Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Dagmar Schmidt
SPD
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Frage von Lukas N. •

Frage an Dagmar Schmidt von Lukas N. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Schmidt,

während der aktuellen Covid-19-Pandemie stehen gerade die armen Menschen in unserem Land aufgrund gestiegener Lebensmittelpreise, des Ausfalls von Mittagsverpflegung an Kitas und Schulen, des Mehrbedarfs für angemessene Schutzkleidung und der eingeschränkten Tätigkeit sozialer Einrichtungen wie Tafeln oder Mittagstischen vor besonderen finanziellen Herausforderungen.

1) Wie stehen Sie vor diesem Hintergrund zu der von mehreren Seiten erhobenen Forderung, die Hartz-IV-Regelsätze temporär um 100€ zu erhöhen?

2) Werden Sie sich ggf. im Rahmen Ihrer Ausschusstätigkeit für ein entsprechendes Gesetzesvorhaben einsetzen?

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr N.,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch. Sie sprechen damit eine aktuell sehr zentrale Fragestellung an, die mich und die SPD sehr bewegt: Wie können wir die durch die Corona-Pandemie entstandenen Nachteile – insbesondere für Familien – ausgleichen?

Wir haben verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie für alle abzumildern. Die gerade erste beschlossene stufenweise Erhöhung des Kurzarbeitergeldes und die Verbesserungen beim Elterngeld sind wichtige Schritte, um auch Familien eine finanzielle Brücke in die Zeit nach der Corona-Pandemie zu bauen. Auch die Möglichkeit sich das Mittagessen aus der Schule oder Kita nach Hause liefern zu lassen, soll dazu beitragen die finanziellen Unsicherheiten, denen einige Familien zurzeit gegenüberstehen, abzumildern. Die Entbehrungen, unter denen zurzeit vor allem Kinder leiden, konnten wir damit nicht auffangen. Wir müssen uns jetzt darum kümmern, dass Teilhabeverluste der Kinder ausgeglichen werden, Chancenungleichheiten nachhaltig beseitigt werden und Familien umfassend unterstützt werden. Eine pauschale Erhöhung des Regelsatzes um 100 Euro, wie Sie es angesprochen haben, genügt meines Erachtens nicht, um dies aufzufangen.

Stattdessen möchte ich Familien und Kinder mit drei zusammenhängenden Maßnahmen unterstützen:
Zunächst möchte ich gerne einen Familienbonus einführen, der einmalig entstandene Mehrkosten für Familien ausgleicht – zum Beispiel für die Ausstattung mit Mund-Nasen-Schutzen, der Anschaffung eines neuen Schreibtisches oder was sonst an Mehrbedarf in den letzten Wochen entstanden ist. Gleichzeitig brauchen wir eine Maßnahme, um sicherzustellen, dass auch diejenigen, deren finanzielle Familiensituation derzeit nicht so rosig ist, auch an der schrittweisen Rückkehr in eine neue Normalität teilhaben können. Hierzu wäre es denkbar Kindern und Jugendlichen Gutscheine für lokale Angebote wie Schwimmbäder und Kinos auszuhändigen.
Gleichzeitig müssen wir uns auch um die Familien kümmern, die Einkommenseinbuße haben, da sie sich wegen coronabedingter Schließungen von Kitas und Schulen für die Kinderbetreuung freistellen lassen mussten. Es ist gut, dass wir im März sichergestellt haben, dass diese Eltern einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben. Trotz der schrittweisen Öffnungen von Kitas und Schulen stehen viele Eltern weiterhin vor dem Problem, ihre Kinder betreuen zu müssen und ihren dienstlichen Verpflichtungen nicht in vollem Umfang nachgehen zu können. Deswegen unterstütze ich ausdrücklich die Initiative von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ein Anschlussregelung für diese Ausgleichszahlungen zu finden, damit Eltern nicht noch mehr schultern müssen.
Ein wichtiger Bestandteil von guter Teilhabe ist auch eine gute (digitale) Infrastruktur vor Ort. Deswegen ist es gut, dass sich Bund und Länder letzte Woche auf ein Sofortausstattungsprogramm für Schulen geeinigt haben – mit 500 Millionen Euro wollen wir sicherstellen, dass alle Schülerinnen und Schüler am digitalen Unterricht teilhaben können. Denn der Zugang zu Bildung darf auch zu Zeiten von Corona nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Damit auch die gesellschaftliche Teilhabe nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt, brauchen wir als dritte Maßnahme ein großes Investitionsprogramm, mit dem wir zum Beispiel die kommunalen Jugendhilfen bei ihrer digitalen Ausstattung unterstützen – für eine Infrastruktur, die jede und jeden mitnehmen kann. Es ist gut und wichtig, dass das Kita- oder Schulmittagessen nun nach Hause geliefert werden kann. Doch auch wenn vielerorts Schulen und Kindergärten langsam in einen neuen Regelbetrieb übergehen, fehlen Kindern und Jugendlichen weiterhin ihre gleichaltrigen Spielgefährten und Abwechslung im Alltag. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir den rechtlichen Rahmen geschaffen haben, damit soziale Dienstleister neue Wege gehen können. Denn auch wenn das Jugendhaus geschlossen hat, muss die Jugendarbeit nicht ruhen – freie Kapazitäten können nun auf anderen Wegen eingesetzt werden. Es ist aber auch klar: Wir können auf bundespolitischer Ebene gesetzliche Rahmen setzen und finanzielle Unterstützung leisten – die Umsetzung muss aber vor Ort stattfinden. Dafür brauchen unsere Kommunen die Unterstützung der jeweiligen Landesregierung. Sie muss dafür Sorge tragen, dass die von uns bereitgestellten Mittel in den Kommunen vor Ort ankommen. Außerdem müssen sie ihren eigenen Beitrag dazu leisten, dass die gesellschaftliche Teilhabe von Kindern und Jugendlichen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Das bedeutet nicht nur, dass sie vernünftige Konzepte vorlegen müssen, wie wir auch für Kinder und Jugendliche einen Weg zurück in eine neue Normalität finden – unter Einhaltung der geltenden Hygieneregelungen und Beachtung des Arbeitsschutzes der Beschäftigten vor Ort. Es bedeutet auch, dass Kinder und Jugendliche, die nicht von der Familie bei Schulaufgaben oder ähnlichem unterstützt werden können, passgenaue Unterstützungsangebote erhalten.

All die oben genannten Maßnahmen passen in das Konzept der sozialdemokratischen Kindergrundsicherung, für die ich mich bereits vor der Corona-Pandemie stark gemacht habe. Nur mit einem solch umfassenden Konzept können wir sicherstellen, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen haben und Eltern nicht durch ihre Kinder arm werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen. Für weitere Informationen, zum Beispiel zur sozialdemokratischen Kindergrundsicherung, besuchen Sie gerne auch meine Webseite www.dagmarschmidt.de oder folgen Sie mir auf Facebook (@dagmar.schmidt.356).

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie in dieser schwierigen Zeit alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Schmidt, MdB

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