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Swen Schulz
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Frage von Karl P. •

Frage an Swen Schulz von Karl P.

Hallo Herr Schulz,

es ist wirklich erstaunlich, wie sich die SPD dem erklärten Bürgerwillen widersetzt. Sie selbst verstecken sich hinter einer Enthaltung zu diesem wichtigen Thema. Für mich ist CETA bereits aus zwei allein stehenden Gründen abzulehnen: Zum einen steht die Möglichkeit offen, dass Änderungen zum geschlossenen Abkommen jederzeit ohne Beteiligung des Bürgerwillens und ohne Beteiligung der Parlamente in praktisch allen Punkten vorgenommen werden. Desweiteren störe ich mich extrem an der installierten Paralleljustiz in Form von Schiedsgerichten, die den Wirtschaftsunternehmen Möglichkeiten eröffnen, die keinem Individuum zustehen. Unternehmen brauchen lediglich einen MÖGLICHEN entgangenen Gewinn deklarieren, um Staaten auf "Schadensersatz" zu verklagen. Siehe bspw. Bolivien. Warum haben Sie sich gegen den Bürgerwillen gestellt?

Höfliche Grüße

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ptschyody,

vielen Dank für Ihre Frage und die darin enthaltene Positionierung. Ihre Kritik verstehe ich sehr gut und im Kern habe ich ganz ähnliche - und weitere - Bedenken. Meine Enthaltung bei der letzten Abstimmung im Bundestag haben Sie jedoch missverstanden. Ich habe mich zu diesem Zeitpunkt enthalten, weil es noch keine abschließende Entscheidungssituation gibt und der Koalitionsantrag viele Bedenken aufgreift.

Eines aber noch zu Ihrem Hinweis auf den "Bürgerwillen": Das Argument, ich solle mich dem "Bürgerwillen" entsprechend verhalten, begegnet mir häufig. Bei unterschiedlichen Fragen. Und manchmal berufen sich Bürger mit entgegengesetzten Positionen gleichermaßen auf einen angeblichen "Bürgerwillen". Doch: Wer ermittelt den eigentlich? Woher wollen Sie oder ich wissen, was der Bürgerwillen ist? Wird er durch Demonstrationen manifest? Solche wie gegen TTIP und CETA sind eindrucksvoll und auch aus meiner Sicht sehr beachtlich. Aber ich käme nicht auf die Idee daraus zu folgern, dass das die Mehrheit der Bürger repräsentiert - ebenso wenig wie ich schlussfolgere, dass die Millionen die nicht demonstrierten einen entgegengesetzten "Bürgerwillen" darstellen. Ich trete sehr für direkte Demokratie auch auf Bundesebene ein. Dann könnten wir z.B. in einer solchen Frage tatsächlich den Willen des Volkes ermitteln. Leider blockiert die CDU/CSU seit Jahren die nötige Grundgesetzänderung. Als Mitglied des Deutschen Bundestages bin ich nur meinem Gewissen verantwortlich. Und das bedeutet, dass ich so entscheide, wie ich es für richtig halte - und nicht wie der angebliche "Bürgerwille" es von mir vielleicht verlangt. Das bedeutet natürlich auch, dass ich mir vorbehalte (wie in verschiedenen Fragen geschehen) eine Minderheitsposition in meiner Fraktion einzunehmen. Es ist dann im Zweifelsfall an den Bürgern bei den Wahlen mein Verhalten zu beurteilen.

Wenn es zur entscheidenden Abstimmung über CETA kommt werde ich, wenn meine Bedenken nicht hinreichend ausgeräumt sind, mit Nein stimmen. Gerne können wir uns vorher und nachher darüber unterhalten oder schreiben.

Mit den besten Grüßen

Swen Schulz