Wie stehen Sie zu einer Liberalisierung des BtmG?
Sehr geehrte Fr. Wegge,
wie stehen Sie zu einer Liberalisierung/Entkriminalisierung der Straftatbestände des BtmG? Insbesondere eine generelle Entkriminalisierung des Besitzes zum Konsum. In wie weit halten sie dort auch andere Maßnahmen, wie z.B. Entzugsverpflichtungen, sinnhafter als strafrechtliche Konsequenzen?
MfG

Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Der „Law-and-Order“-Kurs gegen Drogenabhängige, den besonders die bayrische Staatsregierung seit Jahren vorantreibt, ist gescheitert – das zeigen die Zahlen eindeutig. Es braucht mehr Präventionsangebote und eine andere Ausrichtung gegenüber Suchtkranken.
Nach meiner Auffassung ist dazu auch notwendig, Menschen mit Suchterkrankung nicht mehr wie Straftäter*innen zu behandeln, sondern ihre Sucht als Krankheit zu verstehen und sie zu unterstützen, statt zu bestrafen. Ähnlich dem portugiesischen Modell könnte Besitz und Erwerb jeglicher Drogen, die in den Anlagen I bis III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) aufgeführt sind, entkriminalisiert werden. Der Besitz dieser Drogen soll dann keine Straftat mehr, sondern nur noch eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Die übrigen bestehenden Straftatbestände, die unter anderem den Handel, die Einfuhr oder die Herstellung dieser Drogen betreffen, würden davon unberührt und weiterhin verfolgt werden.
Wer dann während des Drogenkonsums und/oder mit einer Eigenbedarfsmenge aufgegriffen wird, soll nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden, sondern im Sinne einer Ordnungswidrigkeit zu einer einmaligen Pflichtberatung verordnet werden. Dabei könnten auch Langzeitangebote geschaffen und Kontrolleffekte erzielt werden, die auf die gesundheitliche Überwachung und daraus potenziell folgende Unterstützung abzielen.
Aktuell werden Personen, die aufgegriffen werden, durch die Abnahme der Drogen oft zu weiterem Kauf getrieben. Dieses Problem könnte durch Angebote zur Substitution in den Beratungsstellen beendet werden. Um zu verhindern, dass Drogensüchtige verunreinigte Stoffe in den Randbereichen der Gesellschaft ohne medizinische Kontrolle zu sich nehmen, braucht es flächendeckend Drogenkonsumräume und Drug-Checking – auch in Bayern.
Als SPD stehen wir für progressive Drogenpolitik und diskutieren schon länger, was mögliche Aspekte aus dem portugiesischen Modell für die deutsche Drogenpolitik sein können. Mit der Union wird in dieser Legislatur kaum eine Liberalisierung möglich sein, aber ich kämpfe weiter für politische Mehrheiten für progressive Drogenpolitik, die Menschen hilft, statt auf Law and Order zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Carmen Wegge