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Thomas Oppermann
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Frage von Guntram S. •

Frage an Thomas Oppermann von Guntram S. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Oppermann,

in dem Kölner Beschneidungsurteil wird, für mich logisch nachvollziehbar, die Beschneidung des Penis bei Kindern als Körperverletzung gewertet und unter Strafe gestellt.

1. welchen Standpunkt nehmen Sie ein? Sollten Körperverletzungen dieser Art straffrei bleiben, nur weil der Deutsche Bundestag zu feige ist, das Recht auf körperliche Unversehrtheit ÜBER ritualisierte Handlungen zu stellen, die vermutlich nicht einmal den Religionen entstammen, die behaupten, ohne diese seien sie TOT?

2. Wo muss der Rechtsstaat ein religiöses Ritual verurteilen, welches offensichtlich aus heutiger, aufgeklärter Sicht und modernen Hygienebedingungen keinen Sinn mehr macht?

3. Ist das Problem von Juden und Muslimen, dass sie nicht begriffen haben, dass ihr Gott der GLEICHE ist, wie der der Christen, und dass dieser Gott sich eben NICHT mit Ritualen befriedigen lässt, sondern NUR MIT WAHRHEIT, GERECHTIGKEIT und LIEBE?

4. Ist das Problem der modernen Christen möglicherweise AUCH, dass sie vergessen haben, was Christentum ausmacht? Dass der Begriff "sozial" immer auch Rücksicht auf die GEBENDEN nehmen muss und nicht bedeutet, dass man die Verantwortung für sich selbst und sein Handeln an anonyme Organisationen wie "den Steuerzahler", "den Rentenbeitragszahler", "den Versicherungsnehmer" abwälzen kann?

5. Vor dem Gesetz sind ALLE gleich: Folgert daraus nicht, dass Juden und Muslime in Sachen Körperverletzung keine Ausnahmeregelung bekommen dürfen? Haben sie nicht selbst das Grundgesetz als obersten Herrn anerkannt, als sie sich entschieden haben, in Deutschland zu leben?

6. Hat der Deutsche Bundestag eine schlüssige Begründung vorliegen, weshalb diese Religionen nicht auf die Beschneidung verzichten können?

Warum sollte Gott von uns Menschen verlangen, dass wir uns verstümmeln, wenn er doch vollkommen ist und damit auch seine Schöpfung so wie sie ist GUT ist (mit allem was DRAN ist)?

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Antwort von
SPD

Guten Tag Herr Seiß,

zu Ihrer erneuten Frage möchte ich Ihnen folgende Antwort geben:

Das Urteil des Landgerichts Köln zur Beschneidung eines minderjährigen Jungen hat eine breite öffentliche Diskussion ausgelöst. Das Thema ist äußerst komplex, da hier zwei grundrechtlich geschützte Rechtsgüter abzuwägen sind: das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und das Recht der Eltern auf Ausübung ihrer Religion.

Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens fürchten um die Möglichkeit, ihren Glauben in Deutschland leben zu können. Jüdisches und muslimisches Leben und deren Kultur sind fester Bestandteil der Gesellschaft in Deutschland, das Grundgesetz garantiert das Recht auf freie Religionsausübung. Allerdings muss sich die Ausübung der Religionsfreiheit im Rahmen der geltenden Gesetze bewegen.

Unsere jüdischen und muslimischen Mitbürger sollen die Beschneidung auch in Zukunft frei von Sanktionen ausüben können. Allerdings muss die gesetzliche Regelung auch den hohen Stellenwert zum Ausdruck bringen, den unser Grundgesetz dem Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit eingeräumt hat. Dabei muss der Schutz von Kindern als den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft garantiert werden. Auch muss sichergestellt sein, dass eine Beschneidung von minderjährigen Jungen unter medizinischen Bedingungen und ohne unnötige Schmerzen durchzuführen ist.

Die Bundesjustizministerin wird dazu einen Gesetzentwurf vorlegen. Diesen werden wir mit der gebotenen Sachlichkeit und dem Respekt vor den verschiedenen Argumenten ausführlich diskutieren.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Oppermann