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Frage von Sönke S. •

Frage an Ulrike Rodust von Sönke S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Rodust,

Ich bin derzeit Geographie-Student an der CAU Kiel. Im Rahmen der geographischen Fachdidaktik soll Ich derzeit eine Unterrichtseinheit zum Thema "Welche Hilfen braucht Afrika wirklich (NICHT)?" erstellen. Ich bin aus diesem Grunde auf das "E-Waste Problem" aufmerksam geworden. Derzeit umgehen viele Unternehmen die Basler Konventionen von 1989 und verschiffen giftigen Elektroschrott, auch aus Deutschland, in afrikanische Länder. Ich wollte Sie daher an dieser Stellen einmal um eine schriftliche Stellungnahme bitten, die Ich vielleicht meinen Schülern präsentieren könnte. Die Fragestellung ist einfach:

Was muss/kann die EU/Deutschland machen, damit verhindert wird, dass giftiger Elektroschrott nach Afrika gelangt?

Ich bitte Sie mir diese Frage in den nächsten Wochen zu beantworten, da Ich so mehr Leben und mehr Authenzität in den Unterricht bringen könnte.

Fröhliche Weihnachten und viele Grüße,
Sönke Schlüter

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schlüter,

vielen Dank für Ihre Frage bei Abgeordnetenwatch, die ich gerne beantworte.

Hinsichtlicht des Exports von Elektroschrott unterliegt Deutschland sowohl den Regelungen des Basler Übereinkommens und des OECD-Ratsbeschlusses zur grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen als auch den Regelungen der EU zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung. Letztere sind - im Allgemeinen - in der Verordnung über die Verbringung von Abfällen und - im Besonderen - in der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (der so genannten "WEEE-Richtlinie: Waste Electrical and Electronic Equipment") festgelegt. Im Basler Übereinkommen und im OECD-Beschluss sind Klassifizierungen von Abfällen je nach Gefährlichkeitsgrad aufgeführt. Bei der Einstufung eines Elektroaltgerätes als ´gefährlicher Abfall´ (in den meisten Fällen handelt es sich bei Elektroschrott um ´gefährlichen Abfall´), muss der Export in OECD-Länder notifiziert und genehmigt werden. Ein Export in Nicht-OECD-Länder ist verboten.

Ein sehr detaillierter Rechtsrahmen ist damit bereits vorhanden. Ein Hauptproblem besteht allerdings darin, dass nicht mehr funktionsfähige Alt-Geräte bzw. Geräte, die nur noch eine kurze Lebensdauer haben bzw. als Ersatzteilquelle verwenden werden, unter dem Deckmantel der Wiederverwendung exportiert werden und damit die bestehenden Abfallvorschriften umgangen werden. An dieser Stelle sind, neben anderen Umsetzungsmaßnahmen, strengere Kontrollen und Inspektionen an Sammelplätzen, Verladeplätzen und Exporthäfen notwendig. Das setzt natürlich eine entsprechende Schulung und Vorbereitung der verantwortlichen Personen voraus.

Auch einige Veränderungen des Rechtsrahmens können zur vereinfachten und verbesserten Umsetzung beitragen. So wurde in den letzten drei Jahren zwischen Europäischem Parlament und Rat der EU eine Neufassung der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte beraten. Dabei ging es unter anderem auch um strengere Vorschriften zur Verbringung von Elektro-Altgeräten. Nun liegt die Verabschiedung in den letzten Zügen: Im Dezember wurde ein Kompromiss gefunden, der voraussichtlich am 19. Januar 2012 vom Parlament bestätigt wird.

Eine wichtige Veränderung, die vom Parlament durchgesetzt werden konnte, ist die Beweislastumkehr beim Export von Altgeräten. So soll bei Kontrollen nicht länger der Zoll den möglichen Defekt der Geräte nachweisen müssen, sondern der jeweilige Unternehmer nachweisen müssen, dass er tatsächlich gebrauchsfähige Geräte exportieren will. Damit existieren nun Kriterien, nach denen ein Abfall-Elektroaltgerät von einem noch funktionierenden Gerät abgegrenzt werden kann (Details finden sich in Annex VI der neu gefassten Richtlinie). Damit wird eine zentrale Forderung des Europäischen Parlaments Bestandteil der neu gefassten Richtlinie: Der Umweltausschuss des EP hatte zuletzt bei der 2. Lesung im Oktober strikte Vorschriften und Kontrollen für den Export von Elektro- und Elektronik-Altgeräten gefordert.

Den illegalen Export von Elektroschrott zu verhindern, wäre übrigens nicht nur im Sinne der Menschen in Drittländern, die dort ohne angemessene Recycling-Standards unzumutbaren gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt sind, sondern durchaus auch im Interesse unseres ressourcenarmen Kontinents: Für die EU ist Elektroschrott ein strategischer Rohstoff, dessen wertvolle Inhalten, wie beispielsweise Edelmetalle, wir selbst recyceln müssen.

Zur weiteren Hintergrundinformation möchte ich Ihnen die Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zur "Optimierung der Steuerung und Kontrolle grenzüberschreitender Stoffströme bei Elektroaltgeräten/Elektroschrott", herausgegeben im November 2010, empfehlen (öffentlich zugänglich auf UBA-Website). Darin finden sich sowohl eine detaillierte Übersicht des Rechtsrahmens für die Verbringung von Elektroschrott, als auch eine umfassende Liste von Maßnahmen, die zur Verbesserung der Kontrolle der internationalen Elektroschrott-Ströme vorgeschlagen werden.

Ich bin zuversichtlich, dass die neu gefasste Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Richtlinie bei der Abstimmung in der kommenden Woche von einer großen Mehrheit der Europaparlamentarier angenommen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Rodust