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Patricia Lips
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Frage von Melanie G. •

Frage an Patricia Lips von Melanie G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Lips,

am 28.02.2013 wurden über die Anträge von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag "Keine Privatisierung der Wasserversorgung" und der Fraktion Die Linke "Wasser als Menschenrecht" abgestimmt.

Die CDU/CSU und die FPD Bundestagsfraktionen stimmten mehrheitlich mit NEIN. Auch Sie haben die beiden Anträge abgelehnt.

Wie erklären Sie dem Bürger Ihr Abstimmungsverhalten, zumal die CDU auf ihrem 25. Parteitag vom 3. bis 5. Dezember 2012 in Hannover, folgenden Beschluss gefasst hat, in dem es heißt:

„Dienstleistungskonzessionen berühren viele Leistungen der Daseinsvorsorge. Dies betrifft z. B. Wasserver- und -entsorgung, Rettungs- und Gesundheits- dienstleistungen und soziale Dienstleistungen. Diese Dienstleistungen werden sowohl aufgrund ihrer Art als auch ihres Umfangs zum großen Teil vor Ort und nicht grenzüberschreitend erbracht. Schon heute ist die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen kein rechtsfreier Raum. Die europäischen Regeln sehen vor, dass die Konzessionsvergaben un- ter Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und der Transparenz zu erfolgen haben. Die im Entwurf vorgeschlagene europaweite Ausschreibungsverpflichtung würde nicht nur zu einer erheblichen Einschränkung der kommunalen Selbstver- waltung und Handlungsspielräume, sondern auch de facto zu einer Liberali- sierung insbesondere der Wasserversorgung in Deutschland durch die Hintertür führen und bewährte, gewachsene Strukturen zerstören. Dies wird die CDU im Interesse der Menschen in Deutschland nicht zulassen“ (www.hannover2012.cdu.de/sites/default/files/media/121205-sonstige-beschluesse.pdf, Beschluss C 86, S. 8, 9

mit freundlichem Gruß,
Melanie Gorka

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Sehr geehrte Frau Gorka,

bevor ich in aller Ausführlichkeit Stellung zu Ihrer Frage nehme, möchte ich vorausschicken, dass sowohl ich persönlich als auch die gesamte CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag sich ausdrücklich gegen jegliche Privatisierungs- oder Ausschreibungspflicht für die öffentliche Wasserversorgung aussprechen.

Nun zu Ihrer Frage: Die von Ihnen angesprochenen Anträge der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke beziehen sich auf die aktuellen Plänen der Europäischen Kommission zur Neuregelung der sogenannten Konzessionsrichtlinie. Diese sehen eine europaweite Ausschreibungspflicht im Falle einer Privatisierung kommunaler Betriebe vor, welche übrigens nicht nur Wasser-, sondern auch Strom- und Energieversorger beinhaltet. Die Pläne der Europäischen Kommission sehen aber ausdrücklich keinen Zwang zur Privatisierung vor, wie dies fälschlicherweise in den Medien oft behauptet wird. Die Anträge der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke mit den vollständigen Titeln „Keine Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür“ und „Wasser ist Menschenrecht- Privatisierung verhindern“ richteten sich somit gegen eine Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung, die de facto weder stattfindet noch durch die EU beabsichtigt ist. Die vorgeschlagene europaweite Ausschreibungsverpflichtung der Europäischen Union kann aber zu einer erheblichen Einschränkung der Handlungsspielräume der kommunalen Selbstverwaltung und zu einer Liberalisierung insbesondere der Wasserversorgung in Deutschland führen. Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat sich daher auch gegenüber der Bundesregierung wiederholt dafür eingesetzt, bei den Verhandlungen auf EU-Ebene dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Konzessionsrichtlinie keine Abstimmungsmehrheit zu verschaffen oder zumindest darauf hinzuwirken, dass der sensible Bereich der Wasserversorgung aus einer solchen Regelung ausgenommen bleibt.

Aufgrund des massiven Drucks hat EU-Kommissar Barnier bereits eine grundlegende Überarbeitung der bisherigen Kommissionspläne zur Wasserversorgung angekündigt. In der Sitzung des Binnenmarktausschusses des Europäischen Parlaments am 21. Februar 2013 erklärt er, dass bei der Entscheidung über die Ausschreibungspflicht bei einem Mehrsparten-Stadtwerk die Wasserversorgung zukünftig getrennt von anderen Sparten (z.B. der Stromversorgung oder der Abfallentsorgung) betrachtet werden kann. Die Wasserversorgung müsste dann nur noch in solchen Fällen ausgeschrieben werden, in denen das kommunale Unternehmen weniger als 80% seiner Wasserdienstleistungen für die Gebietskörperschaft erbringt. Dieses Einlenken der Kommission ist nicht zuletzt Ergebnis der beharrlichen Bemühungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Aus diesen Gründen und aufgrund der Tatsache, dass die Anträge von Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke nicht auf die Kernproblematik der Pläne der Europäischen Union abzielten, waren diese abzulehnen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen mein Abstimmverhalten damit hinreichend erläutern, und verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Patricia Lips

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