Niklas Wagener, hier im Wald fotografiert.
Niklas Wagener
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jonas T. •

Warum liefert die Ampelkoalition Waffen an die Völkermord begehende Diktatur Saudi Arabien?

Guten Tag,
laut übereinstimmenden Medienberichten wird die Ampelkoalition die Lieferung von Ausrüstung und Munition für Kampfflugzeuge im Wert von 36 Millionen Euro an die Diktatur Saudi Arabien genehmigen. Saudi Arabien blockiert seit Jahren mit militärischen Mitteln die Einfuhr von Nahrung und medizinischen Gütern in den Jemen und begeht damit Genozid am jemenitischen Volk. Laut Vereinten Nationen sind bis Ende 2021 377.000 Menschen in diesem Krieg umgekommen. Wieso will sich die Ampelkoalition an diesem Völkermord mitschuldig machen?

Niklas Wagener, hier im Wald fotografiert.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr T.

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die von Saudi-Arabien geführte Koalition hat in den vergangenen Jahren tausende Luftangriffe im Jemen geflogen und damit und mit der Blockade des Landes zu einer der größten humanitären Katastrophen unserer Zeit beigetragen.
Unter anderem der Druck der internationalen Gemeinschaft auf Saudi-Arabien hat in letzter
Zeit zu einem Ende der gezielten Bombardements von ziviler Infrastruktur geführt.

Es gibt aber keine direkten Waffenlieferungen von Deutschland nach Saudi-Arabien - gerade auch angesichts der verheerende Menschenrechtslage vor Ort und in der Region. „Der Rüstungsexport-Stopp gilt. Vorgängerregierungen haben in Gemeinschaftsprojekten mit Großbritannien und Spanien jedoch Verträge geschlossen, wonach Deutschland Einzelteile für den Eurofighter liefert, die auch nach Saudi-Arabien gelangen“, so die Außenministerin in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung. „Aus diesen alten Gemeinschaftsprojekten kann man nicht einfach so aussteigen. Angesichts der Bedrohung der europäischen Sicherheit durch Russland seit dem 24. Februar ist Verlässlichkeit unter europäischen Partnern wichtiger als je zuvor – denn wir müssen als Europäer verteidigungspolitisch enger zusammenarbeiten, um uns gemeinsam schützen zu können.“

Zugleich bedeutet wertegeleitete Außenpolitik, sich der dramatischen Weltlage zu stellen, sich nicht vor schwierigen Debatten in die Büsche zu schlagen. Und manche Entscheidungen sind haarsträubend schwierig.

Ich persönlich bin gegen Rüstungsexporte in so ein Land. Wir Grüne streben einen europäischen Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien und anderen Staaten an, solange sie nachweislich am Jemen-Krieg unmittelbar beteiligt sind.

Aber die erwähnten europäischen Gemeinschaftsprojekte können wir gerade jetzt nicht blockieren. In der schwersten Sicherheitskrise Europas seit Jahrzehnten ist Verlässlichkeit gegenüber unseren Verbündeten in EU und NATO noch wichtiger geworden. Daher entscheiden wir in jedem Fall sehr kritisch und gewissenhaft über Ablehnung oder Genehmigung. Nur die genehmigten Lieferungen werden an den Bundestag berichtet, und die wenigen Fälle machen deutlich, dass die Menschenrechtslage und der Aspekt, dass Lieferungen nicht zur inneren Repression genutzt werden können, die zentrale Rolle in unserer Außen- aber auch in unserer Wirtschaftspolitik spielt. Zum Umgang mit diesen Dilemmata nach der „Zeitenwende“ führen wir seit Februar eine intensive gesellschaftliche Debatte, und wir werden diese Prinzipien an einem Rüstungsexportkontrollgesetz in klare und strenge Kriterien gießen.

Mit unserem deutschen Rüstungsexportkontrollgesetz engagieren wir uns für eine viel stärkere Gewichtung der Menschenrechte und setzen uns dafür ein, dass wir uns mit den anderen europäischen Partnern auf einen einheitlichen Maßstab einigen können. Wir wollen gemeinsame europäische Entscheidungen für Rüstungsexporte auf Basis einer gemeinsamen Einschätzung der Sicherheitslage und europäischer Werte. Wir wollen keinen Wettlauf um die niedrigsten Menschenrechtsstandards bei der Genehmigungspraxis. Dies war auch ein großes Anliegen unserer Mitglieder, die sich diesbezüglich beim kürzlich stattgefundenen Parteitag in Bonn klar auch zu diesem Fall geäußert haben.

Mit freundlichen Grüßen

Niklas Wagener

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