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Melanie Wegling
SPD
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Frage von Nadine K. •

Wann setzen Sie sich für ein Verbot der AFD ein?

Sehr geehrte Frau Wegling, mit Entsetzen habe ich gelesen, dass Abgeordnete der AfD gemeinsam mit CDU-Mitgliedern und rechtsgerichteten Unternehmern Pläne schmieden, ihnen nicht genehme Menschen aus Deutschland zu deportieren (Vergleiche Correctiv-Recherche). Ich fordere Sie dringend auf, sich umgehend in allen Parteistrukturen und öffentlich für die Einleitung eines Verbotsverfahrens verfassungsfeindlicher Strukturen in Deutschland einzusetzen! Nie wieder ist jetzt!
Beste Grüße
Nadine K.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau K.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Deutschland steht vor einer Vielzahl an Herausforderungen: Wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich. In den letzten Jahren ist der „Krisenmodus“ zum Normalzustand geworden. Für sicher gehaltene Maßstäbe, wie Frieden in Europa, wurden gekippt und sind keine Selbstverständlichkeit mehr.

In unserer Gesellschaft wird das Unsägliche durch rechte Hetzer:innen wieder zum Sagbaren. Rechte Positionen werden auch von bürgerlichen Parteien übernommen. Die aktuellen Umfragen zeigen eine besorgniserregende Entwicklung in ganz Deutschland — nicht nur im „Osten“. Antisemitismus wird wieder offen auf Deutschlands Straßen ausgelebt, Rassismus ist ein täglicher Begleiter von Menschen mit Migrationshintergrund, die Ärmsten unserer Gesellschaft werden gegeneinander ausgespielt. Ich nehme eine fundamentale Verschiebung in unserer Gesellschaft wahr. Die Enthüllungen der Journalist:innen von correctiv offenbaren das wahre Menschenbild der AfD und einiger anderer Gruppen. Es wird offen über die Deportation von Menschen gesprochen, die ein fester Teil dieses Landes und dieser Gesellschaft sind.

Die AfD befeuert ein Klima von Hass, Hetze und Spaltung. Menschen wenden sich dabei vermeintlich einfachen Lösungen auf komplexe Sachverhalte zu. Die demokratischen Parteien dieses Landes sind gefragt. Es ist notwendig, das Vertrauen in Politik wieder herzustellen. Es braucht demokratische Antworten und Überzeugungskraft in Zeiten wie diesen. Ich bin stolz darauf, dass wir in den letzten Wochen einen Aufbruch spüren, der durch dieses Land geht. Einen Aufbruch, der sich gegen die zunehmende Verrohung in unserer Gesellschaft richtet. Und der ein gemeinsames Aufstehen gegen Rechte und Menschenfeinde zeigt! Das Verbot einer Partei ist das schärfste Schwert in einer Demokratie. Ein erheblicher Eingriff in die politische Willensbildung unseres Landes.  Wir haben Anfang Januar auf der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion über die Bedrohung von rechts diskutiert, aber auch welche Einschüchterungsversuche uns immer wieder begegnen und Gewalt verharmlost wird. Die Frage, ob ein Verbotsverfahren gegen die AfD nicht der richtige Weg sei, war dabei offen Thema.

In drei Bundesländern wird die AfD als offen rechtsextremistisch eingestuft. Für ein Parteiverbotsverfahren gelten in Deutschland allerdings hohe Hürden, deshalb ist es die Aufgabe unserer Verfassungsorgane die Einschätzungen der Sicherheitsbehörden im Blick zu bewahren und die Argumente eines „Für und Wider“ sorgfältig abzuwägen.

Die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeigt, was möglich ist: Der Partei „Die Heimat“ (vormals NPD) werden die staatlichen Zuwendungen ersatzlos gestrichen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat bereits angekündigt, dass ein ähnliches Verfahren gegen die AfD nicht auszuschließen ist. Gleichzeitig ist es ist meine Aufgabe, als demokratisch gewählte Abgeordnete und Mitglied der SPD, die das älteste Bollwerk gegen Rechtsextremismus ist, auf allen Ebenen gegen die Politik und Ideen der AfD zu kämpfen.

Mit einem erfolgreichen Verbot verschwindet die AfD von den Wahlzetteln der Republik, die Überzeugungen und Anhänger:innen aber bleiben. Denn es geht dabei nicht nur um eine Partei, sondern um ein grundlegendes Problem in unserer Gesellschaft.

Sehr geehrte Frau Kleinhanß, wir stehen vor tiefgreifenden gesellschaftlichen Herausforderungen. Aufgabe von Politik und demokratischen Parteien muss es sein, dass sie die Menschen überzeugen und mitnehmen — dafür brauchen wir Streitbereitschaft, Kreativität und Hartnäckigkeit. Ich habe Vertrauen in die demokratische Mehrheit in diesem Land: Die letzten Wochen haben gezeigt, dass auch die „schweigende Mehrheit“ endlich laut wird — über 1 Millionen Menschen waren auf der Straße. Wir haben eine wehrhafte Demokratie in Deutschland, die eine Partei wie die AfD überwinden kann, wenn wir an einem Strang ziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Melanie Wegling

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