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Petra Nicolaisen
CDU
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Frage von Said R. •

Setzen Sie sich dafür ein, dass wir hier lebende Afghan:innen unsere Familienangehörigen (Eltern & Geschwister) im geplanten Aufnahmeprogramm anmelden können? Unterstützen Sie das?

Sehr geehrte Frau Nicolaisen,

die Lage in Afghanistan verschlechtert sich der Taliban-Machtergreifung. Ich mache mir Sorgen um meine Angehörigen (Eltern und 2 Geschwister), da ich 2011 Konsulat-Mitarbeiter war.
Die Ortskräfte und deren Familien werden aus Afghanistan aufgenommen, die ab 2013 mit den Deutschen Einrichtungen gearbeitet haben. Dadurch ist meine Familienangehörige durch das Raster gefallen. Sie sind seit Taliban-Herrschaft zuhause versteckt.

Jetzt soll ein neues Aufnahmeprogramm für Afghanistan beschlossen werden. Würden Sie sich für ein großzügiges Programm einsetzen, damit ich die Chance habe, meine Familienangehörige nach Deutschland zu holen.

Mit freundlichen Grüßen
Said R.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr R.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

Für die Situation Ihrer Familienangehörigen in Afghanistan habe ich angesichts der dramatischen Umstände, die vor Ort herrschen, vollstes Verständnis.

Im Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), Bündnis 90 / Die Grünen und der Freien Demokratischen Partei (FDP) haben die vertretenen Parteien unter anderem vereinbart:

Wir werden ein humanitäres Aufnahmeprogramm des Bundes in Anlehnung an die bisher im Zuge des Syrien-Krieges durchgeführten Programme verstetigen und diese jetzt für Afghanistan nutzen.“ (Seite 113) und „Deutschland wird sein Engagement für die Menschen in Afghanistan fortsetzen. […] Insbesondere werden wir uns für Frauen- und Mädchenrechte sowie für den Schutz und die Aufnahme derer einsetzen, die durch eine frühere Zusammenarbeit mit uns gefährdet sind.“ (Seite 123).

Die aktuelle Bundesregierung arbeitet nach eigenen Angaben bereits an einem solchen Aufnahmeprogramm für schutzbedürftige afghanische Staatsangehörige.

Allerdings dauern – nach meinem Kenntnisstand – Austausch und Verhandlungen zwischen den zuständigen Ressorts bereits mehrere Monate an.

Aus meiner Sicht müssen die Verhandlungen spätestens im Februar 2022 regierungsintern aufgenommen worden sein, da der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Herr Johann Saathoff, am 16. Februar 2022 auf eine mündliche Frage der Abgeordneten, Frau Clara Bünger, schriftlich antwortete:

„Bislang liegen dem Bundesministerium des Innern und für Heimat entsprechende Einvernehmensbitten nach § 23 Absatz 1 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes für unterschiedliche Landesaufnahmeprogramme Afghanistan der Länder Berlin, Bremen und Thüringen vor. Die Einvernehmensbitten werden vor dem Hintergrund der angelaufenen Abstimmungen zu den Optionen für ein Bundesaufnahmeprogramm und der auf europäischer Ebene geführten Gespräche geprüft.“ [eigene Hervorhebung, nicht im Original]

Quelle: https://dserver.bundestag.de/btp/20/20016.pdf#page=66 (Seite 1906, Frage 51, Plenarprotokoll 20/16), unter anderem auch aufgegriffen von Zeit Online per dpa Meldung am 17. Februar 2022: https://www.zeit.de/news/2022-02/17/linke-faeser-soll-aufnahmeprogramme-fuer-afghanen-erlauben).

Zuletzt antwortete die Bundesregierung am 16. September 2022 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (Bundestags-Drucksache 20/3430):

„Die Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung und mit weiteren beteiligten Akteuren zur Ausgestaltung und Umsetzung eines Bundesaufnahmeprogramms sind noch nicht abgeschlossen. Um eine Vorwirkung auf die Beratungsprozesse zu vermeiden, können derzeit noch keine konkreten Angaben zur Zielgruppe und den Aufnahmekriterien gemacht werden.“

Quelle: https://dserver.bundestag.de/btd/20/034/2003430.pdf#page=36 (Seite 35, Antwort auf Frage 43)

Dass die Bundesregierung auch noch nach etwa 7 Monaten nach wie vor kein Bundesaufnahmeprogramm vereinbart hat oder zumindest vereinbarte Eckpunkte vorgelegt hat, ist mehr als kritikwürdig.

Es sind also weiterhin keine Einzelheiten zu einem möglichen Bundesaufnahmeprogramm bekannt. Zudem liegen derzeit auch keine Informationen zu einer möglichen Änderung des bisherigen Ortskräfteverfahrens und damit auch nicht zu betroffenen ehemaligen Ortskräften, die vor 2013 in einem entsprechenden Arbeitsverhältnis gestanden haben, vor, sodass ich auch hierzu keine Aussage treffen kann. 

Dahingehende Änderungen liegen in der Verantwortung der Bundesregierung.

Sehr geehrter Herr R., bitte haben Sie Verständnis, dass ich vor dem Hintergrund, dass mir weder die Ausgestaltung des diskutierten Bundesaufnahmeprogrammes noch eine Änderung des bisherigen Ortskräfteverfahrens bekannt sind, nicht beurteilen kann, ob und inwieweit die einzelnen Punkte (inhaltlich wie organisatorisch) eines möglicherweise kommenden Programmes unterstützenswert sind, zumal ich als Vertreterin einer Oppositionsfraktion keine Möglichkeit habe, auf die regierungsinternen Beratungen Einfluss zu nehmen oder unterstützend auf diese einzuwirken. Seien Sie jedoch versichert, dass wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion den weiteren Verlauf der Beratungen kritisch, aber auch konstruktiv begleiten werden.

Darüber hinaus und abschließend möchte ich Sie auch darauf hinweisen, dass es hilfreich sein könnte, dieses Anliegen an die entsprechenden Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen zu richten, um dadurch insbesondere den bisherigen Zeitverzug bei den Beratungen zu thematisieren und so durch öffentlichen Druck zu einem beschleunigten Abschluss der Beratungen beitragen zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Nicolaisen

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