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Olaf Duge
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Frage von Barbara U. •

Frage an Olaf Duge von Barbara U. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Duge
Ich bin Genossenschaftsmitglied der VHW und mir scheint, Sie sind voreingenommen.
Ich bin mit unserer sanierten Wohnung sehr zufrieden, aber wir haben junge Genossenschaftsmitglieder, die in Hamm bleiben wollen und für die sollen die alten, maroden Häuser, die noch Kohleöfen haben (es sei den, man hatte sich privat Etagenheizungen einbauen lassen) abgerissen werden und größere Wohnungen entstehen.
Ein Genossenschaftsmitglied ist in unser Haus gezogen und würde nicht einmal zurück ziehen, wenn die Nutzungsgebühr gleich wäre.. Schon lange ist die freie Finanzierung vom Tisch. Die Genossenschaft kann bei einem Neubau den Grundstückswert gegenrechnen und muss lediglich rund 2,5 Millionen Euro aufbringen. Die Stadt stellt zinsgünstige Kredite und Zuschüsse in Höhe von rund 13,5 Millionen Euro zur Verfügung.
Die Sanierungskosten beziffert die VHW mit etwa 11,4 Millionen Euro. An Fördermitteln würde die Stadt lediglich drei Millionen Euro zur Verfügung stellen. Weshalb sollen alle Genossenschaftsmitglieder den Wunsch nach gemeinsamen Wohnen aus dem gemeinsamen Genossenschaftsanteilen finanzieren und das Geld zum Fenster raus werfen?
Wir wollen, das unser Vorstand wirtschaftlich handelt und auf Wünsche der Mehrheit eingeht. Wo gibt es ein Rückkehrrecht bei staatlichen Wohnungsbauunternehmen, wo man aus einem Altbau in einen modernen Neubau umziehen kann und nur knapp 2 € mehr an Nutzungsgebühr zu zahlen hat? Alle haben ein Rückkehrrecht, aber kaum einer will davon Gebrauch machen.
Auf welcher rechtlichen Basis greifen Sie in unsere Beschlüsse ein? Wir haben diesen Vorstand gewählt und sind mehrheitlich einverstanden.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Uduwerella,

Ich danke für Ihre Anfrage und ich gratuliere Ihnen, dass Sie zu den zufriedenen Nutzerinnen eines alten Hauses einer Wohnungsbaugenossenschaft gehören. Sie können sogar in einem Haus der Genossenschaft wohnen, dass - wie sie schreiben - mit den Geldern der Mitglieder der Genossenschaft saniert und nicht abgerissen wurde wie es jetzt mit den teilweise historischen Backsteingebäuden aus dem Ende der 20er Jahre Am Elisabethgehölz von der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (VHW) vorangetrieben wird. Auch Sie haben bei der Sanierung ihrer Wohngebäude von der genossenschaftlichen Solidarität der NutzerInnen, die in den Häusern Am Elisabethgehölz wohnen, (auch finanziell) profitiert. Ich frage sie daher: ist es nicht auch nur fair, wenn - selbst in einer wirtschaftlich schwierigen Lage der VHW, in die der Vorstand die Genossenschaft geführt hat - nun auch von Seiten der NutzerInnen Am Elisabethgehölz ebenso diese genossenschaftliche Solidarität der anderen Genossenschaftmitglieder erwartet wird? Dabei wird der VHW keine wirtschaftlich unzumutbare Sanierung zugemutet, wie ja auch gutachterlich in den Gesprächskreisen nachgewiesen wurde, sofern die Grundrisse der Häuser Am Elisabethgehölz nicht verändert werden. Die Häuser Am Elisabethgehölz sind - und auch das ist nachgewiesen - keinesfalls, wie sie formulieren, marode, sondern sanierungsfähig. Die Gebäude sind allerdings nicht auf dem aktuellen Stand der Technik. Das aber ist Sache des Vorstandes, der von den NutzerInnen Jahrzehnte lang Nutzungsentgelt erhoben, aber kaum in die Instandhaltung oder gar Modernisierung dieser Häuser investiert hat. Stattdessen wurden von den „Mieten“ z.B. Häuser wie das, in dem Sie wohnen, saniert. Übrigens sind - wie sie auch selbst schreiben - nur noch in wenigen Wohnungen des Hauses Am Elisabethgehölz Kohleöfen. Viele Nutzer haben in der Tat mit eigenfinanzierten Einbauten die Heizungssituation verbessert und damit den Wert der Wohnungen erhöht, was ihnen finanziell nie adäquat erstattet wurde. In der Tat mag es - wie sie an einem Beispiel ausführen - einzelne ausgesiedelte NutzerInnen aus dem Haus Am Elisabethgehölz geben, die sich in ihrer Ersatzwohnung wohl fühlen. Das gilt aber längst nicht für alle und ein überwiegender Teil der BewohnerInnen wäre lieber in dem jetzigen Haus Am Elisabethgehölz in saniertem Zustand wohnen geblieben. Interessant finde ich die von Ihnen genannten Zahlen zu den Zuschüssen und den Sanierungskosten.Vielleicht können Sie mir dazu auch noch weitere Zahlen, insbesondere die detaillierte Kosten-kalkulation beschaffen, da ja die Kostenkalkulation Kalkulationsgrundlage für die Berechnung der Zuschüsse ist. Da die Kostenkalkulation nicht bekannt ist, denn der Vorstand hat diese bisher nicht detailliert dargelegt, ist zumindest auch die Höhe des angegeben Zuschusses fragwürdig. Auch erscheint mir die von Ihnen genannte Summe für die Sanierungskosten auf der Grundlage einer Veränderung der Grundrisse und nicht auf Grundlage der Erhaltung der Grundrisse erstellt worden zu sein. In sofern könnte der von Ihnen dargestellte Vergleich ein „schiefes“ Bild vermitteln. Aber vielleicht können Sie diese Zahlen ja untermauern, daran wäre ich sehr interessiert. Ich kann deshalb ihrer Annahme, dass das Geld der Genossenschaftsmitglieder (also das Eigenkapital) zum Fenster herausgeworfen werde auch nicht nachvollziehen, denn die von Ihnen genannten Werte scheinen mir doch sehr auf tönernen Füßen zu stehen. Und im Übrigen ist der Vorstand nie zu einem unwirtschaftlichen Handeln aufgefordert worden, im Gegenteil, dass hat er in eigener Verantwortung selbst getan und die Genossenschaft in eine prekäre wirtschaftliche Lage versetzt, die nun offenbar zu Lasten der BewohnerInnen der Häuser Am Elisabethgehölz ausgebadet werden soll. Leider hat sich der Vorstand der VHW z.B. auch was die Angabe von Zahlen oder die Sanierungsfähigkeit des Hauses betrifft (Stichwort Betonklasse) nicht als besonders auskunftsfreudig oder glaubwürdig dargestellt. Während zu Anfang von weit mehr als den jetzigen 122 Wohnungen, die neu gebaut werden sollten, und von sechsgeschossigem Bau die Rede war, sind nun nur noch 5 Geschosse und ca. 100 Wohnungen im Gespräch. Das heißt von den derzeit 122 Wohnungen gehen sogar ca. 20 verloren. Ich meine, das können wir uns in einer Zeit der Wohnungsknappheit nicht leisten. Dass die verbliebenden ca. 100 Wohnungen dafür größer werden sollen als die bisherigen ist m. E. weniger der familiengerechteren Größe als vielmehr der dadurch niedrigeren Baukosten geschuldet. Das sind mindestens 20 Bäder und 20 Küchen weniger, als wenn man kleinere Wohnungen gebaut hätte. Ich meine so geht es nicht. Wenn man den vielen älteren und alleinstehenden Nutzerinnen gerade in den zur Diskussion stehenden Häusern Am Elisabethgehölz nun eine Wohnung in den neu erbauten Häusern anbieten will, überfordert das v.a. viele ältere BewohnerInnen. Die neuen Wohnungen sind zwar sozial gefördert, aber letztlich viel teurer als ihre alte Wohnung, selbst wenn diese saniert worden wäre, weil die Wohnungsfläche einfach viel größer ist und für viele sogar viel zu groß ist. Sie werfen zum Ende Ihres Schreibens einige Fragen auf, auf die ich gerne noch antworten will. 1. Sie fragen: „Gibt es ein Rückkehrrecht bei staatlichen Wohnungsbauunternehmen, wo man aus einem Altbau in einen modernen Neubau umziehen kann und nur knapp 2€ mehr (meinen Sie insgesamt oder pro qm Kaltmiete?) an Nutzungsgebühr zu zahlen hat?“ Antwort: Ja, gibt es. In Hamburg gibt es nur ein staatliches Wohnungsbauunternehmen, das ist die SAGA/GWG. Und ich kann ihre Frage bejahen und als Beispiel die „Welt-Siedlung“ in Wilhelmsburg (Weimarer Straße) nennen. Hier hat die SAGA Altbestände teilweise saniert, teilweise abgerissen und neu gebaut. Die BewohnerInnen hatten ein Rückkehrrecht und haben dies auch zahlreich genutzt. Die Kaltmiete hat sie um ca. 0,14 € je m² erhöht. Auch andere Genossenschaften, die allerdings nicht staatlich sind, haben ihren Altmietern die Rückkehr ermöglicht (z.B. am Rübenkamp) und selbst die privaten Investoren der Wulfschen Siedlung in Langenhorn, die abgerissen werden soll, haben ihren Altmietern ein Rückkehrrecht zu gleichen Konditionen zugesagt. Dies sind nur einige Beispiele. 2. Sie fragen außerdem: Auf welcher rechtlichen Basis greifen Sie in unsere Beschlüsse ein? Ich weiß nicht in welche Beschlüsse ich „eingegriffen“ habe und wen Sie mit „unsere“ meinen. In die Beschlüsse der Organe der Genossenschaft (Vorstand, Aufsichtsrat, Vertreterver-sammlung) kann und will ich nicht direkt eingreifen. Sofern diese Beschlüsse aber Auswirkungen auf die Allgemeinheit haben sehe ich es nicht nur als mein Recht, sondern auch als meine Pflicht als Abgeordneter der Bürgerschaft hierzu Stellung zu beziehen. Das kann auch jeder andere Bürger und jede andere Bürgerin auf Basis des im Art. 5 des Grundgesetzes garantierten Meinungsfreiheit. Darüber hinaus gilt auch für private Grundstücke das Planungsrecht als hoheitliches Recht, dessen Gestaltung also in staatlicher Hand liegt. Dies gilt vom Flächennutzungsplan über den Bebauungsplan bis hin zum Hamburger Baurecht. Insofern können auch Beschlüsse von Organen der Genossenschaft z.B. was den Leerstand von Wohnungen als auch den Abriß oder den Bau von Wohnungen betrifft durch geltendes Recht der gewählten staatlichen Organe oder Verordnungen der Verwaltung eingeschränkt werden. Dies macht durchaus auch Sinn, da wir sonst einen „Bauwildwuchs“ hätten. Abrisse als auch Neubauten bedürfen deshalb einer Genehmigung der staatlichen Behörden nach dem geltenden Recht. 3. Sie stellen zum Schluss fest.“Wir haben diesen Vorstand gewählt und sind mehrheitlich einnverstanden.“Ich weiß nicht, wen Sie mit „wir“ bezeichnen und ob es Ihnen entgangen ist, dass Sie als einfaches Genossenschaftsmitglied noch nie einen Vorstand gewählt haben, sondern bestenfalls die Vertreter der Vertreterversammlung. Selbst wenn Sie Vertreterin in der Vertreterversammlung sind werden sie auch noch nie einen Vorstand gewählt haben, sondern einen Aufsichtsrat. Und nur falls Sie eines der wenigen Mitglieder des Aufsichtsrates sind könnten Sie bei der Bestellung des Vorstandes mit entscheiden.Aus langer Erfahrung in „meiner“ Genossenschaft weiß ich, dass die Wahlbetei-ligung bei den Vertreterwahlen meist nur relativ gering ist und viele Mitglieder sich nicht zu aktuellen Entscheidungen des Vorstandes positionieren. Das mag bedauerlich sein, zeigt aber auch, dass ein direkter Zusammenhang zwischen „Wahl“ des Vorstandes (durch den Aufsichtsrat) und einem Einverständnis einer Mehrheit der Genossenschaftsmitglieder mit einzelnen Entscheidungen des Vorstandes doch recht konstruiert erscheint.

In der Hoffnung Ihnen meine Sichtweise näher gebracht zu haben verbleibe ich mit freundlichem Gruß Olaf Duge

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