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Josef Schmid
CSU
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Frage von Meike L. •

Werden Sie sich bitte in den kommenden Gesetzgebungsverfahren zum Aufenthaltsrecht dafür einsetzen, dass ein Anspruch auf Geschwisternachzug eingeführt wird?!

Sehr geehrter Herr Schmid,

wie kann es sein, dass bei geflüchteten Kindern, die ohne Eltern in Deutschland ankommen und als Flüchtlinge anerkannt werden, zwar ihre Eltern nachziehen dürfen, aber ihre Geschwister in der Regel nicht mitkommen dürfen. Familien bleiben dadurch über Jahre getrennt. Insbesondere berührt mich, dass für geflüchtete Kinder, deren Eltern gestorben sind, die Chancen, ihre Geschwister wiederzusehen, besonders schlecht sind. Das ist unnötig grausam!

Meine Frage an Sie ist: Werden Sie sich in den kommenden Gesetzgebungsverfahren zum Aufenthaltsrecht dafür einsetzen, dass ein Anspruch auf Geschwisternachzug eingeführt wird?

Hierüber würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen
M. L.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau L.,

vielen Dank für Ihre Frage vom 18. November 2022.

Zum Gesetzgebungsverfahren zum Aufenthaltsrecht bzgl. Geschwisternachzug kann ich Ihnen folgendes sagen:

Der aktuelle Gesetzesentwurf zur Einführung des Chancenaufenthaltsrechts beinhaltet keine der im Koalitionsvertrag angekündigten Regelungen zum Geschwisternachzug, so dass nicht ersichtlich ist, inwieweit die Ermöglichung bzw. Erleichterung des Geschwisternachzugs in Zusammenhang mit der aktuellen Gesetzgebungsdebatte zum sog. Chancenaufenthaltsrecht steht.

Im Allgemeinen ist die Einführung eines Anspruchs auf Geschwisternachzug, der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen ist, abzulehnen. Nach der geltenden Rechtslage ist ein sog. Geschwisternachzug, also der Nachzug minderjähriger Geschwister zu einem in Deutschland anerkannten, unbegleiteten minderjährigen Ausländer, weder ausdrücklich geregelt noch privilegiert. Gleichwohl kann auf die allgemeinen Regeln des Familiennachzugs zurückgegriffen werden. Demnach könnten sich die Geschwister des Stammberechtigten bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen auf § 32 AufenthG berufen. Anknüpfungspunkt hierfür wäre ein Aufenthaltsrecht der Eltern aus § 36 Abs. 1 AufenthG. Kommt ein auf § 32 AufenthG gestützter Geschwisternachzug nicht in Betracht, weil es an dessen Tatbestandsvoraussetzungen fehlt, könnte auch ein auf § 36 Abs. 2 AufenthG gestützter Geschwisternachzug erwogen werden, der die Vermeidung außergewöhnlicher Härten voraussetzt.  Stammberechtigter ist dann der unbegleitete Minderjährige selbst, zu dem ein direkter Nachzug der Geschwister als „sonstige Familienangehörige“ erfolgen würde. In beiden Fällen müssen jedoch grundsätzlich auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG eingehalten werden.

Zusammenfassend ist ein sog. Geschwisternachzug – anders als bei den Eltern – nur möglich, wenn der Lebensunterhalt gesichert und ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht. Damit soll eine Einwanderung in unsere Sozialsysteme verhindert und ein „Vorausschicken“ Minderjähriger begrenzt werden. Eine Gleichstellung des Geschwisternachzugs mit dem Elternnachzug – sei es durch eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes oder durch problematische Umgehungen im Gesetzesvollzug durch die Länder – ist abzulehnen, da das Nachzugsrecht der Eltern allein dem Schutz des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings und der Fürsorge durch seine Eltern bis zum Erreichen der Volljährigkeit dient, nicht jedoch eigenständigen Interessen der Eltern oder der Familie am Zusammenleben mit dem Kind.

Mit freundlichen Grüßen

Josef Schmid

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