeit erfordert. Momentan wird ein solches Verfahren in Bezug auf die Neuregelung der Sterbehilfe durchgeführt und ich würde nicht ausschließen, dass auch Pränatal-Tests diese Legislatur noch Thema einer solchen Debatte werden.

Tatsächlich stellen NIPT uns als Gesellschaft vor schwierige grundlegende Fragen: Während es vor dem Hintergrund des Rechts auf Selbstbestimmung sehr wichtig ist, Schwangeren die reproduktive Autonomie zu ermöglichen, ist es bei den NIPT eine komplizierte Abwägung. Mit der Verfügbarkeit der Tests – gerade auch als Kassenleistung – wird die gesellschaftliche Botschaft ausgesendet, dass die Geburt von Kindern mit einer Trisomie vermeidbar ist. Inhärent hierin ist wiederum die Botschaft, dass ein Leben mit Trisomie weniger wert und gesellschaftlich weniger erwünscht sei. Durch diese Unterscheidung wird möglicherweise Ungeborenen präselektiv die Chance genommen, trotz Trisomie ein erfülltes Leben zu haben.

Gleichzeitig lässt sich nicht leugnen, dass es für Eltern eines Kindes mit einer Trisomie voraussichtlich mit einem sehr großen Betreuungsaufwand einhergeht, diesem Kind ein gutes Aufwachsen in unserer Gesellschaft zu ermöglichen.

Im Koalitionsvertrag gibt es keine Vereinbarung darüber, dass eine gesetzliche Regelung zu diesem Thema angestrebt wird. Jedoch hat sich eine interfraktionelle Gruppe zu dem Thema Pränataldiagnostik gegründet, welche die Debatte rund um die Pränataldiagnostik und die NIPT wieder in den Bundestag tragen möchte.

Ich hoffe, dass Ihnen diese Antwort weiterhilft und wünsche Ihnen weiterhin gutes Gelingen bei Ihrem Engagement.

Mit freundlichen Grüßen

Linda Heitmann

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