Wie wird bei dem "Bau-Turbo" sichergestellt, dass dauerhaft bezahlbarer Wohnraum entsteht und nicht nach Ablauf der Sozialbindung wieder nur Spekulationsobjekte?
Sehr geehrte Frau Heinrich,
danke, dass Sie hier Fragen beantworten. In einer frühere Antwort beziehen Sie sich auf den "Bau-Turbo". Erlauben Sie mir eine Folgefrage.
Es fallen wesentlich mehr Wohnungen aus der Sozialbindung heraus, als neu gebaut werden können. Die Möglichkeiten für Neubau werden immer beschränkter und Deutschland überschreitet das Maß an Flächenversiegelung ohnehin schon.
Zweitens ist die Förderung von kommerziellen Investoren grundsätzlich ineffizient, weil ein erheblicher Teil der Förderung und später der Mieten als privater Gewinn der Gemeinschaft entzogen wird.
Wie stellen Sie sicher, nicht wieder die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, sodass wir nicht in wenigen Jahren wieder das gleiche Problem haben, aber mit noch weniger verfügbarer Baufläche?
Ist diesmal die Förderung konsequent auf gemeinnützige WBGs ausgerichtet, die dauerhaft (!!) bezahlbare Mitwohnungen betreiben?

Sehr geehrter Herr M.,
der „Bau-Turbo“ soll dabei helfen, dass grundsätzlich schneller gebaut werden kann. Er ist nicht auf den sozialen Wohnungsbau begrenzt. Es fehlen auch nicht ausschließlich Sozialwohnungen, sondern auch bezahlbarer Wohnraum für breite Teile der Gesellschaft. Der „Bau-Turbo“ bietet den Kommunen insbesondere mehr Möglichkeiten für (flächensparende) Verdichtung in der Stadt, etwa zusätzliche Stockwerke für Wohngebäude.
Für den sozialen Wohnungsbau, dessen Rechtsrahmen und Finanzierung sind die Bundesländer zuständig. Diese bestimmen auch über die Regeln bezüglich der Sozialbindung. Die Vorgaben in den Bundesländern unterscheiden sich. Zugleich ist die Situation auch sehr unterschiedlich – das SPD-geführte Hamburg ist Spitzenreiter, was die verfügbaren Sozialwohnungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl betrifft, während in Bayern rund 200.000 Sozialwohnungen fehlen. Die Staatsregierung hatte in der Vergangenheit nicht ausreichend in bezahlbaren Wohnraum in Bayern investiert.
Von Seiten des Bundes können wir die Länder nur dabei unterstützen, mehr in den sozialen Wohnungsbau zu investieren und zugleich die Regeln für das Bauen vereinfachen – damit dieses schneller, aber auch günstiger wird. Seitens der SPD setzen wir uns dafür schon lange ein – gerade weil in vielen Bundesländern zu wenig aus eigener Kraft getan wurde – und hatten zusätzliche Bundeszuschüsse bereits nach dem Ende der damaligen schwarz-gelben Koalition in der Großen Koalition ab 2016 durchgesetzt. Erst seit einer Grundgesetzänderung 2019 darf der Bund diese Mittel mit einer Zweckbindung für den sozialen Wohnungsbau versehen – das war damals übrigens eine erfolgreiche Initiative von Olaf Scholz. Seitdem ist sichergestellt, dass die Länder die Bundesmittel nicht für andere Zwecke verausgaben als den sozialen Wohnungsbau und nicht die eigenen Mittel kürzen, um sie einfach durch Bundesmittel zu ersetzen.
Die Mittel haben wir kontinuierlich ausgebaut und unterstützen die Länder in diesem Jahr mit einer Rekordsumme von 3,5 Milliarden Euro. Bis 2029 wollen wir den Ländern 23,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Die Zweckbindung ist dabei in Verwaltungsvereinbarungen geregelt, ebenso wie die Zusätzlichkeit – der Bund gibt das Geld, die Länder setzen diese Mittel ein. Dabei gelten jeweils die länderspezifischen Vorgaben bezüglich der Sozialbindung, da die Länder hierfür die Gesetzgebungskompetenz haben. Ergänzend hatten wir noch in der SPD-geführten Bundesregierung Ende letzten Jahres auf Bundesebene die Wohngemeinnützigkeit wieder eingeführt. Soziale Unternehmen, Vereine und gemeinnützige Stiftungen werden damit steuerlich begünstigt und gefördert, wenn sie bezahlbare Wohnungen bauen und vermieten.
Der weitere Ausbau mit den verschiedenen Stellschrauben ist dringend nötig, denn – wie Sie zu Recht schreiben – fallen viele ältere Wohnungen schrittweise aus der Sozialbindung heraus. Aus meiner Sicht ist das grundlegende Problem dahinter aber nicht die auslaufende Bindung, sondern dass viele Jahre lang in vielen Bundesländern nicht ausreichend neue Sozialwohnungen entstanden sind. Gerade deswegen sind die zusätzlichen Investitionen des Bundes so wichtig. Das entlässt die Bundesländer aber nicht aus der Verantwortung, selbst in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Wenn sie sich darum – wie in Bayern – nicht ausreichend kümmern können oder wollen, dann sollten sie aus meiner Sicht den Weg freimachen und die Gesetzgebungskompetenz dafür an den Bund abgeben.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriela Heinrich