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Otto Fricke
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Frage von Andreas L. •

Frage an Otto Fricke von Andreas L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Fricke,

ich habe eine Frage zum Haushalt 2007. Im Einzelplan 12, Kap. 1210 sind 275 Mio. Euro für den Erwerb privat vorfinanzierter BAB-Abschnitte (Titel 823 12) und Bundesstraßenabschnitte (823 22) veranschlagt.
Bei privater Vorfinanzierung kauft der Bund die Bauwerke nach Fertigstellung über einen Zeitraum von 15 Jahren zurück. Die Jahresraten setzen sich aus den Baukosten, den während Bau und Finanzierungszeit anfallenden Zinsen sowie den Gewinn- und Verwaltungskostenzuschlägen zusammen. Wirtschaftlich wird durch die private Vorfinanzierung ein Kredit in Höhe der Baukosten aufgenommen, der durch die Tilgung wieder abgetragen bzw. in reguläre Staatsverschuldung umgewandelt wird. In den Erläuterungen sind bei Gesamtkosten der Projekte in Höhe von etwa 4,3 Mrd. Euro Finanzierungskosten in Höhe von etwa 1,6 Mrd. Euro ausgewiesen. Dies entspricht 36 Prozent. Für das Jahr 2007 bedeutet dies, dass 99 Mio. Euro Zinszahlungen anfallen.
Die Zinsen werden seit Jahren als Investition gezählt und ermöglichen eine Neuverschuldung in entsprechender Höhe. Diese Praxis ist absurd. Nicht nur die Baukosten (wie bei einer Finanzierung aus dem regulären Haushalt) sondern auch die gesamten Kosten der früheren Fertigstellung werden so nicht von denen bezahlt, die von ihr profitieren. Über eine höhere Staatsverschuldung werden sie auf auf zukünftige Generationen verlagert.
Der Bundesrechnungshof hat bereits in seinen Bemerkungen zum Bundeshaushalt 1995 festgestellt, dass die Nicht-Ausweisung der Finanzierungskosten dem Grundsatz der Haushaltsklarheit widerspricht und vorgeschlagen, Baukosten und Finanzierungskosten – einschließlich Gewinn und Verwaltungskosten – in gesonderten Titeln auszuweisen. Die Finanzierungskosten würden dann – wie alle Zinszahlungen – nicht als Investition zählen und dürften nicht über Kredit finanziert werden.
Halten Sie die aktuelle Praxis für generationengerecht und verfassungskonform?

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Sehr geehrter Herr Lompe,

Ihre Frage hat mich dazu veranlasst, entsprechende Nachforschungen anzustellen. Hierzu rechne ich Anfang Januar mit einem Ergebnis, welches ich sodann gerne an dieser Stelle weitergebe.

Ungeachtet dessen kann ich Ihnen mitteilen, dass sich die Gruppe Haushalt der FDP-Bundestagsfraktion mit dem Thema "Investitionsbegriff" schon seit einiger Zeit beschäftigt und dabei eine präzisere und engere Fassung dieses Begriffes anstrebt, da dieser Begriff derzeit nicht mehr als eine "Krücke" ist.

Die in Artikel 115 Grundgesetz vorgesehene Begrenzung der Neuverschuldung auf die Höhe der Investitionen wird der Herausforderung der zunehmend ausufernden Verschuldung des Bundes (derzeitiger Stand bereits weit über 900 Milliarden Euro) aus Sicht der FDP nicht mehr gerecht. In einem Antrag haben wir als FDP-Bundestagsfraktion deshalb gefordert, die Maastrichtkriterien (Neuverschuldung nicht über 3 % des BIP und Gesamtschulden nicht über 60 % des BIP) in das Grundgesetz aufzunehmen.

Auch die sog. "Schweizer Schuldenbremse" muss als Werkzeug diskutiert werden. Sie soll strukturelle Ungleichgewichte in Haushalten verhindern und damit zur Stabilisierung der nominellen Schulden beitragen. Dies erfolgt jedoch unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung. Die „Schuldenbremse“ ist eine Ausgabenregel. Sie schreibt vor, dass die maximale Höhe der Ausgaben in einer Periode die um einen Konjunkturfaktor bereinigten Einnahmen nicht überschreiten darf. Dieser Konjunkturfaktor errechnet sich aus dem Quotienten zwischen dem geschätzten realen Trendwachstum (Trend-BIP) und dem geschätzten realen BIP. Sie ist eine ex-ante Regel, die bei der Haushaltsplanung zur Anwendung kommt.

Dies allerdings sind Maßnahmen, die nur im Verbund mit weiteren Schritten ihre volle Wirkung entfalten werden. Weitere Informationen hierzu können Sie auch auf meiner Homepage unter www.otto-fricke.de nachlesen.

Mit zunächst den besten Wünschen für das Weihnachtsfest

Otto Fricke

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FDP

Wie angekündigt teile ich Ihnen nun auch die Antwort der Bundesregierung auf meine Anfrage zum Thema "Vorfinanzierungskosten" mit.
Diese lautet:

"Nach den Ergebnissen des Bund/Länder-Arbeitsausschusses zu "Private Vorfinanzierung öffentlicher Investitionen" handelt es sich bei den privat vorfinanzierten Straßenbaumaßnahmen um einen "Ratenkauf", der als Investition der "Hauptgruppe 8" sowohl mit den Baukosten als auch den zugehörigen Finanzierungskosten zu veranschlagen ist. Bei der privaten Vorfinanzierung liegt keine Kreditaufnahme vor, da Art. 115 GG aufgrund der rechtsgeschichtlichen Entwicklung zuorderst auf Geldbeschaffung abzielt (Finanzkredit). Eine getrennte Veranschlagung von Baukosten und Finanzierungskosten war auch Gegenstand einer Prüfung des Bundesrechnungshofes zu den privat vorfinanzierten Straßenbaumaßnahmen des Bundes im Jahre 2000. Hierin ist u.a. aufgeführt, dass sowohl das Bundesministerium der Finanzen als auch der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen sowie der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages sich mit der getrennten Veranschlagung des Kapitaldienstes befasst haben und eine getrennte Veranschlagung der Baukosten im Epl. 12 und der refinanzierungsbedingten Kosten im Epl. 32 mehrheitlich abgelehnt wurde.

Der haushaltsmäßigen Veranschlagung der einzelnen Projekte lag ein zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung in den Jahren 1992, 1994 und 1998 geltender Projektzins plus einer festen Marge in der Spanne von ca. 5,0 bis 5,8 % zu Grunde. Die Zinssätze lagen damit weit über dem derzeitigen Niveau. In Höhe der sich aus den Baukosten und diesen hohen Zinsen ergebenden Tilgungsraten wurden bei Vertragsschluss die nach Haushaltsrecht vorgesehenen Verpflichtungsermächtigungen eingegangen. Der Zinssatz bewegte sich im Jahre 2005 in einer Bandbreite von ca. 2,8 % bis 3,8 %. Die im Haushalt 2007 ausgewiesenen Finanzierungskosten in Höhe von rd. 1,56 Mrd. € berücksichtigen bereits die dargestellte Zinsentwicklung. Im Jahre 2002 waren noch rund 1,79 Mrd. € ausgewiesen. Bei anhaltend günstigen Zinsen gegenüber denen zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse werden sich die Finanzierungskosten auch noch weiter reduzieren. Da alle Maßnahmen in der Tilgungsphase sind, werden auf der Basis der Baukosten und der bereits geleisteten Tilgungsraten, auch die Finanzierungskosten jährlich neu ermittelt und ausgewiesen."

Ich werde dieses Thema weiterhin verfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

Otto Fricke, MdB

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