Wie soll aus Sicht der SPD die europäische Sicherheitsarchitektur zukünftig ohne die USA als verlässlichen Partner und ohne transatlantische gemeinsame Interessen aussehen?
Sehr geehrter Herr Lindh,
wie soll die Ausrichtung der deutschen sowie der europäischen Sicherheitspolitik in Zukunft strategisch aussehen? Die USA fallen als verlässlicher Partner der Europäer aus, die Interessen der USA und die der EU sind offenkundig nicht kongruent. Wie soll aus Sicht der SPD-Fraktion die Neuordnung der sicherheitspolitischen Architektur Europas vonstattengehen? Welche Personen und Institutionen beginnen diese Neuordnung ernsthaft zu diskutieren? Warum definiert und formuliert die Bundesregierung nicht die deutschen und europäischen Interessen, die sicherlich nicht in großartigen Geschäftsbeziehungen zwischen Russland und den USA liegen? Worin liegen die Bemühungen der EU und der Bundesregierung, in direkte Gespräche mit der Russischen Föderation über diese Frage zu treten, anstatt ausschließlich Trump das Gespräch mit Putin zu überlassen?

Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und die wichtigen Fragen zur strategischen Ausrichtung unserer europäischen Sicherheitspolitik. Eine Diskussion, wie wir als Europäer*innen handlungsfähiger und unabhängiger werden können ist dringend notwendig.
Ich pflichte Ihnen bei: Deutschland und die EU müssen sicherheitspolitisch eigenständiger werden. Dieses Jahr hat gezeigt, dass wir uns in Fragen der transatlantischen Sicherheitsarchitektur nicht mehr auf die USA verlassen können. Eine eigene europäische Sicherheits- und Verteidigungsarchitektur – in enger Zusammenarbeit mit unseren EU-Partnern sowie dem Vereinigten Königreich – ist daher von zentraler Bedeutung. Das liegt ganz nebenbei auch in dem Interesse der Trump-Regierung. Gerade angesichts der atomaren Bedrohung ist eine abgestimmte und vertiefte europäische Kooperation mit, insbesondere Frankreich, von höchster Priorität.
Deutschland trägt in diesem Prozess eine besondere Verantwortung. Unter der Leitung von Verteidigungsminister Boris Pistorius wurden wichtige Weichen gestellt – etwa durch die Debatte um die Wehrpflicht und die jüngsten Gesetzesinitiativen zur Stärkung unserer Verteidigungsfähigkeit. Ich unterstütze diesen Kurs ausdrücklich: Wir müssen als Land bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und einen aktiven Beitrag zur europäischen Sicherheit zu leisten. Dabei dürfen wir nicht vergessen: Vor allem junge Menschen sind unmittelbar von diesen Fragen betroffen. Ihre Stimmen müssen in der Diskussion Gehör finden.
Wenn es um Gespräche mit Russland geht, gilt für mich und für die SPD-Fraktion ein Grundsatz: Diese Gespräche dürfen nur stattfinden, wenn die Ukraine mit am Tisch sitzt. Eine nachhaltige und gerechte Lösung darf niemals über die Köpfe der Ukrainer*innen hinweg verhandelt werden. Nur auf Grundlage von Fairness, Souveränität und Respekt für die territoriale Integrität der Ukraine kann langfristig Frieden entstehen.
Sehr geehrter Herr K., ich danke Ihnen für Ihre berechtigten Fragen. Für mich steht fest: Eine starke, geeinte und eigenständige Europäische Union ist die beste Garantie für Sicherheit, Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent.
Mit freundlichen Grüßen
Helge Lindh, MdB