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Patricia Lips
CDU
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Frage von Detlef B. •

Frage an Patricia Lips von Detlef B. bezüglich Menschenrechte

Wie begründen Sie ihr Abstimmungsverhalten am 18.11.2020 zum 3.Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischenLage von nationaler Tragweite?
Derzeit wird im deutschen Bundestag - von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt - im Eilverfahren ein erst am 3. November 2020 von den Regierungsparteien CDU/CSU und SPD eingebrachter Gesetzentwurf mit dem harmlos klingenden Titel: “Drittes Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite” diskutiert. Dieses Gesetz soll noch im November 2020 beschlossen werden.

Dieses Gesetz kommt, falls es so, wie eingebracht verabschiedet werden sollte, einem Ermächtigungsgesetz gleich, das der Bundesregierung freie Hand dabei gibt, die Grundrechte der Bürger umfassend und nachhaltig zu beschneiden.

Es ist in dem Gesetzentwurf nicht sichergestellt, dass angebliche Pandemielagen von “nationaler Tragweite” nicht zur dauerhaften Aushöhlung der Grundrechte der Bürger missbraucht werden können.

Besonders bedenklich ist, dass Bundestag und Landesparlamente keine weitere Mitsprachemöglichkeiten mehr zu Art und Dauer von Maßnahmen bleiben werden, sobald der Bundestag das Gesetz verabschiedet haben wird.

Aus diesem Grund ist es unabdingbar wichtig, dass Sie sehr geehrte Frau Lips auch wenn sie keinen Amtseid leisten müssen - sich verpflichtet sehen sollten, ihre Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, seinen Nutzen zu mehren, Schaden von ihm abzuwenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes zu wahren und zu verteidigen, und ihre Pflichten gewissenhaft zu erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben.

Aus dieser Verpflichtung heraus sollten sich die Abgeordneten klar gerufen sehen, dem Gesetz in dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung zu verweigern und umfassende Änderungen einzufordern.

Auch als engagierter Christ sehe ich die religiöse Freiheit gefährdet,

sehr geehrte Frau Lips, bitte begründen Sie gut ihre Gewissensentscheidung.

Mit freundlichen Grüssen D.Baumann-Sch

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr B.,

danke für Ihre Mail.

In dieser Woche haben der Deutsche Bundestag und der Bundesrat das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (3. Bevölkerungsschutzgesetz) verabschiedet. Mir ist bewusst, dass dieses Gesetz in den letzten Tagen zu vielen Diskussionen geführt hat. Teilweise wurde die Sorge geäußert, dass wir die Grundrechte abschaffen würden. Hier deshalb die wichtigsten Informationen zu diesem Gesetz:

Zunächst einmal ist das 3. Bevölkerungsschutzgesetz bereits die dritte Änderung des aus dem Jahr 2000 stammenden Infektionsschutzgesetzes seit Beginn der Corona-Pandemie. Der Verlauf der Pandemie in den vergangenen Wochen hat gezeigt, dass wir weitere Lösungen brauchen, die vor allem klare Regeln aufstellen.

Ganz entschieden möchte ich zunächst der Annahme entgegentreten, dass das Gesetz „durchgewunken“ worden sei. Es wurde seit der Einbringung in den Deutschen Bundestag vielmehr ordentlich und dem Gesetzgebungsverfahren entsprechend beraten. In der vergangenen Woche gab es dazu eine öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss sowie eine Beratung im Haushaltsausschuss, zu welcher alle im Bundestag vertretenen Fraktionen Experten einladen und befragen konnten. Das Protokoll der Anhörung ist im Übrigen öffentlich einsehbar und steht auf der Homepage des Bundestages zur Verfügung. Die Argumente der Experten haben wir Abgeordnete bewertet und auch in weiten Teilen berücksichtigt.

Nachfolgend möchte ich wesentliche Änderungen kurz darlegen:

Pandemielage/gesetzliche Klarstellung:

In § 5 Infektionsschutzgesetz werden die Kriterien formuliert, unter welchen der Bundestag überhaupt eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellen kann. Bisher waren dazu noch keine Kriterien formuliert.

Voraussetzungen sind:

- dass die Weltgesundheitsorganisation eine solche Notlage ausruft und die Einschleppung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit nach Deutschland droht,
oder,
- wenn sich eine bedrohliche übertragbare Krankheit in Deutschland dynamisch auszubreiten droht oder ausbreitet.
Diese Voraussetzungen waren bei der Feststellung der epidemischen Lage am 25. März 2020 zwar bereits der Fall, aber nun gibt es auch für die Zukunft eine gesetzliche Grundlage.

Die Maßnahmen des Bundes treten dabei mit der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag außer Kraft, ansonsten spätestens mit Ablauf des 31. März 2021. Damit wird an dieser Stelle erstmals eine Befristung eingefügt.

Einfügen eines neuen § 28a Infektionsschutzgesetz

Es wird ein neuer § 28a Infektionsschutzgesetz eingefügt, der sich insgesamt mit der Sars-CoV-2 Pandemie befasst und der im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht.

1. Das Gesetz bestimmt spezifische und konkrete staatliche Maßnahmen zum Schutz vor einer Ausbreitung des Virus, die während der Corona-Krise zur Anwendung gebracht werden können. Wir beschließen damit einen Instrumentenkasten für die Exekutive, ohne jedoch im Detail vorzuschreiben, welche Maßnahme wo genau die richtige ist. Denn dazu ist das Infektionsgeschehen zu unterschiedlich, dazu sind die Bedingungen zur Bekämpfung in Millionenstädten, in mittleren Städten, im ländlichen Raum zu verschieden. Wir geben damit aber erstmals einen klaren und rechtssicheren Rahmen für das zentrale Mittel der Pandemiebekämpfung.

2. Das Gesetz sieht für besonders grundrechtssensible Verbote wie etwa Versammlungen, Gottesdienste oder Besuche in Senioren- und Pflegeheimen sogar klare Grenzen vor. Solche Verbote dürfen nur erlassen werden, wenn eine wirksame Eindämmung der Coronavirus-Infektionen trotz aller anderen Schutzmaßnahmen erheblich gefährdet wäre. Diese Passage erhält vor allem die Möglichkeit aufrecht – auf Basis von Hygieneregeln – Demonstrationen wie am Mittwoch auch weiterhin zu ermöglichen. In Seniorenheimen und Krankenhäusern muss zudem ein Mindestmaß an sozialen Kontakten gewährleistet bleiben.

3. Schließlich ist bei den zu treffenden Schutzmaßnahmen durch die Bundesländer entscheidend, wie intensiv sich die Pandemie an einem Ort ausbreitet. Orientierung bieten dabei die sog. „Inzidenzwerte“.

4. Um die zur Bewältigung der Pandemie getroffenen Schutzmaßnahmen so weit wie möglich zu begrenzen und auch transparent zu machen, sind Rechtsverordnungen der Länder zukünftig grundsätzlich zu begründen. Sie sind ab jetzt zudem generell auf vier Wochen befristet und müssen, wenn sie verlängert werden sollten, erneut begründet werden.

Weitere Teile des Gesetzes:

Impfungen
Im Gegensatz zu einigen Falschbehauptungen ist im Gesetz explizit keine Impfpflicht mit einem möglichen Impfstoff gegen Sars-CoV-2 vorgesehen.
Vielmehr schaffen wir die Grundlagen, um freiwillige Impfungen organisatorisch überhaupt durchführen zu können. Auch nehmen wir eine Regelung auf, durch welche jeder einen Anspruch auf Schutzimpfungen gegen das Coronavirus haben wird – sofern gewünscht.

FFP-2-Schutzmasken
In bestimmten Fällen haben Bürgerinnen und Bürger nun künftig auch einen Anspruch auf FFP-2-Schutzmasken. Ziel soll dabei sein, das Ansteckungsrisiko für Personen zu vermindern, für die ein besonders hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf mit SARS-CoV-2 besteht. Hier ist eine Rechtsverordnung vorgesehen, in welcher unter anderem festgelegt werden soll, welche besonders gefährdeten Risikogruppen einen solchen Anspruch haben werden.

Abschließend:
Ermächtigungen und Grundrechte
Bedauerlicherweise kursieren insbesondere in den sozialen Netzwerken viele Falschinformationen zum 3. Bevölkerungsschutzgesetz.
Zwar wird es in der juristischen Fachsprache als „Ermächtigung“ bezeichnet, wenn ein Parlament einer Regierung den Erlass einer Rechtsverordnung gestattet. Mit einer Ermächtigung im Sinne einer dauerhaften Übertragung von Befugnissen an eine Regierung hat dies aber nichts zu tun. Eine Ermächtigung, die wie hier in einem Gesetz den Erlass von Rechtsverordnungen gestattet, kann jederzeit vom Parlament wieder abgeändert oder gänzlich rückgängig gemacht werden. Genauso ist und bleibt es mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz. Zudem hat der Deutsche Bundestag wie auch schon bisher jederzeit das Recht und die Möglichkeit, ein Ende der Schutzmaßnahmen zu beschließen und die erteilten Befugnisse an sich zu ziehen.
Richtig ist zudem: Grundrechte sind nicht unbeschränkt gewährleistet, sie enden dort, wo die Grundrechte anderer beginnen, und müssen in einen sorgsamen Ausgleich gebracht werden. Das ist schon immer so, bestimmt sogar weite Teile unseres Lebens wie selbstverständlich, kommt aber in der aktuellen Krise besonders deutlich zum Tragen. An diesen Grundsätzen ändert sich auch mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz nichts.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen habe und zumindest einige Bedenken auflösen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Patricia Lips

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