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Anette Kramme
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Frage von Margit A. •

Frage an Anette Kramme von Margit A. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Kramme,

ich habe am 15.12.2009 für 8 Jahre ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell begonnen.
Leider habe ich nicht - wie vertraglich vereinbart 83 % von meinem Nettoentgelt, weil die Mindestnettotabelle nicht geändert wurde und so die ATZ nicht vom Bürgerentlastungsgesetz profitieren. Zudem habe ich am Jahresende noch 8 Jahre lang ca. 1000,- Euro an das Finanzamt zu zahlen, so das von 83 % Nettoentgelt sowieso keine Rede sein kann.
Meine Kollegen in gleicher Entgeltgruppe haben durch das Bürgerentlastungsgesetz mtl. 60,-- Euro ab 01/10 mehr erhalten. (12 ,5 x 60,-- Euro = 750,-- Euro jährlich).Die Benachteiligung durch meine ATZ = 8 Jahre x 750,-- Euro = 6000,-- Euro. Ich bin alleinstehend und durch die geringen ATZ-Bezüge gebeutelt. Eine solche zusätzliche Benachteiligung durch die nicht geänderte Mindesnettotabelle ist nicht fair!! Ich würde mich freuen, wenn Sie sich dieses Themas annehmen könnten.

Mit freundlichem Gruß

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Sehr geehrte Frau Arndt,

ich danke für Ihre Anfrage.

Das 1996 eingeführte Altersteilzeitgesetz sah eine aufwändige Berechnung des Aufstockungsbetrages vor. Bis 01.07.2004 war das jeweilige monatliche Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit um 20 Prozent aufzustocken, mindestens jedoch um einen festgelegten Mindestnettobetrag.

2004 wurden im Altersteilzeitgesetz die Vorgaben zur Berechnung des Aufstockungsbetrages wesentlich vereinfacht. Die neuen Aufstockungsvorschriften sahen ein Bemessungsentgelt vor, das während der gesamten Förderperiode als Grundlage für die Ermittlung des Aufstockungsbetrages festgelegt werden soll.

Mit der Neuregelung im Altersteilzeitgesetz wurde einem dringenden Anliegen der Praxis, auch der Gewerkschaften, Rechnung getragen. Diese Verfahrensvereinfachung sollte unmittelbar von den Tarifparteien in den Tarifverträgen nachvollzogen und diese entsprechend angepasst werden müssen.

Dies ist jedoch in vielen Tarifverträgen nicht erfolgt, sodass die aufwendige Mindestnettolohnverordnung, wie sie vor 2004 im Gesetz stand, weiter anzuwenden war und ist. Es gab 2004 auch Arbeitnehmer ohne Tarifbindung, die Altersteilzeit in Anspruch nahmen. Für diese sah sich das Ministerium veranlasst, weiterhin die Tabelle entsprechend der Mindestlohnverordnung anzupassen.

Die letzte Anpassung erfolgte 2008 für die vor 2004 abgeschlossenen Verträge. Ab 2004 konnten die Arbeitnehmer ohne Tarifbindung ihre Verträge entsprechend den neuen gesetzlichen Bestimmungen abschließen und sind daher nicht mehr auf die Tabelle angewiesen.

Leider haben viele Tarifvertragsparteien ihre Tarifverträge nicht geändert, möglicherweise auch deshalb, weil sich in der Vergangenheit die sozialversicherungs- und steuerlichen Beträge nicht zugunsten der Arbeitnehmer verändert haben. Es wurde weiterhin die Mindestnettolohnverordnung angewandt - damals zum Vorteil für die Arbeitnehmer. Nun wirken sich aber die steuerlichen- und sozialversicherungsrechtlichen Erleichterungen bei Beibehaltung der Mindestlohnvereinbarung negativ auf die Arbeitnehmer aus.

Aus welchen Gründen die Tarifparteien die Tarifverträge nicht der gesetzlichen Regelung angepasst haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Tarifparteien könnten es jedoch korrigieren. Pragmatisch könnten auch die großen Arbeitgeberverbände Gehaltslisten erstellen, die dann zur Berechnung des Aufstockungsbetrages herangezogen werden können. Sie werden vermutlich jetzt dazu keine Veranlassung sehen, da sie derzeit von der Festlegung profitieren.

Aus Sicht des Bundesarbeitsministeriums gibt es nach 2010 keine Altersteilzeitarbeitnehmer mehr, bei denen die Bemessungsgrundlage auf die gesetzliche Vereinbarung vor 2004 abzustellen ist. Deshalb soll die Tabelle auch nicht mehr aktualisiert werden. Es müsste erheblicher Druck von den Tarifvertragsparteien auf das Ministerium ausgeübt werden, damit das Ministerium veranlasst wird, die Tabelle erneut anzupassen. Alternativ könnten die Tarifvertragsparteien ihre Tarifverträge entsprechend abändern.

Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich auf alle Fälle für eine Anpassung der Mindestnettobeträge stark machen. Ob unsere Initiative erfolgreich sein wird, hängt letztlich von der Regierung ab.

Unser in den Bundestag eingebrachter Gesetzentwurf zur weiteren Förderung der Altersteilzeit, um Beschäftigungspotenziale für Jüngere zu erschließen und die Beschäftigung Älterer zu sichern, wurde leider im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowohl von der Schwarz-Gelben Koalition als auch von den Grünen abgelehnt. Die Stimmung, die Altersteilzeit weiterzuentwickeln, ist daher als sehr gering einzuschätzen.

Mit freundlichen Grüßen

Anette Kramme

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