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Joachim Schuster
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Frage von Heiko M. •

Frage an Joachim Schuster von Heiko M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Schuster,

da am 20.6 eine Sitzung des Rechtsausschusses des EU-Parlaments (JURI) bzgl. der geplanten EU-Urheberrechtsreform stattfindet, würde mich es sehr interessieren, wie Sie dazu stehen.
Leider ist das Thema in der öffentlichen Debatte noch nicht richtig angekommen und es ist zu befürchten das der Gestzenwurf im Schatten der WM durchgewunken werden soll obwohl oder gerade weil er so sehr die Möglichkeiten des Internets limitiert.

Was ist ihre Meinung zu dem bevostehenden Gesetzentwurf vorallem im Bezug auf Artikel 13?

Im Koalitionsvertrag zischen Union und SPD wurde festgehallten, dass ein Uploadfilter "unverhältnismäßig" sei. Kann man sich ihrer Meinung darauf verlassen, dass sich bei der Abstimmung an den Koalitionsvertrag gehalten wird und eine derartige Regelung von ihnen und/oder ihrer Parteikollegen abgelehnt wird?

Die Bundesregierung schreibt zum Leistungsschutzrecht, dass selbst heute, 5 Jahre nach Verabschiedung, das Gesetz umstritten ist. In Spanien hatte ein ähnliches Gesetz keine sonderlichen Vorteile sondern eher Nachteile wie eine Studie der Eu-Kommision nahelegt:

"Die Autoren von der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS beziehungsweise JRC für Joint Research Centre), einer Großforschungseinrichtung der EU-Kommission, verweisen darauf, dass "der ökonomische Wert" der neuen deutschen und spanischen Verlegerrechte "bisher bei null verbleibt"."
(https://www.zeit.de/digital/internet/2017-12/leistungsschutzrecht-presseverleger-eu-kommission-haelt-studie-zurueck)

Halten sie eine Lizensierung von Hyperlinks als sinvoll, obwohl dies bis jetzt in Deutschland und Spanien keine sonderlichen Erfolge gebracht hat?

Vielen Dank im Vorraus für ihre Antwort

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Frage. Wir Sozialdemokraten sind gegen die sog. Uploadfilter und haben aus diesem Grund trotz einiger guter Kompromissvorschläge, wie z.B. beim Leistungsschutzrecht, 20. Juni 2018 im Rechtsausschuss gegen dem Richtlinienvorschlag gestimmt. Konservative haben allerdings zusammen mit Liberalen, EU-Skeptikern und Nationalisten mit Mehrheit für ihren umstrittenen Vorschlag der entsprechenden Richtlinie gestimmt. Wir sind der Ansicht, dass Uploadfilter die Meinungs- und Kunstfreiheit gefährden. Algorithmen sind nicht in der Lage, eine Urheberrechtsverletzung von einer legalen Verwendung von geschützten Werken zu unterscheiden. Satire, Parodie oder vom Zitatrecht gedeckte Verwendungen sind in Gefahr. Große Plattformbetreiber erhalten die Verpflichtung und damit auch die Macht und Verantwortung darüber zu entscheiden, was hochgeladen wird und was nicht. Das grenzt an automatisierte Zensur.

Auch ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger stärkt die Position der Urheberinnen und Urheber nicht und erschwert die Situation kleinerer Verlage. Damit diese überhaupt eine Online-Leserschaft finden, sind sie darauf angewiesen, von Suchmaschinen gelistet zu werden. Zum Schutz der Investitionsleistung der Presseverleger und der kreativen Leistung der Journalisten haben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten deshalb einen alternativen Kompromiss unterstützt, der eine sogenannte Vermutungsregelung eingeführt hätte. Diese hätte es Presseverlegern erlaubt, in eigenem Namen gegen die Verletzung der Rechte der Journalisten zu klagen, sodass die Rechtsdurchsetzung der Rechte der Journalisten gegen große Plattformbetreiber einfacher gewesen wäre, ohne diese ihrer Rechte zu Berauben. Aufgrund fehlender Mehrheiten ist dieser Kompromiss leider nicht durchgekommen. Lizensierung von Hyperlinks halten wir als Leistungsschutz ebenfalls nicht für sinnvoll.

Wenigstens konnten die Sozialdemokraten eine Stärkung von Urhebern in den Text einbringen und Vorschriften für eine faire Vergütung, mehr Transparenz, Mechanismen zur Streitbeilegung, Klauseln zur Vertragsanpassung und ein besonderes Widerrufsrecht zum Vorteil von Kreativen durchsetzen. Diese kommen Urheberinnen und Urhebern unmittelbar zu Gute.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Schuster, MdEP

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