Sehr geehrter Herr Dr. Rudolph, warum müssen die Beitragszahler die Hauptlast der Krankenversicherung der Bürgergeldempfänger zahlen und nicht alle Steuerzahler? Mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrter Herr C.,
der Bund bezahlt für alle erwerbsfähigen Bürgergeldbeziehenden einen Pauschalbetrag in Höhe von derzeit rund 133 Euro an die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Kinder nach Vollendung des 15. Lebensjahres und Ehepartner/Lebenspartner, die Bürgergeld beziehen, sind - anders als im allgemeinen System der GKV - nicht beitragsfrei familienversichert. Für sie wird ebenfalls der Pauschalbeitrag entrichtet.
Insgesamt erhält die GKV einen jährlichen Bundeszuschuss in Höhe von 14,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln. Mit diesem Zuschuss werden pauschal alle sog. versicherungsfremden Leistungen (zum Beispiel auch die beitragsfreie Familienversicherung von Kindern und Ehegatten oder Leistungen für Mutterschaft und Schwangerschaft) abgedeckt. Mit anderen Worten: Alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler (auch die privat Versicherten) bezahlen für diese Leistungen.
Die Argumentation, der Beitrag für Bürgergeldbeziehende sei nicht kostendeckend, widerspricht dabei dem der Sozialversicherung innewohnenden Solidaritätsprinzip. Das Solidaritätsprinzip sieht grundsätzlich keine Kostendeckung für einzelne Personengruppen vor. Das gilt etwa für die beitragsfreie Familienversicherung, aber genauso auch für andere Bevölkerungsgruppen, wie Studierende oder Rentnerinnen und Rentner, für die in der öffentlichen Diskussion - anders als für Bürgergeldbeziehende - auch keine kostendeckenden Beiträge gefordert werden.
Solidaritätsprinzip heißt: Die Beitragshöhe in der Sozialversicherung ist grundsätzlich nicht an die individuellen Leistungsausgaben gekoppelt, sondern orientiert sich an der finanziellen Leistungsfähigkeit. Dieses Prinzip stellt in der gesetzlichen Krankenversicherung zum Beispiel sicher, dass die Beitragsbelastung nicht nach dem individuellen Krankheitsrisiko bemessen wird, sondern auf einem solidarischen Ausgleich basiert.
Ich gebe Ihnen aber dennoch insoweit recht, dass das bestehende System der Gesundheitsversicherung verbesserungswürdig ist. Eine langfristige Lösung, um strukturelle und und systemische Ungleichgewichte und Ungerechtigkeiten abzubauen und zugleich eine nachhaltige Finanzierung der Gesundheitsversicherung sicherzustellen, ist aus Sicht der SPD eine solidarische Bürgerversicherung, in die alle einbezahlen.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Rudolph