Frage an Henning Otte von Dieter F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Otte, geringe Wahlbeteiligung ist für mich ein Zeichen von mangelnder Zufriedenheit mit der Politik. Für die Menschen - insbesondere für die, die mit einem geringem Einkommen und die, die gar mit Hartz IV auskommen müssen - ist ein angemessenes und sicheres Einkommen von großer Bedeutung. Gerade in dieser Zeit, die von (absurden) Umverteilungen des Einkommens unserer Volkswirtschaft von der Masse der Bevölkerung mit kleinen und mittleren Einkommen hin zu einer kleinen Zahl Vermögender Personen geprägt ist, sind zur Sicherung einer funktionierenden Demokratie endlich grundlegende fiskalpolitische Änderungen notwendig. Es gilt, den Menschen ein ausreichendes Einkommen zur Verfügung zu stellen, um die Finanzierung der Dinge des täglichen Lebens zu sichern. Dies ist in einer Zeit ständig (stark) steigender Preise am Markt unbedingt notwendig. Preissteigerungen erfolgen m E oft, ja viel zu oft, ausschließlich zur Sicherung des Gewinns, um entsprechende Ausschüttungen an die Gesellschafter vornehmen zu können. Dies bezahlen wir alle und je geringer das Einkommen des Einzelnen ist, desto schmerzhafter ist es für den Einzelnen. Wann also wird man die Einkommensverteilung korrigieren? Wann endlich wird man die Staatsquote auf ein erträgliches Maß reduzieren? Wann endlich wird es in Europa ein einheitliches Steuerrecht als Voraussetzung für die Vergleichbarkeit der Bruttosozialprodukte der europ. Nationen (mit korrigierten Beitragszahlungen an die EU) geben? Wann also können wir mit einer Stärkung der deutschen Wirtschaft durch das einheitliche europ. Steuerrecht und der damit verbundenen Einkommenerhöhung im Inland rechnen? Wann beginnen Sie damit, die Politikverdrossenheit der Bürger auf diesem Wege zu beseitigen und die Menschen in unserem Land davon zu überzeugen, dass die Demokratie die beste Staatsform ist, die es gibt? Apropos... Halten Sie in dieser Hinsicht eine erneute Erhöhung der Diäten eigentlich für richtig und vertretbar? MfG, Dieter Flügge
Sehr geehrter Herr Flügge,
ich kann Ihre Besorgnis verstehen. Die Preissteigerungen insbesondere im Energiesektor sind nicht zu leugnen. Deswegen ist es umso wichtiger jedem Bürger Mittel zur Grundversorgung zu sichern. Tatsächlich erhält ein ALG-II-Empfänger monatlich im Durchschnitt 818€.
Dieser setzt sich wie folgt zusammen
• 347 Euro ALG II-Regelsatz
• 303 Euro Wohnungsmiete, Heizkosten
• 152 Euro Beiträge für Renten- und Krankenversicherung
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• 802 Euro
Der Durchschnittswert von 818 € entsteht dadurch, dass manche Bedarfsgemeinschaften weitere Leistungen erhalten können. Ein ALG-II-Empfänger erhält eine Zuwendung, die ungefähr dem Lohn eines Beschäftigten in den unteren Lohngruppen entspricht. Das ALG-II ist aber nicht als ein Einkommen zu verstehen. Es ist viel mehr eine existenzsichernde Unterstützung für Menschen, die Arbeit suchen. Diese Unterstützung wird von der Solidargemeinschaft – von jedem Sozialversicherungspflichtigem Büger der Bundesrepublik Deutschland – erarbeitet. So eine Unterstützung gibt es nur in einer Demokratie. Deswegen bin ich mir sicher, dass sehr viele Menschen in Deutschland an die Demokratie glauben. Die Einen, die einen Arbeitsplatz haben und so ihren Mitbürger helfen, und die Anderen, die diese Hilfe in Anspruch nehmen können.
Ein weiterer Schritt nach vorne ist die Senkung der Arbeitslosenzahl. Der August 2008 verzeichnet eine halbe Million weniger Arbeitslose als im August letzen Jahres. Auch die Situation auf dem Ausbildungsmarkt hat sich relativ entspannt. Es gibt noch 73.600 offene Lehrstellen. In manchen Branchen gibt es sogar mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber.
Ich stimme Ihnen auch zu, dass die gegenwärtigen Finanzmarktturbulenzen zu bewältigen sind. Im Zentrum steht die Wiedergewinnung von Vertrauen. Alle Marktakteure sollten Besonnenheit und Verantwortungsbewusstsein walten lassen. Die Banken sollten mögliche Wertberichtigungen und Verluste schnell offenlegen, um Misstrauen auf den Finanzmärkten und im realwirtschaftlichen Sektor abzubauen. Ziel unserer Finanzmarktpolitik ist es, die Selbstregulierung der Märkte und die Verantwortung der Marktteilnehmer hervorzuheben. Dazu wurde bereits die Zusammenarbeit zwischen Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verbessert. Die Eigenkapitalanforderungen an Verbriefungen sind gemäß Basel II verschärft worden. Darüber hinaus wollen wir die Rolle der Rating-Agenturen kritisch hinterfragen, die Bilanzierung von Finanzierungsinstrumenten überprüfen und Regulierung nach Abstimmung auf europäischer und internationaler Ebene prüfen.
Ihre letzte Frage beantworte ich mit einem klaren Nein. Ich begrüßte die Entscheidung des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder, das Gesetzgebungsverfahren zur Erhöhung der Abgeordneten-Diäten zu stoppen und damit die geplante Diätenanpassung nicht zu beschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Henning Otte