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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Wolf-Ruediger H. •

Was halten Sie davon,mehr Waren und Güter mit der Bahn,statt mit dem LKW über unsere maroden Straßen zu befördern.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hertling,

haben Sie besten Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut!

Die Bahn hat in der deutschen Verkehrspolitik, die maßgeblich von der Union verantwortet wurde, gegenüber Straßenbau und Autoverkehr jahrzehntelang das Nachsehen gehabt. Als Grüne im Bundestag wollen wir mit einer neuen Strategie den Wendepunkt einleiten und die Schiene wieder zu einem starken und zuverlässigen Verkehrsträger machen. Dafür gilt es zunächst, die häufig heruntergekommene Infrastruktur wieder leistungsfähig machen, Anschlüsse zu verbessern, das Ticketsystem zu vereinfachen und den Schienengüterverkehr stärken – auch, um marode Straßen und Brücken nicht weiter durch den Fernlastverkehr zu belasten.

Zunächst wollen wir das Bahnnetz wieder leistungsfähiger machen. U.a. wollen wir 3.000 Kilometer Schiene reaktiveren, ländliche Räume besser anbinden und die Elektrifizierung vieler Strecken entschlossen vorantreiben. Außerdem soll der Lärmschutz verbessert und ein Infrastrukturfonds aufgelegt werden, mit dem die Finanzierung der Maßnahmen auch langfristig gesichert wird. Einnahmen aus der Lkw-Maut wollen wir künftig vermehrt in die Schiene investieren und auch die Planungskapazitäten deutlich erhöhen.  

Mit dem sog. „Deutschlandtakt“ kann der Schienenverkehr in Deutschland zukünftig effektiver miteinander verknüpft werden. Unser Ziel ist es, mit einem verlässlichen Taktfahrplan und der nahtlosen Verknüpfung von Fern- & Nahverkehr ein attraktives, flächendeckendes Mobilitätsangebot zu entwickeln. Dazu gehört jedoch auch, die strukturellen Wettbewerbsverzerrungen im deutschen Verkehrsmarkt zwischen Auto- und Bahnverkehr endlich abzubauen.

Im EU-Vergleich verlangt die DB Netz überdurchschnittlich weiterhin hohe Entgelte für die Nutzung des Schienennetzes. Gleichzeitig zahlt der Autoverkehr keine Infrastrukturabgaben und wird etwa durch steuerliche Vergünstigungen des Dieselkraftstoffes unverändert massiv subventioniert. Dass der Autoverkehr seine Kosten nicht selbst trägt und der Gesellschaft weiter aufbürdet, halten wir für nicht zukunftsfähig. Auch vor diesem Hintergrund wollen wir den Schienengüterverkehr stärken.

Der Schienengüterverkehr ist unbestritten das Verkehrsmittel der Wahl für eine klimafreundliche Logistik. Doch im Wettbewerb der Verkehrsmittel herrscht – wie bereits beschrieben – bislang keine wirkliche Chancengleichheit. Daher setzen wir uns dafür ein, klimaschädliche Subventionen, die bisher dem Güterverkehr auf der Straße Wettbewerbsvorteile bringen, abzubauen. Zudem wollen wir bis 2030 durch 1.500 wiederhergestellte Gleisanschlüsse die Anschlussmöglichkeiten für den Gütertransport auf der Schiene verbessern. So garantieren wir auch, dass Lkws auf langen Strecken nicht mehr eingesetzt werden müssen.

Europas Entwicklung ist untrennbar mit der Eisenbahn verbunden. Wir halten einen umfassenden Aus- und Neubau von Eisenbahninfrastruktur für zentral, wenn verkehrspolitische Zielstellungen zur Verlagerung von Personen- und Güterverkehr auf die energieeffiziente und klimafreundliche Schiene Erfolg haben sollen. Durch seine Lage kommt Deutschland eine entscheidende Rolle zu. Denn nur wenn Engpässe im deutschen Schienennetz beseitigt werden, kann langlaufender Lkw-Verkehr zwischen West- und Osteuropa und der innereuropäische Luftverkehr vermehrt auf die Schiene verlagert werden.

Mit ihrer Strategie für eine nachhaltige und intelligente Mobilität hat die EU-Kommission 2020 ein starkes Plädoyer für eine sofortige Verkehrswende in Europa abgegeben. Wir Grüne im Bundestag wollen, dass Deutschland endlich Anschluss knüpft an die europäische Verkehrswendestrategie und ein Garant für ihren Erfolg wird. An dieser Stelle erlaube ich mir, sie auf den von meiner Fraktion vorgelegten Antrag „Die deutsche Bahnpolitik in eine europäische Verkehrswende einbetten“ zu verweisen.

Mit besten Grüßen nach Reinbek!

Konstantin v. Notz

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