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Christian Hirte
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Frage von Dominik D. •

Frage an Christian Hirte von Dominik D. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Hirte,

Ich muss zugeben, dass die von Ihnen geplante Afrikareise mich als Steuerzahler und mit durchschnittlich 60 Wochenstunden hart arbeitenden Vertreter des Mittelstandes ungemein empört und frustriert:

Warum müssen in Zeiten knapper Haushaltsmittel 7 Mitglieder des Bundestages und zwei Begleitpersonen auf Kosten der Steuerzahler für zehn Tage nach Afrika fliegen ? Wozu brauchen Sie einen Ministerialrat als "Sekretär"?

Abgesehen vielleicht von den Programmpunkten des ersten und letzten Tages sehe ich in keinem der angeführten Besuchstermine einen konkreten Anlass, dass gewählte Volksvertreter sich auf Staatskosten vor Ort und ohne konkreten Projekthintergrund über die Zucht von Passionsfrucht oder die Vermarktung von Kamelmilch „informieren“.

Nein, es werden 81 volle Arbeitstage à 8 Stunden Regelarbeitszeit, mithin 648 Stunden Arbeitszeit für eine Veranstaltung „verschwendet“, deren Umsetzung in Projekte oder aktuelle Problematiken sich mir nicht erschließt. Wenn man für diese Stundenanzahl einen Stundensatz von geschätzten 65€ ansetzt, so nimmt dieser Trip eine Nettoarbeitsleistung von 42.120,00 Euro in Anspruch- für welchen Nutzen für den Steuerzahler,und die Umweltpolitik,?

Hinzu kommen die tatsächlichen Kosten und Aufwände für die Reise, deren Höhe ich hier nicht weiter recherchieren möchte, die sich aber sicherlich im fünfstelligen Bereich bewegen werden.

Diese im offiziellen Programm nur schwach verbrämte Selbstbedienungsmentalität für einen „Ausflug“ nach Afrika mit 4-5 Tagen in ausgewiesene Touristendestinationen (Serengeti , Mount Kilimanjaro und Ngoro-Krater,) ist nicht nur Angesichts der aktuellen Lage und Situation für einen Steuerzahler in keiner Weise nachzuvollziehen.

Wer hat das genehmigt, wer hat das geprüft und warum wurde es genehmigt ? Ausschuss-Mitglieder aller Parteien fliegen mit- und die Politik wundert sich über die Politikverdrossenheit der Bundesbürger und Steuerzahler ?

mit frustrierten Grüßen

Dominik Daul

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Daul,

auch ich bin der Meinung, dass mit dem Geld des Steuerzahlers sorgsam umgegangen werden muss; nicht nur in "schlechten" sondern auch in "guten Zeiten". Ich bedaure sehr, dass der Bericht des "Spiegel" sie glaubend machte, bei der Ausschussreise handele es sich um eine "Vergnügungstour".

Der Erhalt der Biologischen Vielfalt war ein großes Thema der Gespräche und Besuche während unserer Reise. Im Rahmen der 9. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (19. - 30. Mai 2008 in Bonn) sowie davor und auch danach wurden unter anderem afrikanischen Arbeitsgruppen projektbezogene Förder- und Entwicklungshilfegelder zugesagt. Die Bundesregierung will zwischen 2009 und 2012 insgesamt 500 Mio. Euro und anschließend dauerhaft 500 Mio. Euro pro Jahr für den Erhalt der biologischen Vielfalt bereitstellen. Diese Mittel werden vor Ort durch Fachleute eingesetzt und verwaltet. Es ist jedoch erforderlich, dass das Parlament die Umsetzung der Vereinbarungen und die ordnungsgemäße Verwendung der Steuergelder kontrolliert. Dazu ist es unerlässlich, dass Abgeordnete dies auch an Ort und Stelle überprüfen. Delegationsreisen gehören zu den Aufgaben der Abgeordneten. Sie dienen unter anderem dazu, Kontakte zu Fachpolitikern und Experten anderer Länder aufzubauen und sich mit ihnen auszutauschen - zu gegenseitigem Nutzen.

Der Spiegelartikel "In die freie Wildbahn" bietet den Lesern keine sachliche Berichterstattung über die Delegationsreise. Das Magazin wollte offensichtlich Klischees über Abgeordnete bedienen. Der Bericht ist schlecht recherchiert und basiert auf einem allerersten, unverbindlichen Programmentwurf der Botschaft in Nairobi, der vom Ausschuss überhaupt nicht akzeptiert wurde.
Die "Spiegel"-Autorin hat für den Artikel keinen Delegationsteilnehmer, weder das Ausschusssekretariat noch die Pressestelle des Bundestages befragt. Ein solches Vorgehen hat mit seriösem Journalismus nichts zu tun.

Ich hoffe sehr, dass Sie die Ausschussreise jetzt mit anderen Augen betrachten. Einen diesbezüglichen Brief der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt habe ich unten angefügt

Mit freundlichen Grüßen

Christian Hirte

Zu "In die freie Wildbahn" von Petra Bornhöft, Spiegel 7/2009 Seite 42

Dass die Reisen steuergeldbezahlter Abgeordneter in ferne Länder genau unter die Lupe genommen werden, gehört selbstverständlich zu einem notwendigen kritischen Journalismus. Dass sich die schreibende Zunft bei einem journalistischen Ausflug in dieses Thema mitunter selbst gewaltig verirrt, zeigt der Artikel von Frau Bornhöft zu der Reise des Umweltausschusses des Bundestages in afrikanische Schutzgebiete.

Besuchen Abgeordnete Schulen, Krankenhäuser und Universitäten, so ist dies keine Zeile wert. Diese Ziele, ebenso wie große Industrieanlagen, stehen häufig im Reise-Pflichtprogramm auch der höchsten Regierungsvertreter. Dabei sollen Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen geknüpft werden, es gibt ein Lernen auf beiden Seiten und schließlich ist dies, kommen die Vertreter aus einer der größten Volkswirtschaft der Erde, immer eine große und wichtige Anerkennung in den bettelarmen Ländern. Aber wehe, es gibt einen Abstecher ins Grüne. Heia, Safari: Das kann nur Verschwendung von Staatsgeld sein!

Die Bevölkerung in den Tropenländern hängt im hohen Maße von den Leistungen intakter Ökosysteme ab. Dort konzentrieren sich auch die globalen Schätze der biologischen Vielfalt. Staaten wie Tansania leisten Weltaufgaben, wenn sie ihre Wildnisgebiete unter großen Anstrengungen schützen. Da könnte selbst Deutschland mit den wenigen Mini-Nationalparken noch viel lernen.

Seit Jahren wirbt die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) für den Besuch von Regierungsvertretern in die Kernregionen der biologischen Vielfalt. Abgelehnt wurde dies stets aus Angst vor Journalisten wie Frau Bornhöft. Dabei kann die ZGF zusammen mit den tansanischen Partnern gerade in der Serengeti ein strammes Arbeitsprogramm aufstellen: Tourismusentwicklung, selbstverwaltete Schutzgebiete,Klimawandel und Savannenökosysteme, Einfluss von Wildtierkrankheiten, nachhaltige Finanzierungsmechanismen und vieles mehr. Zudem wäre es höchste Zeit, die Vergabe der ?Merkel-Millionen? zum Schutz der biologischen Vielfalt, die bei der großen CBD-Tagung in Bonn im
letzten Jahr angekündigt wurden, vor Ort zu diskutieren und einzusetzen.

Vielleicht hätten die Abgeordneten ihr Programm deutlicher kommunizieren müssen. Vielleicht hätte Frau Bornhöft besser recherchieren sollen. Die Tropenländer werden auch zukünftig auf anerkennende Besuche in ihren Schutzgebieten verzichten müssen.

Dr. Christof Schenck
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Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Frankfurt Zoological Society
Dr. Christof Schenck | Geschäftsführer | Director

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