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Anja Weisgerber
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Frage von Roland W. •

Frage an Anja Weisgerber von Roland W. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrte Fr. Dr. Weisgerber,

sie haben mir auf meine Frage vom 28.9.2020 zwar eine sehr rasche Antwort zukommen lassen, aber damit ist die Frage nicht beantwortet.
In der von Ihnen mir empfohlenen Bundestagsdebatte wurden zwar einige Themen angesprochen, aber nicht das Thema zum Artikel 146 GG. Ich bitte Sie daher, nochmal auf die Frage vom 28.9.2020 einzugehen.

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Antwort von
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Sehr geehrte Herr W.,

vielen Dank für Ihre erneute E-Mail.

Wie Sie wissen, wurde das Grundgesetz (GG) wurde im Jahre 1949 zunächst bewusst als provisorische Regelung der staatlichen Grundordnung geschaffen. Mit dem Begriff „Grundgesetz“ sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich um ein Provisorium handele. Es sollte einer angestrebten Wiedervereinigung nicht im Wege stehen. Inhaltlich enthielt und enthält das Grundgesetz aber sämtliche Merkmale einer Verfassung, die sich inzwischen in über 60 Jahren Staatspraxis bewährt hat. Für die angestrebte Wiedervereinigung Deutschlands hatte das Grundgesetz in seiner früheren Fassung zwei Wege vorgesehen. Zum einen den Beitritt anderer Teile Deutschlands zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nach Art. 23 GG (alte Fassung, a.F.), zum anderen die Möglichkeit des Beschlusses einer neuen Verfassung durch das deutsche Volk nach Art. 146 GG (a.F.).

Im Einigungsvertrag vom 31. August 1990 haben die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik beschlossen, die Wiederherstellung der staatlichen Einheit auf der Grundlage des Art. 23 GG a.F. zu vollziehen. Diese Entscheidung haben die Parlamente beider deutscher Staaten mit Zweidrittelmehrheit bestätigt. Nach dem Einigungsvertrag wurde die Präambel des Grundgesetzes neugefasst. Darin wird klargestellt, dass mit der in freier Selbstbestimmung vollendeten Einheit und Freiheit Deutschlands das Grundgesetz für das gesamte deutsche Volk gilt. Auch Art. 146 GG in der neuen Fassung stellt dies klar.

Das heißt nicht, dass das Grundgesetz stets so bleibt, wie es 1949 von der Parlamentarischen Versammlung beschlossen wurde: Das Verfahren zur Änderung des Grundgesetzes ist in Art. 79 GG geregelt. Nach Art.79 Abs. 1 Satz 1 GG kann das Grundgesetz nur durch ein Gesetz geändert werden. Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestags und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates (Art. 79 Abs. 2 GG). Grundlegende Prinzipien der Verfassung sind allerdings einer Änderung nach diesem Verfahren entzogen (Art. 79 Abs. 3 GG).

Unzulässige Änderungen des Grundgesetzes sind:

· die Gliederung des Bundes in den Ländern

· die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung

· die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze

Zu den zentralen Grundsätzen gehören der vom Grundsatz der Menschenwürde umfasste Kern-gehalt der Grundrechte und die Staatsstrukturprinzipien wie z. B. das Demokratieprinzip, der Grundsatz der Gewaltenteilung und grundlegende Elemente des Rechts- und Sozialstaatsprinzips.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage damit umfassend beantworten und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Anja Weisgerber

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