Querformatiges Profilfoto einer Frau in den Fünfzigern mit dunklen Haaren. Sie trägt ein dunkles Oberteil, einen dunklen Blazer, eine bunte Kette und eine Brille. Die Frau lächelt.
Eka von Kalben
Bündnis 90/Die Grünen
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/ 6 Fragen beantwortet
Frage von Ulrike S. •

Warum haben Ausgleichsberechtigte im Versorgungsausgleich keinen "Anspruch" auf die Inflationsprämie? Wer definiert das?

Sehr geehrte Frau von Kalben, inzwischen fühle ich mich schon eher als Rentnerin 3. Klasse, Stichwort soziale Ungerechtigkeit. Als Rentnerin erhalte ich diese "Prämie" (hallo: Steuergelder) nicht, und über die Versorgungsleistung meines verbeamteten Exmannes auch nicht? Beamte in der Versorgungsleistung bekommen sie bekanntlich schon. Merkwürdig. Bin gespannt auf Ihre Antwort.

Querformatiges Profilfoto einer Frau in den Fünfzigern mit dunklen Haaren. Sie trägt ein dunkles Oberteil, einen dunklen Blazer, eine bunte Kette und eine Brille. Die Frau lächelt.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau S.,

die sog. Inflationsprämie wurde ausgehandelt als Teil des jüngsten Tarifabschlusses von Bund und Kommunen, daher möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass ich als Abgeordnete im Schleswig-Holsteinischen Landtag und die Landespolitik insgesamt bei diesem Thema keine Zuständigkeit haben. Trotzdem versuche ich gern, Ihre Frage aus meinem eigenen Kenntnisstand zu beantworten. Tatsächlich mag auf den ersten Blick ungerecht erscheinen, dass einige Menschen so eine „Prämie“ erhalten und andere nicht. Es gibt jedoch hier mehrere Aspekte zu beachten:

Zunächst wird ein Tarifabschluss grundsätzlich ausgehandelt zwischen einem Arbeitgeber und seinen Beschäftigten (letztere vertreten durch Gewerkschaften). Der Tarifvertrag, der u. a. die Inflationsprämie von insg. bis zu 3.000 Euro enthielt, gilt zunächst für die Tarifangestellten von Bund und Kommunen. Die entsprechenden Gehaltssteigerungen und Vereinbarungen kommen daher auch nur diesen Beschäftigten zugute und nicht den Beschäftigten von anderen Arbeitgebern und Branchen, denn diese haben andere Tarifverträge oder Vereinbarungen. Nach dem geltenden Steuerrecht dürfen alle Arbeitgeber ihren Beschäftigten bis zu 3.000 Euro Inflationsprämie steuerfrei auszahlen.

Der Tarifabschluss wurde, wie es in der Regel bei allen Tarifverträgen im öffentlichen Dienst gemacht wird, auch auf die zugehörigen Bundesbeamt*innen übertragen. Das leuchtet auch ein, denn ansonsten wären diese von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt und würden über kurz oder lang abgehängt werden.

Warum wird der Tarifabschluss auch auf die Versorgung der Bundesbeamt*innen übertragen, aber nicht auf die Renten der Tarifbeschäftigten des Bundes? Das liegt daran, dass es sich um zwei unterschiedliche Systeme handelt:

Die Pension, die Beamt*innen von ihrem Dienstherrn erhalten, ist zum einen gleichzeitig deren "Rente", also Alterssicherung der ersten Säule, als auch deren "Betriebsrente", also Alterssicherung der zweiten Säule. Zum anderen ist sie an Tarifabschlüsse angelehnt.

Die gesetzlichen Renten dagegen werden von der Rentenversicherung gezahlt und unterliegen nicht Tarifverträgen, aber dafür der jährlichen Rentenanpassung durch die Bundesregierung und den Bundesrat, die sich wiederum an der allgemeinen Lohnentwicklung (und dadurch mittelbar auch an der Inflation) orientiert.

So sind die Renten zum Beispiel zuletzt zum 1. Juli 2023 in den alten Bundesländern um 4,39 % und in den neuen Bundesländern um 5,86 % angehoben worden. Unterdessen gibt es für die Tarifangestellten und Beamt*innen des Bundes im Jahr 2023 eine sog. „Nullrunde“, also keine dauerhafte Erhöhung der Gehälter. Genau dieser Nachteil – so haben es die Tarifparteien verhandelt - soll durch die 3000 Euro Sonderzahlung, die im aktuellen Tarifabschluss vorgesehen sind, sozusagen kompensiert werden.

Ferner ist auch zu beachten, dass die Pensionär*innen nicht die vollen 3000 Euro Prämie erhalten, sondern nur einen Teil analog zum Prozentsatz, der bei der Berechnung des Ruhegehalts angewendet wird. Bei den Bundesbeamt*innen sind das im Schnitt ca. 68%, das entspräche ungefähr 2000 Euro.

Mit Blick auf diesen Vergleich – dauerhafte prozentuale Rentenerhöhung gegenüber einmaliger Prämie zur Versorgung - würde ich nicht pauschal sagen, dass die Pensionär*innen mehr erhalten als die Rentner*innen, jedenfalls nicht auf längere Sicht.

Warum werden Sie nicht mittelbar an der Prämie beteiligt über den Versorgungsausgleich Ihres Exmannes? Das kann ich ohne nähere Informationen zum Sachverhalt leider nicht beantworten. Dazu müsste er zunächst Bundesbeamter gewesen sein. Der Tarifvertrag der Länder, der üblicherweise auf Kommunal- und Landesbeamte übertragen wird, befindet sich derzeit erst in der Verhandlungsphase. Ob es für diese auch eine „Inflationsprämie“ gibt oder andere Regelungen, wird sich erst zeigen.

Falls er Bundesbeamter war, und Sie über den Versorgungsausgleich aber nichts erhalten haben, berührt das spezielle Rechtsfragen, die nicht in der Zuständigkeit des Landes liegen und mit denen ich überfragt bin. Dafür würde ich Sie bitten, sich an meine zuständigen Kolleg*innen im Deutschen Bundestag zu wenden.

 

Es tut mir sehr leid, dass meine Antwort so lang und kompliziert ausgefallen ist, aber knapper lässt sich das leider nicht erklären.

Vielen Dank dass Sie sich an mich gewandt haben.

 

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