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Frage von Mark F. •

Frage an Swen Schulz von Mark F. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Schulz,

gestern sah ich auf mein Konto und musste mit Erschrecken feststellen, dass meine Krankenkasse mir 77,90€ abgebucht hat. Ich bin Student!
Also machte ich mich auf die Suche und stieß darauf, dass auf Grund der Bafögerhöhung im Oktober 2010 die Krankenkassenbeiträge zunächst im Januar und nun im April angehoben werden bzw. angehoben worden sind.

Dazu ein Link bzgl. der Bafögerhöhung:
http://www.bafoeg-aktuell.de/News/2010/10/15/bafoeg-erhoehung-nun-endlich-beschlossene-sache/

Zitat:
"BAföG Erhöhung

Der BAföG Bedarf für Schüler und Studenten steig um zwei Prozent, was eine durchschnittliche BAföG Erhöhung von 13 Euro ergibt. Der BAföG Höchstsatz steigt damit von bisher 648 Euro auf 670 Euro."

Nun stellt sich mir die Frage: Was hat der Student von der Erhöhung, wenn nun ~14 € mehr Krankenkassenbeiträge auf die Studenten zukommen?
Stimmt: Nichts -wir haben noch weniger als vorher und was kostet das den Steuerzahler? Millionen!
Für mich ist das nur ein hin-und hergeschiebe von Geldern von A nach B über die Konten und Köpfe der Studenten.
Studenten, die gar kein Bafög bekommen zahlen nun auch einfach mehr!

Nun meine Frage: Was soll das denn bitte bezwecken, außer, dass Studenten, die nicht aus einem wohlhabenden Elternhaus kommen noch mehr zur Kasse gebeten werden und andere Bevölkerungsgruppen immer mehr Geld bekommen.

Nehmen wir ein anderes Beispiel eines Studenten, der nebenbei arbeitet:
Wenn er 400€ verdient, darf er ~285€ an die Krankenkasse bezahlen. Also wozu soll er arbeiten gehen? Ach ja stimmt, weil er sich sonst das Studium nicht finanzieren kann, weil man von Bafög schlicht und ergreifend nicht leben kann.
Zeigen sie mir eine Wohnung in Berlin, die man für ~200€ bekommt und damit meine ich keine Studentenbude in der man nie seine Ruhe hat, weil ein ständiges Kommen und Gehen ist!

Es ist schlicht und ergreifend ein Witz!

Mit freundlichen Grüßen
M.Fritze

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Fritze,

vielen Dank für Ihre Frage.

Bitte verzeihen Sie, dass ich aufgrund eines Versehens Ihre Frage erst heute beantworte.

Zunächst möchte ich grundsätzlich erklären, wie sich die Krankenkassenbeiträge von Studierenden ergeben.

Studierende sind von Beginn ihres Studiums verpflichtet, Mitglied in einer Krankenkasse zu sein. Oftmals nutzen die Studierenden zunächst die Möglichkeit, bis zu ihrem 25. Geburtstag über die Familienversicherung krankenversichert zu sein und zahlen dadurch in dieser Zeit keinen eigenen Krankenkassenbeitrag. Nach dem 25. Lebensjahr müssen sie sich selbst pflichtversichern. Bei allen gesetzlichen Krankenkassen gibt es für Studierende einen einheitlichen Beitrag von 64,77 Euro. Dies ist ein Sondertarif.

Um diesen Sondertarif einheitlich für alle zu bestimmen, wird das Bafög als Bemessungsgrundlage genommen, unabhängig vom tatsächlichen Einkommen des Studierenden. Damit wird ein für die Lebensverhältnisse von Studierenden bezahlbares Angebot gewährleistet. Auch der Beitragssatz ist für alle gleich. Dieser ergibt sich aus sieben Zehnteln des Beitragssatzes aller gesetzlichen Krankenkassen.
Dieser Tarif hat Vorteile gegenüber dem regulären Krankenkassenbeitrag. Für jede Bevorteilung bedarf es aber auch stets Regeln, bis wann dieser Vorteil gelten kann, so dass andere nicht benachteiligt werden.

Deshalb gibt es diese studentische Krankenversicherung nur bis zum Ende des 14. Fachsemesters oder bis zum 30. Lebensjahr des Studenten. In Einzelfällen ist auch eine Verlängerung der studentischen Krankenversicherung möglich. Dafür bedarf es aber triftige familiäre oder persönliche Gründe. Sollte keine Verlängerung möglich sein, kann man eine freiwillige Krankenversicherung abschließen. Die Beiträge beginnen dort in der Regel bei 110 Euro und unterscheiden sich je nach Krankenkasse.

Die Erhöhung der studentischen Krankenkassenbeiträge in diesem Jahr hatte zwei Gründe:

- Zum einen wirkte sich auch bei der studentischen Krankenversicherung die durch das Bundesgesundheitsministerium eingesetzte allgemeine Erhöhung des Beitragssatzes für die gesetzliche Krankenversicherung von 14,9 auf 15,5% zum 1. Januar 2011 aus.

- Zum anderen hat die Bundesregierung mit dem 23. BAföG-Änderungsgesetz im vergangenen Jahr die Bedarfssätze und damit die Bemessungsgrundlage leicht erhöht. Und der bisher in das BAföG nicht einberechnete Zuschlag für Mietkosten wurde in eine allgemeine Wohnpauschale umgewandelt. Diese Wohnpauschale wird nun ebenso für die Berechnungsgrundlage der studentischen Krankenversicherung herangezogen.

Durch die Pauschalisierung des Wohnzuschlags ist die Bemessungsgröße für die studentische Krankenversicherung von 512 Euro (vorheriges BAföG mit 146 Euro Wohnpauschale, ohne Mietzuschlag) auf 597 Euro (neues BAföG mit 224 Euro Mietpauschale) angestiegen.
Zwar wurden im Rahmen der 23. BAföG-Novelle auch die Kranken- und Pflegeversicherungszuschläge auf 62 Euro und 11 Euro angehoben. Bei dieser Anhebung wurden aber nicht die tatsächlich zu zahlenden Beiträge von 64,77 Euro bzw. 13,13 Euro berücksichtigt, sondern es ergibt sich eine Differenz von 4,90 Euro.

Dieses haben wir als SPD im parlamentarischen Beratungsverfahren auch kritisiert. Zudem haben wir kritisiert, dass die zusätzliche Belastung durch eventuelle Zusatzbeiträge der Krankenkassen bei der Festlegung der Krankenkassen- und Pflegeversicherungszuschläge auch außen vor blieb. Hier plädieren wir für eine Änderung im Gesetz, die eine flexible Anpassung an Kostenveränderungen ermöglichen würde.

Im Zusammenhang mit der Einführung einer Pauschalierung des Wohnbedarfs hatten wir uns für eine Erhöhung des Betrages auf 266 Euro ausgesprochen, orientiert an den Ergebnissen der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes. Darüber hinaus wäre meines Erachtens darüber nachzudenken, ob Wohnzuschläge sich nicht auch an den unterschiedlichen Mietspiegeln im Bundesgebiet orientieren sollten, um eine regionale Ausgewogenheit zu schaffen. Wie Sie selbst bemerken, sind mit der Wohnpauschale die Kosten für Mietraum hier in Berlin nicht gedeckt. In anderen Städten liegen die Mieten noch weitaus höher. Allerdings möchte ich hier auch anmerken, dass das BAföG nicht das Existenzminimum eines Studierenden sichern kann. Durch das BAföG erhalten junge Menschen öffentliche Hilfe bei der Finanzierung des Studiums oder der Ausbildung. BAföG ist ein Beitrag zum Lebensunterhalt.

Nichtsdestotrotz spreche ich mich für eine sinnvolle Kopplung der Bedarfssätze, Einkommensfreibeträge und Kinderzuschläge mit anderen Indikatoren wie beispielsweise die allgemeine Preisentwicklung aus, um eine zeitnahe und kontinuierliche Anpassung zu gewährleisten.

Ihre Äußerung, dass ein Student bei einem Job mit einem Einkommen von 400 Euro im Monat sozusagen automatisch 285 Euro an die Krankenkasse zahlen muss, ist so nicht korrekt und für mich absolut nicht nachvollziehbar. Ein BAföG-Empfänger kann in der Regel nebenbei durchaus einen Minijob mit einem Verdienst von 400 Euro nachgehen, ohne dass dies Auswirkungen hätte auf die BAföG-Zahlungen oder die Höhe der Krankenkassenbeiträge. Ich weiß nicht, wie Sie sich die von Ihnen genannten Beträge errechnet haben. Gerne lasse ich mir von Ihnen persönlich diesen ganz speziellen Fall schildern.

Sie erreichen mich direkt unter

Swen Schulz, MdB
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
oder per E-Mail unter
swen.schulz@bundestag.de

Einen Termin für meine Bürgersprechstunde können Sie unter 030 / 36 75 70 90 vereinbaren.

Mit den besten Grüßen

Swen Schulz, MdB