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Bettina Hagedorn
SPD
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Frage von Donald P. •

Frage an Bettina Hagedorn von Donald P. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Fr. Hagedorn,
Warum erhebt unser Land keine PKW-Maut auf den Autobahnen?

Wer dienstlich viel auf unseren Autobahnen unterwegs ist wird erkennen, dass Deutschland verkehrsmäßig ein reines "Durchgangsland" ist. Ob Nord-Süd, Ost-West oder umgekehrt, zu Urlaubszeiten oder z.B. jetzt zur Fussball EM, vielen Autobahnen droht der Verkehrs-Kollaps und das alles auf Kosten des deutschen Steuerzahlers.
KFZ-Steuer, Mineralölsteuer, auf diese Steuer dann auch noch die Mehrwertsteuer, Steuer, Steuer ....., unser Staat ist da sehr phantasievoll und an Habgier nicht zu überbieten.
Wo sich jedoch Einnahmequellen anbieten, lässt man den deutschen Michel finanziell bluten. Nicht nur das wir im Ausland auf immer mehr Autobahnen zahlen müssen, wir zahlen auch für die Nutzung der ausländischen Fahrzeuge auf unseren Autobahnen im Rahmen der Instandhaltung und von Neubauten.

Es ist meines Erachtens ein Vergehen am deutschen Volk, wenn ein Verkehrsminister mit der Aussage, dass es eine PKW-Maut mit ihm nicht gebe, dem Land bzw. dem deutschen Steuerzahler finanzielle Entlastung vorenthält.
Mein Vorschlag ist, die KFZ-Steuer um 50,-€ zu senken und eine Autobahn-Vignette in Höhe von 100,-€ einzuführen. Diese Mauteinnahmen müssten dann auch zweckgebunden in den Straßenbau fließen, so wie es unser östereichesche Nachbar vormacht.
Ich habe jedoch das Gegfühl, dass diese Möglichkeit wieder zu einfach ist, wenn man die Zeitdauer bis zur Realisierung der LKW-Maut betrachtet. Hier hat man keine Hemmungen die Maut zu erhöhen. Auch dieses Geld wird vom Staat eingesackt und der blöde Deutsche zahlt für diese Erhöhung wieder mit.
Vielleicht ist die Einführung der PKW-Maut auch nicht wahlwirksam und so lässt man eben weiterhin den "Michel" zahlen.
Natürlich ist es in der heutigen Zeit keine populäre Massnahme die PKW-Maut einzuführen, aber auf lange Sicht sollte es jedem Autofahrer wert sein diese Gebühr zu zahlen, zumal eine 50%tige Entlastung der KFZ-Steuer einfließt.

Mit freundlichen Grüßen

D.Pape

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pape,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen. Sie schlagen vor, eine Autobahnvignette von 100 Euro für Pkws einzuführen und im Gegenzug die Kfz-Steuer um 50 Euro abzusenken.

Dieser Vorschlag hat keine Aussicht auf eine Mehrheit im Bundestag oder im Bundesrat, das werde ich Ihnen im Folgenden genauer erläutern.

Ihre Sichtweise und Ihre Ausrucksweise jedoch weise ich aufs Schärfste von mir. Den Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee eines Vergehens am deutschen Volke zu bezichtigen und ihn damit in eine Reihe mit Nazigrößen zu stellen, ist eine Ungeheuerlichkeit. Zudem scheinen Sie den Sinn der Steuerabgaben und des Staates im Allgemeinen nicht verinnerlicht zu haben. Der Staat ist kein privates gewinnorientiertes Wirtschaftsunternehmen, Deutschlands Schulden belaufen sich bereits auf mehr als 1,5 Billionen Euro. Der Staat erhebt Steuern NICHT, um die Bürger, wie Sie sagen, „bluten zu lassen“. Ich stehe, wie auch die gesamte SPD Schleswig – Holstein, für einen starken Staat. Denn einen armen Staat können sich nur die Reichen leisten. Lesen Sie hierzu auch mein Papier „Wieviel Solidarität können wir uns leisten“ (vgl. http://www.bettina-hagedorn.de/publikationen/bericht_aus_berlin/berichtausberlin34-07-10-08SozialwirtschaftsmesseKiel.pdf ).

Die Abgaben der Bürger werden für die Menschen in Deutschland verwendet, für alle, auch für Sie. Der Bau von Straßen, Schulen, Kindergärten, zur Sicherung der Rente, zur finanziellen Absicherung von Langzeitarbeitslosen – diese Liste lässt sich endlos fortführen – all dies kostet sehr viel Geld. Steuern sind der Beitrag der Bürger zu dem staatlichen sozialen Sicherungsnetz ebenso wie zu der Instandhaltung und dem Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, dem staatlichen Bildungsangebot. Hiervon profitiert jeder Mensch in Deutschland, etwas Gegenteiliges zu behaupten, ist realitätsfern.

Zurück zu Ihrem Vorschlag, eine Pkw-Maut mit einer Vignette von 100 Euro einzuführen und im Gegenzug die Kfz-Steuer abzusenken. Sie werden für diesen Vorschlag in Deutschland keine politischen Mehrheiten finden, da er nicht ausgereift ist und politisch falsche Anreizsignale setzt zu einer Zeit, da wirksame Instrumente gegen den Klimawandel zu Recht diskutiert werden.

Eine Autobahnvignette mit einem festen Betrag stellt Vielfahrer deutlich besser als Menschen, die die Autobahnen selten nutzen. Wer weniger fährt, darf im Vergleich nicht, wie von Wirtschaftsminister Glos (CSU) geplant, stärker belastet werden. Ginge es nach Glos, müssten Vielfahrer nur 100 Euro pro Jahr zahlen, während Menschen, die die Autobahn selten benutzen, für 10 Tage 10,50 Euro bezahlen und somit die Vielfahrer mitfinanzieren müssten. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte bereits Anfang 2007, dass eine PKW-Maut in dieser Legislaturperiode nicht zur Debatte steht. Wenn an der Kfz-Steuer gespart wird, geraten auch die Klimaschutzziele in Gefahr, die Steuer ist ein wichtiger Bestandteil des Klimaschutzpakets von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und ist ein wirkungsvolles Instrument, Anreize zur Anschaffung von verbrauchsarmen Pkw zu geben und sorgt für einen Effizienzwettbewerb innerhalb der Fahrzeugklassen. Als wichtiges Steuerelement zur Bekämpfung des Klimawandels soll sie Fahrer von verbrauchsarmen Fahrzeugen besserstellen, ohne die Halter älterer Fahrzeuge schlechter zu stellen. So ergeben sich keine Mehrbelastungen für diejenigen, die sich keine teure Spritschleuder leisten können oder wollen, sondern lieber auf einen kleinen, Sprit sparenden Kleinwagen setzen.

Vor einer etwaigen Einführung der Pkw-Maut müsste zudem geklärt werden, wer die Einnahmen erhält, der Bund oder die Länder. Dies ist Aufgabe der Föderalismuskommission II. Würden die Einnahmen den Ländern zugeschlagen, würde dies Mindereinnahmen des Bundes in beträchtlichem Umfang und somit ein Haushaltsloch bedeuten. Denn auch die erhöhten Benzinpreise spülen entgegen der allgemeinen Meinung nicht mehr Geld in die staatlichen Kassen, da die Mineralölsteuer ein fester Cent-Betrag ist und die Autofahrer aufgrund der steigenden Spritpreise spürbar weniger tanken. 2007 sanken die Einnahmen aus der Energiesteuer von 40 Milliarden Euro (2005) um eine Milliarde Euro auf 39 Milliarden Euro. Der Anteil an den Mehreinnahmen durch die Autobahnvignetten ausländischer Autofahrer deckt nach Berechnungen des ADAC nicht einmal die Verwaltungs- und Organisationskosten einer möglichen PKW-Maut. Von wirklichen Mehreinnahmen kann man hier also auch nicht sprechen. Ebenso wenig ist eine Autobahnmaut an den Schadstoffausstoß gekoppelt und ist so auch umweltpolitisch nicht sinnvoll. Solange die Konzepte zur Pkw-Maut nur unausgereift sind, ist es sowohl mein Standpunkt als auch der der SPD-Bundestagsfraktion insgesamt, diese Vorschläge abzulehnen.

Abgesehen von einigen Ausnahmen in der CSU gibt es eine parteiübergreifende Ablehnung der Pkw-Maut in Bundestag und Bundesrat. Bereits der Vorstoß 2006 aus den Reihen der Union wurde schon in der eigenen Partei abgeblockt. Gero Storjohann (CDU), MdB für den Wahlkreis Segeberg und damals Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verkehr der CDU/CSU konnte keinen Zusatznutzen durch eine Pkw-Maut erkennen. Viele Autofahrer würden die Autobahnen umgehen und auf Bundes- und Landesstraßen ausweichen. Der CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer lehnt die Einführung einer Pkw-Maut ebenfalls ab, um Autofahrer nicht zusätzlich zu belasten. Der Verkehrsausschussvorsitzende Klaus Lippold (CDU) hält Entlastungen durch die Pkw-Maut für illusorisch. Der Verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Hermann, sieht ebenfalls keine Aussicht auf Entlastungen, es würden durch die Einführung einer Pkw-Maut vielmehr Zusatzbelastungen auf die Bürger zu kommen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Christine Scheel lehnt eine Autobahnmaut für Pkws ebenso ab. Die Vignette bringe eine Mehrbelastung aller Autofahrer, insbesondere der Wenigfahrer. Der Anteil ausländischer Pkws liegt bei nur fünf Prozent, so Scheel, somit wären hauptsächlich Pendler von der Pkw-Maut. Scheel im Orginalton: „Herr Glos sollte als Wirtschaftsminister seine Finger von der Verkehrspolitik lassen. Die CSU versteht von ökologisch orientierter Verkehrspolitik überhaupt nichts.“ Bei dieser seltenen Einigkeit darf auch die FDP nicht fehlen: Guido Westerwelle, Partei- und Fraktionsvorsitzender der FDP, deutet die Pkw-Maut als versteckte Steuererhöhung. Der ADAC äußerte sich bereits zum letzten Vorstoß der CSU eindeutig. Vizepräsident Erhard Oehm nannte die Pläne der CSU ein „unausgegorenes Geschwafel“, er wies ebenfalls darauf hin, dass die Mehreinnahmen durch Vignettenkauf von ausländischen Autofahrern aufgrund des immensen Verwaltungsaufwands zu Mehrkosten würden. ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker deutet die aktuellen Pläne des Wirtschaftsministers Glos wenige Monate vor der Bayernwahl als ein Wahlkampfmanöver.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen konnte,

mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

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