Udo Wolf
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Frage von Andreas B. •

Frage an Udo Wolf von Andreas B. bezüglich Innere Sicherheit

Werter Herr Wolf,

Sie haben bisher immer behauptet "Videoüberwachung verhindert keine Straftaten".
Nur durch eine privaten Videoüberwachung konnte der Kindermörder von Mohammed und Elias verhaftet werden. Im Prozeß wurde klar herausgearbeitet, daß er die Materialien und Absichten für weitere Straftaten hatte.
Setzt bei Ihnen nun ein Umdenken ein?
Zumal auch Videokameras von vornherein einen abschreckenden Charakter für Straftäter haben können.

Udo Wolf
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich Ihnen gern antworte.

Ich bleibe grundsätzlich bei meiner Aussage. Wenn Straftäter – egal durch welche polizeiliche Ermittlungsmethode – eine Haftstrafe antreten müssen, werden dadurch natürlich (zumindest für die Zeit einer Inhaftierung) weitere Straftaten dieser Personen verhindert. Dass Kamerabilder bei der Aufklärung von Straftaten helfen können, bestreitet wohl niemand. Im Einzelfall kann Videoüberwachung auch z.B. zum Schutz von besonderen Einrichtungen sinnvoll sein.

Gerade wenn es um emotional aufgeladene Gewalttaten wie etwa den Mord an Johnny K. geht, haben Kameras aber keine abschreckende Wirkung. Und auch bei der allgemeinen Kriminalität scheint die Wirkung der Videoüberwachung oft überschätzt zu werden: In London gibt es eine annähernd flächendeckende Videoüberwachung durch staatliche und private Akteure. Die Kriminalitätsrate ist dadurch aber nicht signifikant gesunken, sondern in etwa gleich geblieben. Global gesehen kann man mit Kameras also höchstens eine Verdrängung und keine Abnahme der Kriminalität erreichen.

In Berlin können wir sogar auf eine positive Entwicklung verweisen. Die polizeiliche Kriminalstatistik weist eine seit Jahren zurückgehende Gewaltkriminalität in Berlin aus. Auch die Jugendkriminalität ist so niedrig wie lange nicht. Wir haben es also nicht – wie viele Befürworter der Videoüberwachung behaupten – mit einer Eskalation der Gewalt in der Stadt zu tun. Und wenn wir wirklich etwas gegen Gewalt tun wollen, dann müssen wir mehr Personal an die entsprechenden Orte schicken. Denn ob auf dem Alexanderplatz, am Kottbusser Tor oder im ÖPNV – eingreifen können in kritischen Situationen nur Menschen.

Die Bürgerinnen und Bürger in Berlin haben nicht nur ein berechtigtes Bedürfnis nach Sicherheit, sondern auch ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Vielen Menschen ist es unangenehm, von Kameras beobachtet zu werden. Viele Menschen lehnen es ab, dass ihre persönlichen Daten gesammelt werden und möglicherweise an Dritte gelangen. Diese beiden Rechtsgüter gilt es gegeneinander abzuwägen, denn der Zweck heiligt nicht die Mittel.

Ich komme bei dieser Abwägung offenbar zu einem anderen Ergebnis als Sie und möchte deshalb keine Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum.

Mit freundlichen Grüßen.

Udo Wolf