Warum findet die AfD bei den Bürgern eine bedeutend größere Zustimmung gegenüber der SPD?
Woran liegt es, dass die AfD auf Bundesebene jetzt schon viele Monate lang eine höhere Zustimmung bei den Bürgern erreicht, als die einstmals stolze Volkspartei SPD?
Bekanntlich sieht es in einigen Bundesländern für Ihre SPD noch schlimmer aus.
Also, warum ist das so?
Erreichet die SPD mit ihrer Politik die Bürger nicht mehr?
Sind die Bürger zu "dumm", dass sie Ihre Politik nicht verstehen?
Liegt es an Ihren Führungskräften?
Was wollen sie unternehmen, außer einem AfD-Verbot, um wieder mehr Bürger für die SPD und ihrer Politik zu begeistern?
PS.
Ich bin jetzt 75 Jahre. Ich kann mich noch sehr gut an SPD-Persönlichkeiten wie Brandt, Schmidt, Wehner usw. erinnern.
Bitte jetzt nicht böse sein, aber nach meiner Meinung kann von Ihren aktuellen Führungskräften nicht eine/einer denen das "Wasser reichen".
Ich war mal bis zur Schröder-Ära ein großer Anhänger der SPD.
Jetzt bin ich nur noch enttäuscht von Ihrer SPD.
Sehr geehrter Herr C.,
haben Sie vielen Dank für Ihr offenes und ehrliches Schreiben. Ihre Worte spiegeln eine Enttäuschung wider, die ich sehr ernst nehme.
Sie fragen, warum die AfD derzeit in Umfragen stärker ist als die SPD. Dafür gibt es, meiner Auffassung nach, mehrere Gründe. Keiner davon hat, wie Sie richtig suggerieren, damit zu tun, dass Bürgerinnen und Bürger „zu dumm“ wären.
Viele Menschen erleben zurzeit große Unsicherheit. Steigende Lebenshaltungskosten, Wohnungsnot, der Wandel in Industrie und Arbeitswelt – all das schafft Unruhe und das Gefühl, dass Politik nicht schnell genug entlastet. Die AfD nutzt diese Verunsicherung, indem sie einfache Antworten anbietet, die zwar in der Praxis nicht funktionieren, aber Emotionen bedienen.
Als SPD müssen wir diese Sorgen noch deutlicher aufgreifen und klare Antworten bieten. Wir müssen wieder stärker zeigen, dass sozialdemokratische Politik Halt gibt – bei Renten, Löhnen, Wohnen, Energiepreisen und sozialer Sicherheit. Dass uns das momentan nicht immer gelingt, sehe ich ähnlich. Wir mussten bereits in dieser Koalition schmerzhafte Kompromisse eingehen, die manchem sozialdemokratischen Anspruch widersprechen. Nichtsdestotrotz ist eine funktionierende demokratische Regierung in dieser Zeit immens wichtig und wir dürfen nicht riskieren, über kleinere Reibereien diese zu gefährden. Gleichzeitig dürfen wir selbstverständlich auch nicht jede Entscheidung abnicken, sondern unsere sozialdemokratische Linie einbringen und verteidigen.
Des Weiteren bleibe ich bei meiner klaren Haltung: Die AfD ist keine demokratische Partei, sondern eine rechtsextreme Bewegung, welche die Menschenwürde, zentrale Grundrechte und die Grundlagen unseres demokratischen Rechtsstaates angreift. Die Einstufung des Verfassungsschutzes von großen Teilen der Partei als gesichert rechtsextrem, die Warnungen aus den Sicherheitsbehörden und die aktuellen Erkenntnisse über koordinierte Angriffe auf kritische Infrastrukturen sprechen eine eindeutige Sprache. Auch aus diesen Gründen setze ich mich, neben der politischen Auseinandersetzung, weiterhin mit Nachdruck für die Einleitung eines Verbotsverfahrens nach Artikel 21 GG ein und begrüße die Entscheidung meiner Partei auf dem diesjährigen Parteitag.
Sehr geehrter Herr C., ich danke Ihnen noch einmal für Ihre ehrlichen und direkten Worte.
Herzlichst
Helge Lindh, MdB

