Michael Leutert
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Frage von Hans-Jürgen Hähnel, D. •

Frage an Michael Leutert von Hans-Jürgen Hähnel, D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sie sind Kandidat für die Bundestagswahl in meinem Wahlbezirk. Um mir bei einer Wahlentscheidung zu helfen, bitte ich Sie folgende Fragen zu beantworten:

1. Abschaffung aller Atomwaffen

Wie stehen Sie zur Frage der US-Atomwaffen in Deutschland und zur nuklearen Teilhabe Deutschlands? Welchen Sinn haben diese Waffen aus Ihrer Sicht nach dem Ende des Kalten Kriegs?
Wird Ihre Partei im Falle von Koalitionsverhandlungen den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland im Koalitionsvertrag festschreiben?
2. Ausstieg aus der Atomenergie/Erneuerbare Energien

Wird Ihre Partei den Atomausstieg nach dem derzeit geltenden Atomgesetz fortsetzen?
Werden Sie sich dafür einsetzen, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) so fortzuschreiben, dass insbesondere der dezentrale Ausbau der Photovoltaik und der Windenergie "in Bürgerhand" beschleunigt wird?
3. Beendigung des Afghanistan-Krieges

Würden Sie Ende des Jahres für oder gegen die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan stimmen?
Angesichts der Lage in Afghanistan, wie stehen Sie zur zivil-militärischen Zusammenarbeit (CIMIC)?
4. Schutz von Flüchtlingen und Bekämpfung von Flucht-Ursachen

Wie stehen Sie zu einem Bleiberecht für besonders schutzbedürftige, traumatisierte Flüchtlinge?
Wo sehen Sie Deutschland in der Verantwortung für wichtige Flucht-Ursachen (Krieg, Verelendung, Umweltzerstörung) und was wollen Sie als Abgeordnete/r diesbezüglich tun?

Michael Leutert
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Dr. Hähnel,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworten möchte.

1. Abschaffung aller Atomwaffen

DIE LINKE fordert in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl am 27. September ausdrücklich, aktive Schritte zu einer atomwaffenfreien Welt zu unternehmen, des Weiteren fordert DIE LINKE, die Nato-Doktrin des Einsatzes von Atomwaffen zu beenden sowie alle Atomwaffen zu vernichten, da für mich und meine Partei Atomwaffen unabhängig von einem historischen Ereignis sinnlos sind.

Meine Fraktion hat in der 16. Wahlperiode zwei Anträge eingebracht, welche den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland fordern.

Der Antrag vom 22.04.2009 fordert „…den sofortigen Abzug der US-amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland mit der US-Regierung auszuhandeln und anschließend dauerhaft die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland auszuschließen und keine Trägersysteme, kein Bundeswehrpersonal oder anderweitige Unterstützung für den Einsatz von Atomwaffen anderer Staaten im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO mehr bereitzustellen“.

Ob und wenn ja inwieweit diese Forderung Eingang in einen Koalitionsvertrag finden würde, kann ich Ihnen nicht sagen, da der Ausgang von Verhandlungen nicht vorhergesagt werden kann. Selbstverständlich würde dieses Thema aber ausführlich diskutiert werden und wir uns massiv dafür einsetzen.

2. Ausstieg aus der Atomenergie

Wir fordern einen unverzüglichen und unumkehrbaren Ausstieg aus der Atomwirtschaft. Eine entsprechende Novellierung des bisherigen Atomgesetzes wäre dazu notwendig, denn der rotgrüne Atomkonsens mit seinen garantierten Restlaufzeiten dient zuallererst den Profitinteressen der Atomindustrie. Die Suche nach einem geeigneten Standort für die Endlagerung des Atommülls hat die Atomindustrie zu bezahlen.

Hinsichtlich der Erneuerbaren Energien ist die Haltung meiner Partei ebenfalls deutlich. Als Etappenziel wollen wir bis 2020 z.B. im Strombereich der Anteil erneuerbarer Energien auf mind. 50 % steigern. Dabei legen wir besonders hohen Wert auf eine dezentrale Energieversorgung in öffentlicher Hand. Insofern kann ich Ihre Frage hinsichtlich der Fortschreibung des EEG mit einem klaren Ja beantworten.

3. Beendigung des Afghanistan-Krieges

Die Bundeswehr sofort aus Afghanistan abziehen, ist eine der Hauptforderungen meiner Partei, daher werde ich wie bisher gegen die Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan stimmen. Ich und meine Partei wollen die so genannte „zivil-militärische Zusammenarbeit“ beenden. Ursachen und Folgen des Krieges zeigen sehr drastisch, dass nur zivile Konfliktprävention und aktive Friedenspolitik unter Beachtung des Völkerrechts und der Menschenrechte angemessene Handlungsoptionen bei der Bewältigung von Konflikten seine können. Daher wollen wir den Verteidigungsetat verkleinern und den zivilen Friedensdienst ausbauen.

4. Schutz von Flüchtlingen

„Menschen in existenzieller Not brauchen Hilfe. Ihnen Hilfe zu leisten, ist ein humanitäres Gebot. Die Grenzen offen für Menschen in Not! Wer ihnen Hilfe verweigert, verstößt gegen ein elementares Gebot der Menschlichkeit.“ Dieses Zitat aus dem Wahlprogramm leitet die Thematik Asylrecht ein.

Ein dauerndes Bleiberecht für besonders schutzbedürftige und/oder traumatisierte Flüchtlinge halte ich für wichtig, da ich eine Rückkehr in das Land, indem die Flüchtlinge unermessliches Leid erfahren haben, unter anderem aus psychologischen Gründen für menschenunwürdig halte.

Flucht-Ursachen sind genau die von Ihnen benannten, wie Krieg, Verelendung (Armut und Hunger) und Umweltzerstörung. Deutschland hat mit der Politik der letzten Jahre leider einen Anteil an der Verschärfung dieser Ursachen.

Als Abgeordneter möchte ich, so wie in dieser Legislatur, auf die desaströsen Folgen der deutschen Wirtschafts-, Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik für die Entwicklungs- und Schwellenländer aufmerksam machen.

Zum einen erscheint es mit dafür erforderlich, den Begriff der Entwicklungshilfe zu vermeiden und stattdessen von Entwicklungszusammenarbeit zu sprechen. Zum anderen sollte in den oben benannten Politikbereichen eine andere Politik erfolgen.

DIE LINKE fordert eine grundlegende Neuorientierung unserer Beziehungen zu den Ländern des Südens. Entwicklungs- und Außenwirtschaftspolitik müssen an den strukturellen Problemen ansetzen, die durch die kapitalistische Weltwirtschaftsordnung hervorgerufen werden. Eine wirksame deutsche Entwicklungszusammenarbeit setzt einen Systemwechsel in der Wirtschafts-, Finanz-, Energie- und Handelspolitik sowie der Agrarpolitik voraus.
Die Entwicklungszusammenarbeit der westlichen Industrieländer zielt bisher auf eigene wirtschaftliche Vorteile. Sie ist zu einem Anhängsel der Außenwirtschafts- und Sicherheitspolitik geworden. Ein Vielfaches dessen, was als Hilfe von Nord nach Süd fließt, kommt über Zinstilgungen, Kapitalflucht und ungerechten Handel zurück in die reichen
Länder.

Die Bundesregierung hat zunehmend Entwicklungshilfe mit Rohstoffsicherung verknüpft; in der Europäischen Union treibt gerade die deutsche Regierung die Freihandelspolitik gegenüber Entwicklungs- und Schwellenländern voran, um Absatzmärkte zu erschließen. Nicht selten wird die Entwicklungshilfe dabei zum Faustpfand, um Marktöffnung
zu erzwingen. Die jetzige Krise zeigt: Die Politik des Freihandels und der Liberalisierung ist gescheitert. Sie führt zu immer mehr Krisenanfälligkeit und noch mehr Abhängigkeit. Sie behindert die Entwicklung im Süden und die weltweite Durchsetzung des Menschenrechts auf Nahrung. Eine selbstbestimmte Entwicklung und die Ernährungssouveränität in den Ländern des Südens zu stärken, das sind hingegen vorrangige entwicklungspolitische Ziele für DIE LINKE.

Dazu muss Entwicklungspolitik die Süd-Süd-Beziehungen und regionale Märkte als Gegenpol zur globalen Handelspolitik stärken, die Verarbeitung von Rohstoffen im eigenen Land fördern und für gerechte Preise sorgen. Die Förderung der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ist zu verstärken, auf Kosten der rein exportorientierten Agrarindustrie. Die lokalen Produzentinnen und Produzenten sind vor Preis-Dumping und Verdrängungswettbewerb zu schützen, die durch die Agrarexportsubventionen der EU und durch Freihandelsabkommen begünstigt werden.

Insbesondere Frauen spielen für die beständige Entwicklung auf allen Ebenen, in der Bildung, in der Wirtschaft, in den familiären Zusammenhängen, eine tragende und entscheidende Rolle. Erfolgreiche Entwicklungspolitik – das zeigen weltweite Erfahrungen – ist immer auch aktive Frauenförderungspolitik. Entwicklungspolitische Zusammenarbeit muss im Kern ausgerichtet sein auf die Befreiung von Armut, Analphabetismus, Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg. Dabei sind weltweite soziale, ökologische und antimilitaristische Bewegungen, wie z.B. das Weltsozialforum, Gewerkschaften, lokal gesteuerte Entwicklungsinitiativen auf kommunaler und regionaler Ebene, Selbsthilfegruppen und Nichtregierungsorganisationen, neben nationalen und supra-regionalen Institutionen, wichtige Bündnispartner.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Leutert, MdB, DIE LINKE