Warum gelten für Kirchen Sonderrechte, obwohl fast die Hälfte der Bevölkerung konfessionslos ist – und warum finanziert der Staat diese Privilegien weiterhin mit Milliardenbeträgen?
Sehr geehrter Herr Hahn, fast 47 % der Bevölkerung sind konfessionslos, nur 44 % gehören noch den beiden großen Kirchen an – und doch genießen diese weiterhin Sonderrechte. Warum werden Gehälter von Bischöfen und Kardinälen aus Steuergeldern bezahlt, statt aus kirchlichen Mitteln? Weshalb übernimmt der Staat die Kirchensteuererhebung, obwohl jeder Verein dies selbst regeln muss? Warum gibt es überhaupt eine Kirchensteuer, die von der Allgemeinheit erhoben wird? Seit Bestehen der Bundesrepublik wurden rund 24 Milliarden Euro an Staatsleistungen gezahlt – jährlich etwa 600 Mio. Euro. Warum darf die Kirche gegen das AGG verstoßen und sich auf eigenes Arbeitsrecht berufen, obwohl Art. 3 Abs. 3 GG eine Benachteiligung aus religiösen Gründen untersagt? Zudem kooperiert die Kirche bei der Aufklärung von Missbrauchsskandalen nur unzureichend und ihr Verhalten ist nicht mehr zeitgemäß. Wann wird sich die Union für das Ende dieses Sonderstatus einsetzen?Mit freundlichen Grüßen
Michael B

Sehr geehrter Herr B.
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Kirchen leisten einen unverzichtbaren Beitrag für Bildung, Gemeinwohl und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, wenn Religion zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beiträgt und Orientierung gibt. Die finanziellen Zuwendungen des Staates an die Kirchen, Staatsleistungen genannt, sind historisch begründet und gehen überwiegend auf Säkularisationsvorgänge, also die Verstaatlichung von kirchlichem Eigentum, im 19. Jahrhundert zurück. Die Ablösung dieser Staatsleistungen ist geltender Verfassungsauftrag. Entscheidend für ein Gelingen ist, dass es im guten Konsens zwischen staatlicher Seite und den Kirchen geschieht. Es muss gerecht zugehen: Sowohl für die Kirchen, die einen rechtlichen Anspruch auf eine gerechte Entschädigung haben, als auch für die Länder, die diese erheblichen Mittel letztlich aufwenden müssen. Ein Konsens mit den Ländern als Hauptbetroffene wäre notwendig.
Nicht nur die Kirchen, auch andere Religionsgemeinschaften leisten einen unverzichtbaren Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Gemeinwohl in Deutschland. Deshalb fördert auch die neue Bundesregierung den interreligiösen Dialog und schützt die Religions- und Weltanschauungsfreiheit.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Hahn MdB