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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Elvin C. •

In der 20. Legislaturperiode wird entschieden, ob deutsche Drohnen bewaffnet werden durfen. Sind Sie für oder gegen die Bewaffnung von Drohnen? Und warum?

Sollen die HERON TP Drohnen, die Airbus Euro-Drohnen und danach weitere Drohnen
(z. B. für das FCAS Projekt) bewaffnet werden? In Afghanistan hat der Einsatz von bewaffneten Drohnen offensichtlich Hass und Terrorismus geschürt. Die Große Koalition hat die versprochene ausführliche ethische und rechtliche Prüfung zur Bewaffnung von Drohnen nie konsequent durchgeführt: z. B. wurden weder Opfer noch Drohnen-Whistleblower*innen gehört. Die Veröffentlichung eines geheimen Dokuments der US-Regierung hat bekannt gemacht, dass US-Drohnen in Afghanistan nicht nur ihre Ziele, sondern bis zu 90% "Unbeteiligte" getötet haben. Ist die Terrorisierung der gesamten Zivilbevölkerung durch ständig über ihre Köpfe fliegende tödliche Waffen verhältnismäßig? Doch ohne bewaffnete Drohnen sind seit 2014 keine Bundeswehrsoldat*innen beim Auslandseinsatz durch Fremdeingriff getötet worden, laut einem öffentlichen Dokument des deutschen Verteidigungsministeriums.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr C.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und das damit verbundene Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut.

Die Debatte um die Beschaffung bewaffneter Drohnen beziehungsweise der Bewaffnung von bereits geleasten Drohnen wird seit vielen Jahren im Deutschen Bundestag, der Bundeswehr und in der Zivilgesellschaft geführt. Auch ich beschäftige mich in meiner politischen Arbeit seit Jahren intensiv damit – beispielsweise im Kontext der Aufklärung im NSA/BND-Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode.

Immer wieder haben meine Fraktion und ich auf die Problematiken bewaffneter Drohnen aufmerksam gemacht, im Bundestag Anträge vorgelegt, Kleine Anfragen gestellt (exemplarisch BT-Drs. 18/2685) oder eigene Veranstaltungen organisiert.

Nachdem die Große Koalition bereits im Juni 2018 dem Leasing von Drohnen des israelischen Typs Heron TP zustimmte, verfügen die Drohnen der Bundeswehr heute grundsätzlich technisch über die Möglichkeit einer Bewaffnung.

Seit dem Frühjahr 2020 führte das Bundesministerium der Verteidigung zahlreiche Informationsveranstaltungen durch, bei der verschiedene Position zwischen Befürwortung und klarer Ablehnung einer Bewaffnung angehört und diskutiert wurden. Im Oktober 2020 gab es auch eine Öffentliche Anhörung im Deutschen Bundestag hierzu, siehe: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a12_Verteidigung/anhoerungen/812086-812086.

Für mich persönlich, wie für meine Partei ist klar: Die Nutzung von bewaffneten Drohnen für extralegale Tötungen und andere völkerrechtswidrige Taten, auch und vor allem durch Bündnispartner, ist auf das Schärfste zu verurteilen. Ein solcher Einsatz bewaffneter Drohnen ist mit dem deutschen Verfassungs- und Wehrrecht schlichtweg unvereinbar.

Gleichsam ist zu berücksichtigen, dass Drohnen in Einsätzen z.B. zu Aufklärungszwecken dienen und den Soldatinnen und Soldaten in gewissen Situationen besser schützen können. Nutzen und Risiken von Drohnensystemen und -funktionen müssen – vor jeder Beschaffung -in allen Phasen und mit Blick auf die jeweiligen Einsatzszenarien der Bundeswehr sehr gründlich gegeneinander abgewogen werden. Auch technischen Herausforderungen wie die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit von Hacks (sog. Hackability), die eine wichtige Rolle spielen, sind zwingend in eine vorzunehmende Gesamtabwägung einzubeziehen.

Grundsätzlich hat der Einsatz von bewaffneten Drohnen u.a. auch durch Bündnispartner Auswirkungen auf die Art der Kriegsführung. Erschreckend und in keiner Weise hinnehmbar ist dabei die hohe Zahl von zivilen Opfern. Der Schutz der Zivilbevölkerung muss umfassend gewährleistet werden. Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen versichern, dass wir uns weiterhin mit aller rechtsstaatlichen Entschlossenheit im oben beschriebenen Sinne einsetzen, damit der kritische Diskurs fortgeführt wird.  

Mit besten Grüßen nach Berlin!
Konstantin v. Notz

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