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Sven-Christian Kindler
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Frage von Christopher N. •

Betreff: CanG+Stvo Wieso wird so wenig auf die Expertenkommission seitens gerechteren Regelungen im Strassenverkehr gehört? Wieso herrscht immer noch so eine ungleiche Bewertung von Alkohol und THC?

Sehr geehrter Herr Kindler,

mittlerweile dürfte doch jedem bekannt geworden sein das sich Alkohol und THC anders im Körper abbauen.

Ich bin der Meinung das 1,6 Promille als oberster Alkohol Grenzwert zu viel sind, auch auf dem Fahrrad. 3,5 ng THC im Blutserum wiederum zu gering.

Wieso wird da nicht auf andere Länder in der Welt geschaut wie die es schon Handhaben?

Wieso werden keine Speicheltests verpflichtend eingeführt? Ich kann meinen Führerschein verlieren obwohl mein Konsum Tage her ist. Das kann doch auch nicht im Sinne der Wirtschaft sein?

MfG

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Sehr geehrter Herr N.,

wer berauscht ist, sollte nicht Auto fahren, egal ob durch Alkohol, THC oder andere Substanzen. Gleichzeitig lehne ich es ab, den Entzug des Führerscheins quasi als Ersatzstrafrecht zu verwenden, so wie es viele Cannabis-Konsument*innen und zum Teil auch Patient*innen bisher erlebt haben. Vom Entzug des Führerscheins sind bisher auch Menschen bedroht, die Cannabis für den Eigengebrauch im Auto mit sich führen, ohne konsumiert zu haben. Das muss sich ändern! Mit dem CanG wurde die Fahrerlaubnis-Verordnung dahingehend geändert, dass der reine Besitz von Cannabis, wenn keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit vorliegt, nicht mehr zum Entzug der Fahrerlaubnis führen kann. Eine rückwirkende Änderung im Sinne einer Amnestie ist im Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Der bisherige Verweis in § 14 Absatz 1 Satz 3 FeV auf Cannabis wird ersatzlos gestrichen. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann damit nicht mehr darauf gestützt werden, dass gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss oder Anzeichen von Cannabismissbrauch kommt es aber weiterhin zur MPU. Patient*innen können mit Nachweisen belegen, dass sie auf die regelmäßige Einnahme von Cannabis angewiesen sind. Auch hier gilt, dass kein Sicherheitsrisiko für andere Verkehrsteilnehmende entstehen darf. Grundsätzlich wurde die Situation mit der Cannabisreform für alle Konsumierenden sachgerecht angepasst.

Zudem hat eine Expertengruppe des Bundesverkehrsministeriums einen Vorschlag für einen THC-Grenzwert vorgelegt. Die Empfehlung der Expertengruppe, den Grenzwert für Cannabis auf 3,5 ng zu erhöhen und ein neues Testverfahren zu etablieren, begrüße ich sehr. Mit 3,5 ng/ml THC im Blutserum ist nach Angaben der Expertengruppe davon auszugehen, dass sich ein Unfallrisiko ergibt wie bei etwa 0,2 Promille Alkohol. Das ist ein sehr strenger Wert. In der Risikobewertung liegt er unterhalb der Grenze, die bei Alkohol für Fahranfänger*innen und junge Fahrende gilt. Die Expert*innen und der Gesetzgeber haben bewusst das Prinzip "Safety first" angewendet. Das ist eine Frage der Sicherheit und auch sinnvoll, um einer politischen Skandalisierung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Inzwischen wurden die Empfehlungen im Bundestag zügig umgesetzt, um anlasslose MPUs und eine Kriminalisierung durch die Hintertür zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Sven-Christian Kindler

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