Was tun Sie, um eine unverantwortliche, anlasslose Massenüberwachung in der EU durch das geplante Gesetz zur Chatkontrolle zu verhindern?
Sehr geehrter Herr Zorn,
ich bin in großer Sorge wegen der geplanten, am 14.10. im Rar der EU zur Abstimmung stehenden Chatkontrolle in der EU.
Eine verdachtsunabhängige Massenüberwachung der Chats in der EU birgt unbeherrschbare Risiken immensen Ausmaßes. Niemand kann ausschließen, dass es zu Datenmissbrauch oder in Zukunft gar zu einem Missbrauch des damit etablierten Überwachungssystems kommt.
Dabei hält selbst der Deutsche Kinderschutzbund dieses Vorhaben für ungeeignet, sexuellen Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen effektiv zu bekämpfen.
Bitte sorgen Sie dafür, dass die Bundesregierung dieses unverantwortliche und freiheitsgefährdende Gesetzesvorgaben entschieden ablehnt. Bitte setzen sich dafür ein, dass das Geld statt für eine ineffektive Maßnahme mit unbeherrschbaren Risiken für eine zielführende Bekämpfung sexuellen Mißbrauchs von Kindern und Jugendlichen verwendet wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Karl H.
Offener Brief:
https://csa-scientist-open-letter.org/Sep2025_de
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie sich gegen das Vorhaben der sogenannten Chatkontrolle aussprechen und mich auffordern, dieses Vorhaben nicht zu unterstützen.
Seit drei Jahren wird auf europäischer Ebene über das Vorhaben der EU-Kommission zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder im digitalen Raum verhandelt. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, Anbieter digitaler Dienste zu verpflichten, Kommunikationsinhalte – auch in verschlüsselter Kommunikation – auf Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern zu überprüfen, bei Verdacht zu melden und entsprechende Inhalte zu entfernen.
Der vorliegende Entwurf der dänischen Ratspräsidentschaft hält derzeit daran fest, anlasslose Scans von privaten Kommunikationsinhalten zu ermöglichen und eine wirksame Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufzubrechen. Daher ist dieser Entwurf aus meiner und aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion nicht zustimmungsfähig.
Es ist gut, dass sich die Union endlich den Bedenken anschließt, die wir und unsere Justizministerin Stefanie Hubig von Anfang an hatten.
Für uns bleibt der Koalitionsvertrag maßgeblich. Dort haben wir vereinbart, die Vertraulichkeit privater Kommunikation im Netz zu schützen. Die Bundesregierung wird auf europäischer Ebene auf dieser Grundlage verhandeln.
Anlasslose Kommunikationsüberwachung muss in einem Rechtsstaat tabu sein. Der Staat darf Messenger auch nicht dazu zwingen, Nachrichten vor Versendung massenhaft mitzulesen. Solchen Vorschlägen wird Deutschland auf EU-Ebene nicht zustimmen.
Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt das Anliegen, Missbrauchsdarstellungen wirksam zu bekämpfen – eine klare Rechtsgrundlage und ein koordiniertes europäisches Vorgehen sind dafür unabdingbar. Besonders sensibel ist der Teil des Vorschlags, der sich nicht nur auf öffentliche Plattformen, sondern auch auf private digitale Kommunikation bezieht – etwa Messenger oder E-Mail. Für uns ist klar: Der Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikationsinhalte ist ein hohes Gut.
Sexualisierte Gewalt an Kindern muss konsequent und effektiv verfolgt und noch andauernder Missbrauch verhindert werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits in der letzten Legislaturperiode zu Beginn der Debatte um die Chatkontrolle umfangreiche Vorschläge erarbeitet, wie Kinder vor sexualisierter Gewalt besser geschützt werden können. Sie finden diese unter: https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/position-kinder-vor-sexualisierter-gewalt-schuetzen.pdf
Ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihren engagierten Einsatz und Ihre kritische Begleitung dieses Themas. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung unserer Grundrechte und zu einer ausgewogenen, evidenzbasierten Politikgestaltung.
Mit freundlichen Grüßen
Armand Zorn

