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Katharina Dröge
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Frage von Martin B. •

Frage an Katharina Dröge von Martin B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Dröge,

ich schreibe Ihnen als Geschäftsführer der gemeinnützigen Filmhaus Köln gGmbH und als Vertreter der Medien- und Werbewirtschaft in der IHK zu Köln, denn ich blicke mit großer Sorge auf den aktuellen Entwurf des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zur Neuregelung des Telemediengesetzes.

Dieser Entwurf hält an der unsäglichen sog. "Störerhaftung" fest, die im internationalen Vergleich einen gigantischen Wettbewerbsnachteil für die deutsche Digital- und Medienwirtschaft darstellt, und würde, wenn das denn so verabschiedet würde, die Verbreitung digitaler Netzwerke in Deutschland und auch in Köln vor großen Herausforderungen stellen. Zur ausführlichen Begründung verweise ich auf eine Stellungnahme des Förderverein Freie Netzwerke e.V., der in sechs konkreten Punkten unter folgendem Link festgehalten hat, warum diese Gesetzesänderung weder wünschenswert noch überhaupt umsetzbar ist, warum er die aktuelle Situation eher verschlechtert als verbessert und warum er zu unsäglichen Kosten für Wirtschaft und auch Verwaltung führen wird: http://freifunk.net//stellungnahme-tmg-e

Wie stehen Sie zum Entwurf zur Neuregelung des Telemediengesetzes? Sind Sie für oder gegen mehr frei verfügbare WLAN-Zugangspunkte in Deutschland und speziell in Köln? Wie wollen Sie sich dafür einsetzen, dass a) der Entwurf so nicht beschlossen und b) die Störerhaftung in Deutschland endlich abgeschafft wird? Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie oben verlinkte Stellungnahme bei der weiteren Arbeit an dem Gesetz beziehungsweise in Gesprächen mit den Parteifreunden berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Blankemeyer
Geschäftsführer
Filmhaus Köln gGmbH

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Blankemeyer,

vielen Dank für Ihre Frage zur Neuregelung des Telemediengesetzes und für Ihr Engagement.
Zunächst würde ich gerne näher auf Ihre Frage nach meiner Position zum Telemediengesetz und zu den frei verfügbaren WLAN-Zugangspunkten in Köln eingehen.
Gemeinsam mit der Grünen Bundestagsfraktion spreche ich mich seit langem für eine möglichst flächendeckende Funknetz-Infrastruktur aus. In der Bundesrepublik Deutschland werden mehrere Millionen privater und öffentlicher Funknetze (sog. WLANs – Wireless Local Area Networks) betrieben, die grundsätzlich von jedermann in der näheren Umgebung für den Zugang zum Internet genutzt werden könnten. Damit wäre im Grundsatz bereits heute – zumindest in dichter besiedelten Gebieten – nahezu flächendeckend ein Internetzugang für jeden verfügbar und Teilhabe in der digitalen Gesellschaft möglich. Die von Ihnen angesprochene Störerhaftung in ihrer heutigen, niemals vom Gesetzgeber angedachten Form, steht dem jedoch gegenüber. Diese führt dazu, dass ein Großteil der Betreiberinnen und Betreiber von drahtlosen Netzwerken ihre Netze vor einer Mitnutzung durch Dritte schützen, da sie strafrechtlich verantwortlich gemacht werden, wenn jemand ihren Internetzugang für illegale Zwecke missbraucht. Die Grüne Bundestagsfraktion und ich haben die Bundesregierung in den letzten Jahren immer wieder aufgefordert, diesen Missstand zu beseitigen.
Der von der Bundesregierung nun verschickte und zwischen den beteiligten Ministerien mittlerweile abgestimmten Referentenentwurf zeigt, dass die Bundesregierung nicht nur nicht bereit ist, für die nötigen Klarstellungen im Telemediengesetz zu sorgen, sondern auch noch weitere Zugangsbarrieren aufbaut: Kommerzielle Anbieter werden verpflichtet, ihre Netze zu sichern, unter anderem durch „anerkannte Verschlüsselungsverfahren“. Zudem sollen Nutzerinnen und Nutzer durch das Setzen eines Häkchens versichern, keine illegalen Handlungen vollziehen zu wollen. Für Private Anbieter kommt es jedoch noch dicker: Sie sollen nach dem Willen der Großen Koalition sogar verpflichtet werden, eine namentliche Registrierung ihrer Nutzerinnen und Nutzer zu verlangen. Eine solche Verpflichtung würde es Freifunkinitiativen und Co. fast unmöglich machen, ihre Funknetze zu öffnen. Die Bundesregierung behebt die seit Jahren bestehende Rechtsunsicherheit bei Funknetzen mit ihrem also Gesetzentwurf nicht. Im Gegenteil: Während offene Netze überall auf der Welt längst Standard sind, baut die große Koalition weitere Zugangsbarrieren auf. Ich stimme Ihnen daher absolut zu: dieser Entwurf stellt einen Wettbewerbsnachteil für die deutsche Digital- und Medienwirtschaft dar! Er zeigt einmal mehr, dass die Bundesregierung mit den Herausforderungen des digitalen Wandels maßlos überfordert ist.
Zusammen mit der Grünen Bundestagsfraktion setze ich mich daher dafür ein, dass die Störerhaftung in Deutschland abgeschafft und der jetzt vorgelegte Entwurf so nicht beschlossen wird. Bereits am Anfang dieser Wahlperiode haben wir, gemeinsam mit der Fraktion Die Linke, einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der eine solche rechtliche Klarstellung aufzeigt. Unseren Gesetzentwurf finden Sie hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/030/1803047.pdf . Nun werden wir in den nächsten Wochen und Monaten im Bundestag alles daran setzen, dass sich die Regierungsfraktionen auf die vorliegenden Gesetzesvorschläge der Opposition besinnen und letztendlich eine Änderung des Telemediengesetzes vornehmen, die keinen solchen netzpolitischen Rollback par excellence darstellt.
Weitere Informationen zu unseren vielfältigen Aktivitäten zu den Themen „Störerhaftung“ und „Freifunk“ finden Sie auch auf unserem innen- und netzpolitischem Blog gruen-digital.de.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte und bedanke mich ausdrücklich für Ihr Interesse.

Mit besten Grüßen,
Katharina Dröge

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