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Monika Grütters
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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Monika Grütters von Wolfgang S. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Prof. Monika Grütters,

Im Urheberrechtsgesetz §95a werden "wirksame technische Maßnahme" definiert. Dort heißt es:

Technische Maßnahmen sind wirksam, soweit durch sie die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes von dem Rechtsinhaber durch ... einen Mechanismus ... zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.

In § 108b heißte es dann:
Wer eine wirksame technische Maßnahme ... umgeht ... wird ... bestraft.

Können Sie mir bitte den Anwendungsbereichs dieses Gesetzes erläutern? Wenn jemand eine Maßnahme umgeht, dann stellt die Maßnahme die Erreichung des Schutzziels doch nicht sicher, oder? Also ist die Maßnahme dann gemäß der Definition in §95a dann nicht wirksam.
Was bedeutet dieses Gesetz also? Oder habe ich evtl. die Grammatik der Sätze falsch verstanden?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schwarz,

vielen Dank für Ihre Frage. Sie zitieren §95a erst ab dem zweiten Absatz und dann auch nur ausschnittsweise. Auf dieser Grundlage scheinen Sie argumentieren zu wollen, dass die bloße Umgehungsmöglichkeit eines Kopierschutzes, den Kopierschutz seiner Eigenschaft als „wirksame technische Maßnahme“ beraubt. Mit Ihrer Nennung des §108b wird die Stoßrichtung deutlich: wenn ein Kopierschutz umgegangen werden kann, ist er keine „wirksame technische Maßnahme“ und nur diese zu umgehen, wäre strafwürdig. Ihnen ist mit Sicherheit auch klar, dass §108b überflüssig wäre, wenn §95a eine technische Maßnahme zwingend als „unumgehbar“ beschreiben würde. Ich denke, auch Ihnen ist bewusst, dass kaum eine Entwicklung der Sicherheitstechnik hundertprozentigen Schutz vor Missbrauch und/oder Umgehung bietet. Das gilt für den Kopierschutz, wie für Safesysteme oder auch für Iris- und Fingerabdruckscanner.

Dass für den Gesetzgeber die „Umumgehbarkeit“ kein Merkmal einer „wirksamen technischen Maßnahme“ ist, wird aus meiner Sicht auch deutlich, wenn man sich die ersten beiden Artikel des §95a vollständig und nicht nur in ausgewählten Abschnitten ansieht:

„(1) Wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines nach diesem Gesetz geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes dürfen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden, soweit dem Handelnden bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass die Umgehung erfolgt, um den Zugang zu einem solchen Werk oder Schutzgegenstand oder deren Nutzung zu ermöglichen.

(2) Technische Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken. Technische Maßnahmen sind wirksam, soweit durch sie die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes von dem Rechtsinhaber durch eine Zugangskontrolle, einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.“

Bereits vor der eigentlichen Definition in Absatz 2 wird in Absatz 1 die grundsätzliche Möglichkeit einer Umgehung eingeräumt. Hier wird deutlich, dass die „Unumgehbarkeit“ eben kein Merkmal einer technischen Maßnahme sein muss.

Entscheidend ist jedoch Ihre Auslassung einer Stelle aus dem zweiten Absatz: der Gesetzgeber macht hier deutlich, dass technische Maßnahmen dann „im Sinne dieses Gesetzes“ vorliegen, wenn Sie „im normalen Betrieb dazu bestimmt sind […] Schutzgegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken.“

Hier wird ganz deutlich, dass der Gesetzgeber die Schutzfunktion ausdrücklich auf den Normalbetrieb begrenzt und eben nicht erwartet, dass der Rechtsinhaber die „Wirksamkeit“ seiner Maßnahmen auch auf alle (denkbaren) Umgehungswege ausdehnt. So ist etwa der Einsatz von Dekodierungssoftware zur Umgehung von Schutzsystemen sicher nicht als „normaler Betrieb“ im Sinne des Gesetzes zu werten.

Ich hoffe, dass mit diesen Hinweisen die Bedeutung der entsprechenden Paragraphen des Urheberrechtsgesetzes für Sie besser nachvollziehbar wird und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Monika Grütters

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