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Carsten Müller
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Frage von Robert P. •

Frage an Carsten Müller von Robert P. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Müller,

Kennen Sie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Doppelten Haushaltsführung aus dem Jahr 2002? Nach Auffassung des Gerichts wird die gesetzgeberische Freiheit für den Bereich des Steuerrechts durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit eingeschränkt. Hierbei komme es „nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem und privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern jedenfalls auch auf die Unterscheidung zwischen freier und beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Das Gericht führt weiter aus, im deutschen Einkommensteuerrecht beginne die steuerrechtlich erhebliche Berufssphäre traditionell nicht erst am Werkstor. „Vor allem Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte“ gehörten „zu den im Rahmen des objektiven Nettoprinzips abzugsfähigen beruflichen Aufwendungen, obwohl solche Aufwendungen wegen der privaten Wahl des Wohnorts zwangsläufig auch privat mitveranlasst“ sind.

Im Urteil wurde bei einem Doppelverdiener-Ehepaar eindeutig unter Verweis auf Art. 3 und Art. 6 GG entschieden, es sei verfassungsrechtlich unzulässig, „die Ehefrau ins Haus zurückzuführen“ oder umgekehrt den Ehemann in seiner Entscheidung hinsichtlich seiner eigenen Erwerbstätigkeit durch die Erwerbstätigkeit der Ehefrau gesetzlich zu beeinträchtigen. Das Gericht spricht sogar von einem „gebotenen Schutz der Doppelverdienerehe“. Im weiteren Verlauf wird dann klargestellt, dass die absolute Einkommenshöhe der Eheleute irrelevant sei.

Die Entfernungspauschale ist nach einem zunächst moderaten Anstieg in den Jahren bis 2003 unter den Wert des Jahres 1990 gesenkt worden. Die Reduzierung beträgt ca. 9 Prozent. Die durchschnittlichen Kraftstoffpreise sind zugleich innerhalb des Zeitraums von 1990 bis 2003 um 82 Prozent gestiegen. Viele Bürger haben nicht die Möglichkeit, eine Wohnung nahe an ihrer Arbeitsstelle zu beziehen. Gerade bei Doppelverdiener-Ehen ist dies oftmals überhaupt nicht machbar.

Wie verträgt sich diese Situation mit der Position Ihrer Partei zur Entfernungspauschale? Bitte verzichten Sie in Ihrer Antwort auf Ausführungen zu erhöhten Grundfreibeträgen oder allgemein gesenkten Steuersätzen, denn es handelt sich hierbei um Vorteile, die allen Bürgern zukommen. Das Konzept der Steuergerechtigkeit erfordert jedoch, dass ein Bürger, der täglich 60 Kilometer zu seiner Arbeitsstelle fahren muss, diese Kosten auch ansetzen kann, denn er wird stärker belastet als sein Nachbar, der das Glück hat, eine Arbeitsstelle in zwei Kilometer Entfernung gefunden zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Robert Prätzler
Steuerberater

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CDU

Das Regierungsprogramm von CDU und CSU sieht vor, dass bei der Lohn- und Einkommensteuer zum 1. Januar 2007 der Eingangssteuersatz auf 12 % und der Spitzensteuersatz auf 39 % gesenkt sowie ein steuerlicher Grundfreibetrag in Höhe von 8.000 Euro für jede Person eingeführt werden soll. Im Gegenzug sollen in gleichem Umfang eine Vielzahl von Steuerbefreiungen, Steuervergünstigungen und Ausnahmetatbeständen gestrichen oder eingeschränkt werden. Dazu gehört die Reduzierung der Pendlerpauschale. Nach dem Regierungsprogramm soll auch nach dem 31. Dezember 2006 noch eine Pendlerpauschale in Höhe von 25 Cent/km bis maximal 50 Entfernungskilometer geltend gemacht werden können.

Aufwendungen können steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie durch eine selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit veranlasst sind. Ob die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- bzw. Arbeitsstätte durch eine Erwerbstätigkeit veranlasst sind, ist umstritten. Häufig wird die Auffassung vertreten, diese Aufwendungen seien beruflich bedingt, weil ohne diese Fahrten Unternehmer und Arbeitnehmer ihre Betriebs- bzw. Arbeitstätte nicht erreichen können.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch sind Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- bzw. Arbeitstätte teils beruflich, teils privat veranlasst. Das Wohnen und die Wohnung fallen grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung. Diese Auffassung wird auch von vielen Sachverständigen geteilt, weil in vielen Fällen das Wohnen nahe des Arbeitsortes typischerweise mit einer höheren Mietbelastung verbunden sei und es daher nicht begreiflich sei, warum Fahrtkosten auf die Gemeinschaft der Steuerzahler abgewälzt werden können, Mietkosten aber nicht. Dieser an sich richtige Gedanke rechtfertigt es gerade nicht, den Fernpendler zu begünstigen.

Es kommt demnach nicht mehr darauf an, ob es sich bei der Absetzbarkeit von Fahrtkosten um Subventionen handelt. Es ist dann nämlich gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber allenfalls den betrieblich bzw. beruflich veranlassten Teil in pauschalierter Weise zum Abzug zulässt.

Diesen Überlegungen sowie Steuervereinfachungs- und Steuergerechtigkeitsgesichtspunkten trägt das Regierungsprogramm der CDU und CSU Rechnung.

Für Fernpendler gilt zudem, dass sie ggf. eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung einschließlich Familienheimfahrten, beispielsweise am Wochenende, steuerlich geltend machen können.

Allerdings muss bei einer Entscheidung über die Entfernungspauschale insbesondere auch die aktuelle und die künftig erwartete Benzinpreisentwicklung berücksichtigt werden. Die von Rot-Grün zu verantwortende enorme Steuerbelastung von Treibstoffen durch die sog. Ökosteuer hat dazu geführt, dass Treibstoffpreise in Deutschland im europaweiten Vergleich besonders hoch sind.

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Müller

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