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Swen Schulz
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Frage von Torsten K. •

Frage an Swen Schulz von Torsten K. bezüglich Soziale Sicherung

Sie behaupten auf Ihrem Wahlplakat: Das Wir entscheidet.

Bürger wurden und werden in Jobcentern mit Sanktionen (Entzug des
Existenzminimums) bedroht, sobald sie Mitbestimmungsrechte über
Arbeitsinhalte und Arbeitsbedingungen einfordern. Siehe Dokudrama: http://www.gewerkschafterdialog-grundeinkommen.de/wp-content/uploads/selbst_der_himmel_weint_buergergeld_statt_buergerkrieg_dokudrama.pdf

Auch Mitarbeiter von Jobcentern bezeugen: "Hartz IV verfolge nicht das Ziel, Arbeitslosen eine Perspektive für den Wiedereintritt ins Arbeitsleben zu bieten, sondern sie mittels Sanktionsdruck aus dem Leistungsbezug zu drängen."
http://de.wikipedia.org/wiki/Inge_Hannemann

Sie sind als Bundestagsabgeordneter über den Missbrauch von Sanktionen und Sanktionsdrohungen informiert. Sie stimmten im Bundestag trotzdem gegen die Abschaffung von Sanktionen.
http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/liste/2012/20120426_1.pdf
http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/liste/2012/20120426_2.pdf

Es zerstörte Vertrauen in Sie und Politiker, Bürger verloren das Gefühl, in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu leben.
Warum haben Sie gegen die Abschaffung von Sanktionen gestimmt?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kulick,

vielen Dank für Ihre Frage vom 13. August 2013.

Tatsächlich habe ich am 26. April 2012 den Antrag der Bundestagsfraktion DIE.LINKE „Sanktionen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und Leistungseinschränkungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch abschaffen“ abgelehnt.

Die Bundestagsfraktion DIE.LINKE fordert eine sanktionsfreie Mindestsicherung, also die völlige Abschaffung der Sanktionen.
Die SPD hingegen setzt sich dafür ein, die Sanktionen nach dem Prinzip „Fördern und Fordern“ zu reformieren. Das Fördern und das Fordern müssen aber ausgeglichen sein. Integration in Ausbildung und Arbeit muss immer im Vordergrund stehen, und zwar gerade bei jungen Menschen. Wir orientieren uns bei unseren Reformvorschlägen am Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2010, wonach Sanktionen das Existenzminimum nicht betreffen dürfen. Wir wollen die Sanktionen verfassungsfest ausgestalten. Entsprechend gilt, dass Kürzungen Dinge wie Wohnen, Essen, Trinken, Kleidung und medizinischer Versorgung nicht betreffen dürfen. Das physische Existenzminimum bleibt also unangetastet.

Bereits im Jahre 2010 hat die SPD gefordert, dass die Sanktionen in ihrer Gesamtheit auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Für junge Erwachsende, bei denen drastische Kürzungen möglich sind, muss dasselbe Sanktionsrecht wie für alle gelten, Sonderregelungen müssen abgeschafft werden. Zudem muss dafür gesorgt werden, dass mehr auf den jeweiligen Einzelfall konkret eingegangen wird und das Sanktionen schnell wieder zurückgenommen werden können. Kürzungen sollen vorher schriftlich angekündigt werden und eine verständliche Rechtsfolgebelehrung erfolgen. Dieser Punkt wurde leider von der jetzigen schwarz-gelben Bundesregierung aufgehoben und gehört dringend wieder eingeführt.

Außerdem möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, um mit ein paar Irrtümern aufzuräumen. Auf der einen Seite gibt es immer wieder Berichte, wonach eine große Anzahl von Arbeitslosengeld II-Empfängern angeblich immer wieder die Zusammenarbeit mit den Jobcentern oder Jobangebote verweigern. Deshalb werden häufig härtere Strafen gefordert. Auf der anderen Seite wird den Jobcentern pauschal vorgeworfen, sie würden willkürlich und viel zu schnell Sanktionsmaßnahmen ergreifen.
Aber die Realität zeigt ein anderes Bild: Fast alle Arbeitsuchenden halten sich an die Vereinbarungen. Statistische Datenerhebungen für das Jahr 2011 zeigen, dass lediglich 3 % aller Arbeitslosengeld II-Empfänger von Sanktionsmaßnahmen betroffen waren. Den Wenigsten wurden Leistungen gekürzt, weil sie die Aufnahme einer Arbeit, Maßnahme oder Ausbildung verweigert haben.

Auf allen Rechtsgebieten gibt es Sanktionsregelungen bei Fehlverhalten oder Missbrauch. Das ist auch im SGB II in einem gewissen Maße sinnvoll und gerechtfertigt. Und natürlich habe auch ich schon Fälle erlebt, in denen Sanktionen unfair und letztlich schädlich waren. Deshalb bin ich nicht dafür, Sanktionsmaßnahmen gänzlich aufzuheben, setze mich aber dafür ein, Sanktionen auf den Prüfstand zu stellen.

Mit den besten Grüßen

Swen Schulz, MdB