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Stefan Schmidt
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Frage von Dieter V. •

Frage an Stefan Schmidt von Dieter V. bezüglich Verteidigung

Sehr geehrter Herr Schmidt,

warum verstossen Sie mit Ihrer Zustimmung zum Afghanistan-einsatz der deutschen Soldaten gegen den Auftrag des Grundgesetzes, dass die Bundeswehr nur zur Verteidigung beruft? (Ggf wäre eine Ausnahme, wenn der Einsatz im Rahmen einer UNO-Mission erfolgt - dies ist aber nicht der Fall).
Die Lehre des zweiten Weltkriegs war, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf.
Wieso haben Sie sich von der früheren Linie der Grünen abgewandt, die konsequent gegen JEDEN Einsatz deutscher Soldaten im Ausland war?
Mit freundlichen Grüssen
D. V.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Vogelmann,

vielen Dank für Ihr Interesse an der schwierigen Lage in Afghanistan.
Der NATO-geführte RSM-Einsatz wurde erstmals am 18. Dezember 2014 vom Deutschen Bundestag gebilligt und knüpft an den 13 Jahre dauernden Einsatz der International Security Assistance Force (ISAF) an. Auftrag ist es, die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte durch Ausbildung, Beratung und Unterstützung („Train, Advice and Assist“) dazu zu bringen, ihrer Sicherheitsverantwortung selbst nachzukommen. Im Gegensatz zu ISAF handelt es sich damit um keinen Kampfeinsatz.
Die Abgeordneten der Grünen im Bundestag haben der Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan mehrheitlich nicht zugestimmt. Wir sehen den Afghanistan-Einsatz, so wie er in den Jahren vollzogen wurde, insgesamt kritisch und vermissen sowohl eine Zukunfts- als auch Abzugsperspektive.
Auslandseinsatz in Afghanistan verlängert: Grüne im Bundestag (gruene-bundestag.de) Ich habe am 25. März dieses Jahres aus folgenden Gründen dennoch für eine Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan gestimmt:
Die Friedensverhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban brauchen mehr Zeit, denn unter der Trump-Administration wurden sowohl die afghanische Regierung, als auch Frauen und marginalisierte Gruppen von jeglichen Verhandlungen der USA mit den Taliban ausgeschlossen und ihnen ein Truppenabzug ohne Gegenleistung bis Ende April 2021 in Aussicht gestellt. Nach dem Regierungs- und Perspektivwechsel sieht die USA die Abzugsbedingungen nicht erfüllt und hat Konsultationen mit der afghanischen Regierung und den NATO-Partnern begonnen. Die beiden afghanischen Seiten sind erst seit vergangenem September gleichberechtigt an den Gesprächen in Doha beteiligt.
Für eine Befriedung des Landes braucht es weit mehr als eine Rückzugsstrategie, um den Taliban nicht über ein hinterlassenes Machtvakuum den Weg zur Herrschaftsübernahme zu ebnen. Die afghanische Zivilgesellschaft fürchtet bei übereiltem Truppenabzug einen Rückfall des Landes in eine kompromisslose islamistische Herrschaft der Taliban. Ebenso gilt es, die erarbeiteten Errungenschaften in Afghanistan nicht zu gefährden. Eine Verschiebung des Abzugs dient der Stabilität des Landes und der gemeinsamen Verantwortung für die Menschen in Afghanistan.
Den Militäreinsatz jedoch ohne weiteres für beendet zu erklären, löst meiner Meinung nach weniger Probleme, als neue zu verursachen.
Ich kann Ihnen also versichern, bei der Abstimmung nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Schmidt, MdB

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