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Sebastian Czaja
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Frage von Hanno B. •

Moin, ich würde gerne wissen, wie Sie zu dem Umgang mit nicht gegen Corona geimpften Bürgern stehen.

Vermehrt wird über 2G gesprochen, wie stehen Sie dazu?
Wie bitte sehen die Voraussetzungen zur Aufhebung der "pandemischen Notlage nationaler Tragweite" aus?
Wann bekommen alle Bürger ihre Rechte zurück?

Beste Grüße
Hanno Barwinski

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte.

Was Ihre erste Frage betrifft, bin ich, sind wir Freien Demokraten der Meinung, dass auch noch nicht oder dauerhaft Nicht-Geimpften die Möglichkeit haben müssen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Dass dies gegebenenfalls unter Auflagen wie beispielweise der Vorlage eines negativen Tests geschieht, ist selbstverständlich, aber es muss möglich sein. Schließlich gibt es Millionen Menschen, die sich gar nicht impfen lassen können.

Die sogenannte 2G-Regel für Genesene und Geimpfte sehen wir Freien Demokraten aus rechtlichen Gründen äußerst kritisch. Denn damit verbunden ist im Prinzip eine indirekte Impfpflicht und diese lehnen wir ab. Stattdessen fordern wir eine veränderte Corona-Politik: Weg von pauschalen Maßnahmen und Eingriffen in die Bürgerrechte für alle, hin zur Stärkung der individuellen Verantwortung auch für die eigene Gesundheit.

Ich will an dieser Stelle auch noch einmal einen grundsätzlichen Blick auf die Thematik werfen: In der aktuellen Diskussionen wird gerne vergessen, was die eigentliche Aufgabe des Verfassungsstaates ist: es ist nicht, die nächste Stufe der Einschränkung zu zünden, sondern schnellstmöglich in einen grundrechtlichen Normalzustand zurückzukehren. Man kann es nicht oft genug betonen: die Verfassung hat auch und gerade in Zeiten einer Pandemie zu gelten. Insofern müssen die staatlichen Verantwortungsträger alles, was notwendig und geboten ist, dafür tun, den Ausnahmezustand so bald wie möglich zu beenden.

Im Bundestag wurde die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ um weitere drei Monate verlängert. Die Freien Demokraten kritisieren diese Entscheidung, denn die epidemische Lage ist nicht mehr das passende Mittel. Denn der Fortschritt beim Impfen und die Veränderung der Pandemie machen es möglich, dass die Regierung ihre Sonderbefugnisse an den Deutschen Bundestag zurückgeben kann. Die Freien Demokraten haben dem Parlament dazu einen Antrag vorgelegt, der den Weg zurück in die Normalität des Verhältnisses zwischen Parlament und Regierung beschreibt und zugleich Planungs- und Rechtssicherheit garantiert. Gleichzeitig fordern wir von der Bundesregierung eine politische Garantie, dass es nicht zu neuen pauschalen Freiheitseinschränkungen kommt. Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass im Herbst ein neuer Lockdown verhindert wird.

Denn war es nicht auch das große Versprechen dieser Bundesregierung, im Herbst sämtliche Freiheiten auch für Ungeimpfte wiederherzustellen, wenn jede und jeder die faire Möglichkeit hatte, sich über eine Impfung immunisieren zu lassen? Damit würde sich die gesamte Debatte über Ausgrenzung, Egoismus und Unsolidarität erübrigen. Dänemark ist diesen Weg sogar schon gegangen, nachdem jede und jeder über 50 sich impfen lassen konnte. Das „Impfbuch für alle“, das das Robert Koch-Institut im Juni dieses Jahres veröffentlicht hatte, sprach ebenfalls davon, dass ab Herbst dann alle Ungeimpften einzig das persönliche, selbst gewählte Risiko zu tragen hätten, an dem Virus zu erkranken und zu sterben. Dies kannte man vor Corona noch als das „allgemeine Lebensrisiko“. Warum gilt heute nicht mehr, was vor wenigen Wochen noch versprochen wurde? Und warum setzt die Bundesregierung stattdessen auf das Element der moralischen Spaltung?

Der mentale Schaden, den die Bundesregierung anrichtet, ist jedenfalls enorm. Denn es werden nicht nur die Corona-Ziele immer wieder ins Unerreichbare geschoben und damit ein Dauer-Frustrationszustand geschaffen. Es wird auch mit einer Mischung aus Angstmache, Drohung und Ausgrenzung ein toxisches gesellschaftliches Klima befördert. Schuldige werden an den Pranger gestellt, vom saarländischen Ministerpräsidenten als Egoisten bezeichnet, und können so mit entsprechender moralischer Rückendeckung des Staates unfair behandelt werden. Dass dieses unfreie Klima die Pandemie übersteht, ist sehr wahrscheinlich. Wir werden noch lange an der Verhärtung der gesellschaftlichen Fronten zu tragen haben. Dabei wäre die Lösung recht einfach. Die Bundesregierung könnte sich offen dazu bekennen, die Impfpflicht einführen zu wollen. Darüber könnte man wenigstens streitig diskutieren. Das passiv-aggressive Vorgehen, das sie jetzt mit ihren Verbrämungsversuchen an den Tag legt, macht viel mehr kaputt als ein harter demokratischer Streit über eine falsche Maßnahme.

In der Hoffnung, Ihre Anfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Sebastian Czaja