Portrait Dr. André Hahn
André Hahn
DIE LINKE
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Frage von Dirk H. •

Sind Sie dafür das Schweine Auslauf bekommen? Was halten Sie von dieser Petition? https://www.change.org/p/asp-seuche-beenden-gesunde-tiere-schützen MfG Dirk Hesse

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Hesse,

vielen Dank für Ihr Engagement und Interesse.
Wie Sie wissen setzte sich DIE LINKE für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen in der Tierhaltung ein, und zwar sowohl für die Tiere selbst als auch für die Menschen, die sie betreuen. Dazu gehört ein verpflichtendes staatliches Tierwohllabel, ein ambitioniertes Leitbild für die landwirtschaftliche Tierhaltung der Zukunft und die Forderung einer an die Fläche gebundenen Tierhaltung. Unbestritten hat die Freiland- und Weidetierhaltung aus verschiedenen Gründen die höchste gesellschaftliche Akzeptanz, steht aber gleichzeitig massiv unter Druck durch diverse Zielkonflikte. Deshalb haben wir im Bundestag den Antrag „Runder Tisch zur Sicherung der Zukunft von Freiland- und Weidetierhaltungen“ (https://dserver.bundestag.de/btd/19/278/1927834.pdf) gestellt, der leider kurz vor dem Ende der Wahlperiode keine Mehrheit gefunden hat.
Wir sind uns sicher einig, dass die Afrikanische Schweinepest (ASP) eine existenzielle Bedrohung für die heimische Schweinehaltung ist. Und zwar nicht nur direkt, sondern auch indirekt, z. B. durch unsolidarisches Handeln der Verarbeitungs- und Vermarktungskonzerne, die die Notlage der Schweinehaltenden zum eigenen Vorteil ausnutzen. Dabei kämpfen Tierhaltende, Forstleute, Veterinärbehörden und auch verantwortungsvolle Politiker/innen dafür, die Seuche so schnell es geht einzudämmen. Leider bisher ohne wirklichen Erfolg, auch wenn die erwartet hohe Dynamik der räumlichen Ausbreitung zumindest begrenzt wurde. Aber angesichts der ungünstigen Bedingungen sind die Instrumente zur schnellen Beendigung der ASP übersichtlich. Unso wichtiger sind an die Situation angepasste Handlungsprioritäten. Dazu gehört natürlich auch die Reduzierung des Einschleppungsrisikos. Deshalb ist die Entscheidung von Landesregierungen richtig, die Schweinehaltungen zu beenden, bei denen Biosicherheitsmaßnahmen nicht oder nur ungenügend umzusetzen oder umgesetzt sind. Das trifft insbesondere auf Kleinstprivathaltungen zu. Freilandhaltungen müssen selbstverständlich in besonderer Weise alle möglichen Biosicherheitsmaßnahmen einhalten, um das Restrisiko zu minimieren. Ob dieses dann getragen werden kann oder nicht, müssen die örtlichen Veterinärbehörden entscheiden oder ggf. Gerichte. Dazu gehört selbstverständlich auch eine permanente Evaluierung der Bekämpfungsmaßnahmen einschließlich der Ermittlung der Einschleppungswege im Fall von Ausbrüchen im Hausschweinbestand und natürlich ein konsequentes Vorgehen gegen die Tierseuche im Schwarzwildbestand. Einfache Lösungen sind leider in der realen Situation nicht verfügbar, aber ebenso verantwortbare wie solidarische Lösungen müssen gefunden werden. Gerade deshalb wäre der Runde Tisch wichtig gewesen.
Umso wichtiger ist es sicherzustellen, dass Schweinehaltende nicht oder nicht für immer aufgeben müssen als direkte oder indirekte Folge der ASP. Hier braucht es deutlich mehr Unterstützung und diese fordern wir auch ein. Dazu gehören auch Überlegungen, wie im Fall des Ausbruchs von gefährlichen Tierseuchen Ein- und Verschleppungsrisiken vor Ort zügig wissenschaftlich bewertet, politisch abgewogen und so minimiert werden können, dass das Töten von gesunden Tierbeständen, einschließlich Weidetier- und Freilandhaltungen auf zwingende Ausnahmen begrenzt wird. Technische Schutzanlagen gehören genauso dazu wie die Förderung der Entwicklung von Markerimpfstoffen, um das Prinzip „Impfen statt Töten“ umsetzen zu können.
Grundlage muss sein, dass eine Tötung von Tieren aus rein wirtschaftlichen Erwägungen unvereinbar ist mit dem Staatsziel Tierschutz. Das gilt insbesondere auch für die Vermeidung internationaler Handelsrestriktionen. Klar muss aber auch sein, dass über Risikostrukturen in diesem Bereich dringend diskutiert werden muss, denn schweinedichte Regionen und Megaställe sind unnötige Tierseuchenbekämpfungsrisiken, weshalb ein sozial verträglich gestalteter Umbau hin zu einer flächengebundenen Tierhaltung auch aus Tierseuchensicht geboten ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. André Hahn

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