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Monika Grütters
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Frage von Oliver S. •

Frage an Monika Grütters von Oliver S. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Prof. Grütters,

es gehört zur Aufgabe des Kulturstaatsministers kulturelle Einrichtungen u. Projekte von nationaler Bedeutung zu fördern sowie, die Rahmenbedingungen von Kunst und Kultur kontinuierlich weiter zu entwickeln und zu verbessern. Meine Familie und ich pflegen und verbreiten traditionelle deutsche Volkstänze sowie Jugend- und Gemeinschaftstänze und auch in der heutigen Zeit entstehende Tänze. Dies geschieht in den Tanzgruppen unseres Umfelds ausschließlich aus kultureller unpolitischer Motivation und basiert auf der Freude am generationsübergreifenden Tanzen. Wir müssen jedoch leider feststellen, dass die Berliner Volkstanzgruppen jegliche öffentliche Unterstützung vermissen.

Im Rahmen meiner Tanzleiterausbildung bei der Deutschen Gesellschaft für Volkstanz (DGV) setze ich mich mit der politischen Förderung des Volkstanzes auseinander. Im Rahmen dieser Betrachtungen ergeben sich für mich folgende Fragen, um deren Beantwortung ich Sie herzlich bitte:
1. Der Erhalt des immateriellen Kulturerbes im Sinne der UNESCO- Konvention obliegt dem BA für Kultur und Medien. Wie erklärt sich die Zuordnung der LAG Tanz Berlin e.V. als Dachverband (u.A.) der Volkstänzer zu den Bereichen Bildung u. Jugend?
2. Wie wird sichergestellt, dass eine generationsübergreifende Förderung des Volkstanzes durch Bildung u. Jugend wahrgenommen wird?
3. Zählen Sie den überlieferten Bestand deutscher Volkstänze zu einem erhaltenswerten immateriellen Kulturgut und wie wird von Ihnen der gegenwärtige Zustand dieses Kulturbereiches eingeschätzt?
4. Wie könnte der Volkstanz durch den Bereich Kultur u, Medien gefördert werden?
5. Mit welchen Mitteln sehen Sie Möglichkeiten rein kulturelle Aspekte des Volkstanzes von den politisch rechten Randerscheinungen zu trennen?
6. Welchen Verlauf prognostizieren Sie dem angewandten deutschen Volkstanz vor dem Hintergrund des gegenwärtigen politischen Kontextes und der demografischen Situation?

Mit freundlichen Grüßen
Oliver Schier

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Sehr geehrter Herr Schier,

vielen Dank für Ihre Fragen. Im Folgenden werde ich mich bemühen, die sehr ins Detail gehenden Fragen so gut es möglich ist, zu beantworten.

1.)Zunächst einmal darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Deutschland die UNESCO-Konvention zum Schutz des immateriellen Kulturerbes bisher nicht ratifiziert hat.

Grundsätzlich sind in Deutschland für die Pflege des Brauchtums, hierzu gehört auch der Volkstanz, die Bundesländer zuständig. Der Zuordnung des von Ihnen genannten Vereins zu den Bereichen Bildung und Jugend dürfte also eine Entscheidung des Berliner Senats zu Grunde liegen. Warum diese Zuordnung so erfolgt ist, kann ich leider nicht sagen.

2.)Auch hier muss ich zunächst auf die Zuständigkeit der Länder verweisen, deren Förderpraxis ich aber en detail nicht kenne. Was das Engagement des Bundes angeht, so fördert die Kulturstiftung des Bundes etwa den Tanzkongress als kulturellen Leuchtturm. Auch zwei weitere Fonds „Tanzpartner“ und „Tanzerbe“ werden über die Kulturstiftung des Bundes unterstützt. Darüber hinaus gibt es auch einige Initiativen, die eine Programmförderung durch Bundesministerien erhalten. Dazu zählt unter anderem der Wettbewerb „Jugend tanzt“, der auch in der Kategorie „Volkstanz“ ausgetragen wird.

3.)Die Pflege unseres kulturellen Erbes hat für mich als Kulturpolitikerin große Bedeutung. Zum kulturellen Erbe gehören auch die Volkstänze. Sie helfen, regionale und kulturelle Zugehörigkeitsgefühle zu pflegen, die für den Zusammenhalt der Gesellschaft große Bedeutung haben.

4.)Ich sehe vorerst nur wenig Spielraum für eine regelmäßige und institutionelle Förderung des Volkstanzes durch den Staatsminister für Kultur und Medien. Neben der Zuständigkeit der Länder für die Brauchtumspflege muss auch bedacht werden, dass der Etat des Staatsministers für Kultur und Medien nur einen vergleichsweise geringen Anteil an den Gesamtausgaben für die Kultur in Deutschland ausmacht. Die Länder und Kommunen übernehmen jeweils knapp 45 Prozent der Ausgaben für die Kultur, während der Bund auch aufgrund begrenzter Kompetenzen nur etwas mehr als 10 Prozent der bundesweiten Haushaltsmittel für die Kultur bereitstellt. Aus diesem Grund muss der Bund seine Kulturförderung konzentrieren, um wirksame Anstöße und Impulse geben zu können. Eine Förderung in der Breite ist mit diesem geringen Etat kaum möglich und ist deshalb hinsichtlich der Ressourcen bei den Ländern und Kommunen besser aufgehoben.

5.)Sofern es innerhalb von Volkstanzgruppen Personen gibt, die extremistische Positionen vertreten, sehe ich zunächst die Verbände und Vereine in der Pflicht, auf ihre Mitglieder entsprechend einzuwirken.

Für die Politik sehe ich allerdings die Möglichkeit, gegenüber der Öffentlichkeit klarzumachen, dass das bloße Interesse am Volkstanz nicht automatisch eine Affinität zu rechtsextremen Ansichten bedeutet. In den vergangenen Jahren haben die Deutschen aber begonnen, sich ihren kulturellen Traditionen unbefangener zu nähern, so dass falsche Schlüsse wohl nur noch in Einzelfällen zu erwarten sind.

6.)Eine kulturelle Tradition wie der deutsche Volkstanz lebt im Wesentlichen natürlich von der Begeisterungsfähigkeit seiner Anhänger. Die Zukunft des Volkstanzes wird deshalb maßgeblich davon abhängen, wie gut es den Volkstanzgruppen in Deutschland gelingt, auch zukünftig Menschen für ihre Traditionen zu begeistern. Das ist aus meiner Sicht die zentrale Voraussetzung für den Fortbestand des Volkstanzes in Deutschland, die auch unbeschadet des demographischen Wandels ihre Bedeutung behält. Ein solches Werben kann dann durch politische Unterstützung in seiner Reichweite verstärkt werden, es kann das Engagement der Volkstanzgruppen aber mit Sicherheit nicht ersetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Monika Grütters

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