Portrait von Burkhard Lischka
Burkhard Lischka
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Burkhard Lischka zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Marion G. •

Frage an Burkhard Lischka von Marion G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Lischka,

da Sie Jurist sind möchte ich Sie hiermit bitten, folgende Gesetze der Jubiläumsdienstzeit nachfolgend auf ihre Gültigkeit zu prüfen und sie mir verständlicher zu erklären als ich sie von meiner Dienststelle am 15.11.2011 erhielt.

Seit 1972 bin ich als Lehrerin in Sachsen-Anhalt ( ehem.Bezirk Halle) angestellt. Auf meinem Gehaltsbrief steht immer bei Beschäftigungs- und Jubiläumszeit 01.08.1972. Weil nun eine ordentliche Kündigung geprüft wird, stellte sich bei der Anhörung mit dem Personalrat heraus, dass in meiner Personalakte 1974 als Jubiläumszeit steht. Daraufhin erhielt ich ein Schreiben der Sachbearbeiterin mit den gesetzlichen Erläuterungen dazu.

Zitat:
"Maßgebend für die Anrechnung der Jubiläums- und Beschäftigungsdienstzeit ist der § 19 BAT-O und darüber hinaus für Zeiten vor dem 01. Januar 1991 die dazu ergangenen Übergangsvorschriften....
Die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichtes vom 03.12.2003... hat bestätigt, dass die damaligen Räte der Kreise bzw. Räte der Städte verschiedene Arbeitgeber waren und bei der Ermittlung der B.- u. J.zeit auch als solche zu behandeln sind."

Frage: Wie kann es sein, dass der Rat des Kreises Wittenberg, bei dem ich von 1972- 1974 als Lehrerin tätig war, ein anderer Arbeitgeber ist als dann ab 1974 Rat der Stadt Dessau? Ich kann das mit meinem normalen Menschenverstand nicht nachvollziehen. Selbst jetzt wohne ich im Landkreis Wittenberg (mal wieder) und bin angestellt im Land Sachsen-Anhalt.
Auch meine 25jährige Jubiläumszeit 1997 wäre nach der gültigen Rechtslage falsch gewesen.
Gut, dass die tarifliche Auschlussfrist verstrichen ist, sonst hätte ich die Zuwendung (250 DM) noch zurück zahlen müssen. Ich habe den Eindruck: Wir sind ein Land der Paragraphen, aber für den Staat gemacht, nicht für das "Volk".

Belehren Sie mich gern eines Besseren!

Mit freundlichen Grüßen
Marion Gartmann

Portrait von Burkhard Lischka
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Gartmann,

ich möchte gerne versuchen, Ihnen diese recht komplexe Regelung näher zu erläutern und Ihr Verständnis für diese Vorschrift zu gewinnen.
Nach §39 des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-O) erhält jeder Arbeitnehmer, der in den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages gem. §1 BAT-O fällt, eine Jubiläumszuwendung, die sich nach der Höhe der Dienstzeit richtet. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, den Arbeitnehmer für seine Treue zu belohnen, die dadurch zum Ausdruck kommt, dass der Arbeitnehmer die Freizügigkeit und die Chancen des Arbeitsmarktes nicht in Anspruch nimmt, sondern das Arbeitsverhältnis zu seinem Arbeitgeber besonders lange aufrechterhält. Diese Intention begründet auch das Erfordernis, dass es sich während der gesamten Zeit um denselben Arbeitgeber handeln muss. Diese recht eng auszulegende Voraussetzung liegt zudem auch darin begründet, dass auch der Arbeitgeber die Gelegenheit erhalten soll, von vorneherein zu erkennen, welchem klar abgrenzbarem und definierbarem Personenkreis eine solche Zuwendung zusteht und in welcher Höhe.
Wer genau der jeweilige Arbeitgeber ist, bestimmt sich nach § 19 BAT-O. Hiernach ist der Arbeitgeber die juristische Person, die Partei des Arbeitsvertrages ist. Sie haben geschrieben, dass Sie in den Jahren zwischen 1972 und 1974 für den Rat des Bezirkskreises Wittenberg tätig waren und ab dem Jahre 1974 für den Rat der Stadt Dessau. Auch nach damaligen DDR-Recht handelte es sich bei dem Rat der Stadt Dessau und bei dem Rat des Bezirkskreises Wittenberg um unterschiedliche Arbeitgeber. Beide Räte stellten verschiedene juristische Personen dar. Diese haben unabhängig voneinander gehandelt und hatten unterschiedliche Vorsitzende. Dies ist auch die Aussage des Urteils vom Bundesarbeitsgericht vom 03.12.2003 (Akz. 10 AZR 103/03), welche in ihrer Konsequenz dem Sinn und Zweck der Jubiläumszuwendung folgt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Erläuterungen behilflich sein konnte und wünsche Ihnen für Ihre weitere Zukunft alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Burkhard Lischka, MdB