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Christos Pantazis
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Frage von Matthias M. •

Sind Sie weiterhin bereit, Frauke Brosius-Gersdorf zu unterstützen und notfalls die Koalition mit der CDU/CSU in Frage zu stellen?

Sehr geehrter Herr Pantazis,
Bitte halten Sie an der Person Frauke Brosius-Gersdorf als Kandidatin für das BVerfG fest! Sie steht für alles, was die Bundesrepublik Deutschland ausmacht, und weshalb man hier leben möchte! Jedes Einknicken gegenüber der rechtsextremen Kampagne wäre ein Fest für die Feinde der offenen Gesellschaft und der liberalen Demokratie! Für mich stellt dieser Fall sogar die Konstellation dar, in der die Koalitionsfrage zu stellen wäre! Meines Erachtens handelt es sich hier um eine die Grundfesten unseres Staates betreffende Angelegenheit! Wenn die SPD hier nicht steht, wann dann?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dr. M.,

haben Sie vielen Dank für Ihre eindringliche Nachricht und Ihre klaren Worte zur Nominierung von Frau Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht.

Ich verstehe und teile Ihre Empörung. Die Vorgänge um ihre gescheiterte Wahl sind in der Tat ein tiefer Einschnitt – politisch, institutionell und demokratisch. Frau Brosius-Gersdorf steht für Integrität, fachliche Exzellenz und eine wertegebundene Verfassungsrechtslehre, wie sie für unsere liberale Demokratie konstitutiv ist. Dass ausgerechnet eine solche Persönlichkeit Ziel einer orchestrierten Diffamierungskampagne geworden ist – getragen von rechtspopulistischen bis rechtsextremen Mediennetzwerken und digitalen Akteuren – sollte uns alle alarmieren.

Umso gravierender ist es, dass die Unionsfraktion – trotz vorheriger Verständigung, trotz mehrfacher Zusagen und trotz frühzeitiger Einbindung – am Tag der Wahl ihre Unterstützung verweigert hat. Dieses Verhalten stellt nicht nur einen offenen Bruch politischer Absprachen dar, sondern auch einen schweren Vertrauensverlust im Umgang zwischen den demokratischen Fraktionen. Dass der Rückzug unserer Kandidatin allein auf dieser Blockadehaltung beruht, ist ein beunruhigendes Signal – nicht nur für die Institution des Bundesverfassungsgerichts, sondern für den Zustand parlamentarischer Verlässlichkeit insgesamt.

Ich stimme Ihnen zu: Hier geht es nicht um eine Personalie im engeren Sinne, sondern um Grundsätzliches – um das Selbstverständnis demokratischer Verfahren, um den Schutz vor gezielter Desinformation und um die Frage, ob wir bereit sind, der Aushöhlung demokratischer Standards entschlossen entgegenzutreten. Wenn wir als SPD-Fraktion in dieser Situation nicht klar Haltung zeigen, wann dann?

Gleichzeitig müssen wir angesichts der neuen Lage verantwortungsvoll handeln. Das bisherige Personaltableau war ein Gesamtpaket, getragen von Ausgleich und institutioneller Balance. Mit dem Rückzug von Frau Brosius-Gersdorf ist dieses Gefüge zerbrochen. Eine isolierte Nachbesetzung auf unserer Seite – ohne politische Konsequenzen für die Verweigerungshaltung der Union – wäre aus meiner Sicht nicht nur strategisch unklug, sondern auch ein falsches Signal: als könnten wir zur Tagesordnung übergehen, während demokratische Spielregeln ohne Folgen verletzt werden.

Deshalb trete ich dafür ein, dass wir diesen Tabubruch nicht stillschweigend akzeptieren. Es braucht jetzt einen vollständigen Neustart – politisch wie personell. Die Glaubwürdigkeit unserer Fraktion, der Respekt vor dem höchsten deutschen Gericht und nicht zuletzt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Standhaftigkeit demokratischer Kräfte stehen auf dem Spiel.

Ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihre klare Haltung. Ihre Stimme macht deutlich, dass diese Frage nicht nur in Berlin, sondern im ganzen Land als Prüfstein für unsere Demokratie wahrgenommen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christos Pantazis

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