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Johannes Schraps
SPD
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Frage von Manfred v. •

Warum wird auch im Jahr 2022 die CO2-Steuer eine Strafsteuer auf ländliches Wohnen sein?

Vor recht genau 2 Jahren trugen auch Sie den Beschluss zur Einführung einer Co2-Steuer mit. Seit 01.01.21 macht diese nun für die meisten Menschen das Leben alternativlos teurer. Schaut man sich in NDS ein wenig um, so gibt es keinerlei größere Initiativen, Bahnstrecken zu reaktivieren, Radwege zu bauen (oder überhaupt einmal instandzuhalten) oder den Bus auch mal am Wochenende fahren zu lassen. Warum? Wie soll denn so bitte die Verkehrswende funktionieren, wenn man Kraftstoffe schlichtweg nur verteuert und sich bei der Bereitstellung von Alternativen komplett zurückhält?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr von L.,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Ich stimme Ihnen vollkommen zu: Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht dafür bestraft werden, dass sie auf dem Lande leben. Deswegen sehen wir in der SPD eine CO2-Preisung als Teil eines sozial gerechten Maßnahmenmixes.

Um unseren Kindern sowie Enkelinnen und Enkeln einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen, müssen wir die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius begrenzen. Darum haben wir uns zum Ziel gesetzt, in Deutschland bis spätestens 2045 klimaneutral zu sein. Dieses Ziel haben wir gesetzlich festgeschrieben. Um eine Erhöhung des CO2-Preises kommen wir dabei einfach nicht drum herum. Wir haben jedoch den Anspruch, dass der damit einhergehende Wandel für alle gut funktioniert. Klimaschutz darf bestehende Ungerechtigkeiten nicht vertiefen und keine neuen schaffen. Der Zweck des Preises ist es, Anreize zu setzen: Statt klimaschädliche Brennstoffe zu verwenden sollen klimafreundlichere Alternativen verstärkt genutzt werden. Doch - und da gebe ich Dir recht - dabei muss es Alternativen geben. Wer normal verdient und beruflich und privat mobil sein muss, wo kein öffentlicher Nahverkehr ist, hat sie derzeit häufig noch nicht.

Aus unserer Sicht ist der CO2-Preis ein wichtiges Instrument, aber eben nur eines unter mehreren. Der Preispfad, der im Konsens zwischen den verschiedenen Parteien inklusive Bündnis 90/Die Grünen Ende 2019 vereinbart wurde, sorgt dafür, dass alle beim Umstieg mitmachen können und eben gerade nicht kurzfristig finanziell überfordert werden. Denn die erstmal vereinbarte CO2-Preiserhöhung ist noch zu schaffen. Die Grünen und Teile der CDU wollen aber von dem gemeinsam vereinbarten Preispfad abweichen und schon ab 2023 einen CO2-Preis von 60 Euro pro Tonne. Die Rede ist zugleich von einem Energiegeld pro Kopf von 75 Euro, wobei ungeklärt ist, wie dieses finanziert werden soll. Zunächst einmal würde Benzin schon 2023 um zusätzliche 7 Cent pro Liter im Vergleich zum beschlossenen Preispfad teurer. Wird der CO2-Preis zu schnell auf ein zu hohes Niveau erhöht, so hat er keine Lenkungswirkung, sondern wirkt, wie Du es richtig sagst, als Bestrafung einer Lebensweise.

Die SPD sieht eine CO2-Preisung als Teil eines sozial gerechten Maßnahmenmixes. Wir werden daher die grundlegenden Voraussetzungen schaffen, damit ein höherer CO2-Preis in einigen Jahren gut wirken kann. Und für alle funktioniert.

Im Gegenzug zum CO2-Preis sorgen wir für sozialen Ausgleich, damit auch Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen die Umstellung bewältigen können. Dazu gehört die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets, die Entlastung von Pendlerinnen und Pendlern mit langen Arbeitswegen über die Pendlerpauschale bzw. eine Mobilitätsprämie und die Kaufprämie für Elektroautos. Wir stärken außerdem das Angebot an Bussen und Bahnen, fördern Elektromobilität, investieren massiv in die Verkehrsinfrastruktur und sorgen dafür, dass neue Verkehrswege schneller gebaut werden. Damit der Bund mehr Geld in den schienengebundenen öffentlichen Nahverkehr investieren kann, haben wir das Grundgesetz geändert. Seit 2021 steht den Gemeinden jährlich eine Milliarde Euro zur Verfügung. Ab 2025 werden diese Mittel noch einmal auf zwei Milliarden Euro verdoppelt. Danach steigen sie Jahr für Jahr um 1,8 Prozent. Damit schaffen wir langfristige Planungssicherheit für die Länder und Gemeinden. Auch die Digitalisierung gibt der Mobilität völlig neue Möglichkeiten. Neue Mobilitätsformen, wie Carsharing oder Pooling-Dienste, die automatisch Fahrgemeinschaften zwischen Fahrgästen mit ähnlichem Fahrtziel bilden, erleichtern die Mobilität ohne eigenes Auto. Mit der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes haben wir für diese Angebote einen klaren Rechtsrahmen geschaffen, der für faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den verschiedenen Verkehrsarten sorgt. So wird Mobilität flexibler und bürgerfreundlicher, ohne dass neue Angebote zulasten der Beschäftigten und des etablierten ÖPNV gehen.

Nicht alle Maßnahmen werden sofort wirken. Aber so ist der Fahrplan und die einzelnen Maßnahmen werden nach und nach umgesetzt.

Unser Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, erfordert Anstrengungen sowohl vom Staat als auch von den Unternehmen sowie von den Bürgerinnen und Bürgern. Wir sind uns aber zuversichtlich, dass der Wandel effektiv und sozial gestaltet werden kann.

Herzliche Grüße

Johannes Schraps

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