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Helge Lindh
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Frage von Sandro D. •

Frage an Helge Lindh von Sandro D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lindh,

im April haben Sie in einer Rede im Bundestag die Musikgruppen Frei.Wild sowie die Böhsen Onkelz erwähnt und in die Rechte Ecke gestellt.

Von Frei.Wild gibt es beispielsweise ein Lied mit dem Namen "Alle Menschen sind gleich" oder "Macht euch endlich alle Platt" (ein Lied gegen Extremismus).

Ähnlich bei den Onkelz mit Liedern wie "Ohne Mich" (gegen Extremismus) oder "Deutschland im Herbst" (Lied gegen Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte).

Daraus ergibt sich die Frage, wie sie darauf kommen, dass Frei.Wild sowie die Böhsen Onkelz (eher) rechts einzuordnen seien?

Freundliche Grüße
S. Dosabix

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Dosabix,

vielen herzlichen Dank für Ihre Nachricht. Gerne kann ich Ihnen erklären, worauf die Annahme der politischen Einordung von Frei.Wild fußt. Bereits in jüngeren Jahren war der Frontsänger Philipp Burger Teil einer Band mit dem Namen Kaiserjäger. Dort gesungene Textzeilen sind exemplarisch: „Diese Neger und Yugos werden sesshaft, doch den größten Teil der Schuld tragt nunmal ihr, weshalb haben wir auch dieses Gesindel hier!“ Auch in neueren Erscheinungen der Gruppe Frei.Wild gibt es Ausdrücke und ganze Passagen, welche eindeutig dem rechten politischen Rand entsprechen. „Heldenblut“ und „Maulkorbterroristen“ sind eindeutig Begriffe, welche dem in der Neonazi-Szene verbreiteten, „Identitätsrock“ zuzuschreiben sind. Auch wenn es die von Ihnen genannten Lieder für Gleichstellung und Extremismus gibt, sind sich Experten einig. Die Texte (auch dieser Lieder) sind nationalistisch und völkisch geprägt. Der Spiegel berichtete 2013 auch einmal über einen Aussteiger aus der rechten Szene, welcher die Relevanz und Verbreitung von Frei.Wild innerhalb des rechten Randes bestätigte. Auch wenn sich die Band selbst als unpolitisch darstellt, ist die Anschlussfähigkeit nach Rechts mehr als bemerkenswert und bestimmt kein Zufall.

Ähnliche Muster lassen sich auch bei der Gruppe böhse onkelz wiederfinden. Lieder wie „Türken raus“ oder „Deutschland den Deutschen“ aus den 1990er Jahren untermalen die Argumentation. Auch wenn diese Lieder keinen offiziellen Veröffentlichungen entstammen, sondern über Demokassetten verbreitet wurden, sind sie ein Teil der Band, welcher nicht wegzudiskutieren ist. Ein weiteres Beispiel ist das Stück „SS-Staat“ mit der prägenden Textzeile: „Ach, Du Jude, altes Schwein – Wer soll in der Gaskammer sein?“. Egal ob jemand seine politische Neutralität immer wieder kundtut, oder sich probiert vom rechten Rand zu distanzieren, es gibt keine Entschuldigung für diese grausamen Worte, es ist nicht aufgeklärt oder erklärt worden und dafür besteht Bedarf. Es gab zu keiner Zeit einen fundamentalen Bruch mit dem nationalistischen und rechten Gedankengut. Wer sich zu schnell in die rechte Ecke gedrängt fühlt, aber solche Lieder schriebt, singt und verbreitet, der gehört aber nirgendwo anders hin als in die rechte Ecke.

Zuletzt änderten sich die Texte von „böhse onkelz“ und wurden etwas harmloser, sie machen anschlussfähigere Mainstreammusik, dennoch sollte jeder Fan wissen, wen oder was sie dort unterstützen, sodass ich nicht müde werde, auf diese Tatsachen immer wieder aufmerksam zu machen.

Mit freundlichen Grüßen

Helge Lindh

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