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Ralf Stegner
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Frage von Franziska H. •

Hat sich das EU-Parlament oder die Bundesregierung kritisch mit dem Ausreiseverbot von Männern zwischen 18 und 60 Jahren innerhalb der Ukraine mit der ukrainischen Regierung auseinandergesetzt?

Mir ist es im Moment ein großes Anliegen, ein Sprachrohr an die Politik zu
finden, denn ich halte es nicht für demokratisch, dass Männer im Alter von 18-60 Jahren,
nicht aus der Ukraine ausreisen dürfen.
Dies bezeichne ich als Geiselhaft.

Ich solidarisiere mich absolut mit der Ukraine, aber das Verbot des Verlassens des Landes fügt sich
nicht der demokratischen Ordnung, so wie ich sie verstehe.

Der Bruder einer meiner besten Freundinnen, der 18 Jahre alt ist, darf nicht
ausreisen. Gestern ist er mit seiner Oma von Kiew in die Westukraine geflohen. Er befindet sich mittlerweile in einen besorgniserregenden psychischen Zustand.
Die meisten Menschen, die jetzt nicht kämpfen, werden es auch weiterhin nicht tun.
Diese werden, sofern sie verletzt werden, anderen Kriegsbeschädigten oder Kranken die Kapazitäten im Bereich der medizinischen Versorgung wegnehmen.

Auch wenn es wenig Erfolgsaussichten gibt, sollte dringlichst versucht werden, dies an die ukrainische Regierung zu appellieren.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau H.,

haben Sie vielen Dank für die Darstellung Ihrer persönlichen Einschätzung zur derzeitigen Situation in der Ukraine. Auch mich bestürzt Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sehr und ich spreche mich für vollste Solidarität und Unterstützung der Menschen aus, die unter diesem Krieg leiden.

Nach meinen aktuellen Informationen ist Ihre Beschreibung zutreffend, dass ukrainische Männer im wehrfähigen Alter momentan nicht ausreisen dürfen und dazu verpflichtet sind, ihr Land militärisch zu verteidigen.

Dabei gibt es, wie in Ihrem Fall, Männer in der Ukraine, die stark unter dieser Verpflichtung leiden und das ist erschütternd. Gleichzeitig gilt das meiner Einschätzung nach auch für Männer in Russland, die diesen Krieg ebenfalls nicht gewollt haben. Der Ukraine-Krieg ist in erster Linie Putins Krieg mit schwerwiegenden Folgen für alle involvierten Menschen.

Dabei müssen wir jedoch anerkennen, dass sich die Ukraine nun auch militärisch verteidigt. Sie ist ein souveränes Land und verfügt über eigene Regeln und Gesetze. Im Falle eines Krieges zählt dazu für Männer im wehrfähigen Alter die Verpflichtung, das Land militärisch zu verteidigen. Das kann man durchaus kritisieren und ich stimme Ihnen insofern zu, als dass wir auch hierzu mit der ukrainischen Regierung weiter im Gespräch bleiben sollten. Dennoch möchte ich nochmal betonen, dass das Problem in erster Linie von Russland ausgeht und nicht von der Ukraine.

Was dagegen die Rechtslage in Deutschland betrifft, so spreche ich mich persönlich in Anlehnung an Artikel 16a der Genfer Flüchtlingskonvention dafür aus, dass Menschen Schutz zu gewährleisten ist, wenn ihr Leben bedroht ist und dabei sollte die Pflicht zur Verteidigung keinen Hinderungsgrund darstellen. Auch ukrainischen Männern im wehrfähigen Alter sollte gleichsam das Recht auf die Einreise und auch ein faires Asylverfahren in Deutschland zukommen.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Stegner

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