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Frage von Ernest G. •

Frage an Mechthild Rawert von Ernest G. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Rawert,

ich habe verschiedene Fragen an Sie:

1.) Vor gut zwei Jahren wurde ja der Flughafen in Tempelhof stillgelegt, und seitdem gibt es Diskussionen, was aus dem Tempelhofer Feld werden soll. Was soll Ihrer Meinung nach daraus werden?

2.) Offensichtlich soll bei der Ringbahn zwischen S+U Tempelhof und Hermannstraße ein weiterer S-Bahnhof entstehen, möglw. "Oberlandstraße" oder so. Wissen Sie vielleicht näheres darüber? Wenn ja, soll der S-Bahnhof tatsächlich entstehen, und wann?

3.) Bei der S2 zwischen Südkreuz und Blankenfelde soll die sogenannte Dresdner Bahn kommen, möglicherweise mit Tunnellösung durch Lichtenrade. Jedenfalls wäre ich ganz klar dafür. Was ist Ihre Meinung dazu? Wann soll das Projekt verwirklicht werden? Soll es zwischen Südkreuz und Blankenfelde bzw. Flughafen BBI Schönefeld weitere Haltebahnhöfe für die Regionalbahn geben?

4.) Können Sie sich bei der U4 über Innsbrucker Platz oder Nollendorfplatz sowie bei der U8 über Hermannstraße hinaus solche U-Bahnverlängerungen vorstellen? Und wie ist es bei dieser U10, das ursprünglich zwischen Lichterfelde über Friedenau, Potsdamer Platz und Alexanderplatz verkehren soll?

Ich hoffe, dass diese U-Bahnprojekte irgendwann verwirklicht werden können!

Zu einem anderen Thema:

5.) Für wie bedenklich halten Sie sogenannte Billig-Bordelle, wie jenes in der Martin-Luther-Straße? In wie weit kann man sich als Freier dort strafbar machen?

Für Ihre Antwort darauf möchte ich mich schonmal im Voraus danken!

Mit freundlichen Grüßen

Ernest Goetz

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Sehr geehrter Herr Goetz,

herzlichen Dank für Ihre Fragen zur Berliner Verkehrs- und Stadtpolitik sowie zur "Freier"-Situation.

1.) Vor gut zwei Jahren wurde ja der Flughafen in Tempelhof stillgelegt, und seitdem gibt es Diskussionen, was aus dem Tempelhofer Feld werden soll. Was soll Ihrer Meinung nach daraus werden?

Ich begrüße, dass seit dem 8. Mai diesen Jahres das Tempelhofer Feld öffentlich zugänglich ist und dass das Tempelhofer Feld von den Berlinerinnen und Berlinern so wunderbar und zahlreich angenommen wird. Mit dieser riesigen Freifläche mitten in Berlin steigt die Lebensqualität durch eine weitere Naherholungsmöglichkeit. Auch die Luftqualität Berlins profitiert von dieser "Grünen Lunge". Die *einzigartige urbane Parklandschaft* ist attraktiv für die Menschen aus den benachbarten Quartieren und für Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Stadt. Die Chance, innerhalb der dicht bebauten Berliner Innenstadt einen Park dieser Größenordnung zu entwickeln, ist europaweit einmalig!

Mein Leitbild der Tempelhofer Freiheit sieht eine soziale, ökologische und ökonomisch tragfähige Entwicklung des ehemaligen Flughafenareals vor. Es gilt, attraktive Angebote für Erholung- und Freizeitsuchende zu schaffen oder neue unternehmerische, soziale und kulturelle Ideen umsetzen. Ich halte den Ansatz für richtig, dass das Gelände durch Zwischen- und Pioniernutzungen entwickelt wird und diese Nutzungen gezielt in einen Planungsprozess integriert werden. In den drei Pionierfeldern am Tempelhofer Damm, am Columbiadamm und an der Oderstraße werden sich verschiedene Projekte aus den Bereichen Kultur, Bildung, Sport und umweltfreundliche Technologien ansiedeln. 138 Projekte hatten sich beworben. Davon wurden 19 ausgewählt. Ich bin sehr gespannt darauf, was sich da an kreativen Ideen und Potenzialen entfalten wird.

2.) Offensichtlich soll bei der Ringbahn zwischen S+U Tempelhof und Hermannstraße ein weiterer S-Bahnhof entstehen, möglw. "Oberlandstraße" oder so. Wissen Sie vielleicht näheres darüber? Wenn ja, soll der S-Bahnhof tatsächlich entstehen, und wann?

Ich unterstütze die Initiativen der SPD-Fraktion in der BVV Tempelhof-Schöneberg zur besseren verkehrstechnischen Erschließung und Aufwertung der Tempelhofer Freiheit, u. a. durch einen zusätzlichen S-Bahn-Haltepunkt. Auf Antrag der SPD-Fraktion hatte die BVV Tempelhof-Schöneberg am 21. April 2010 folgenden Antrag beschlossen:

*"*Tempelhofer Freiheit -- zusätzlicher S-Bahn-Haltepunkt**

Die BVV empfiehlt dem Bezirk sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass ein zusätzlicher S-Bahn-Haltepunkt auf der Ringbahn zwischen den Bahnhöfen Tempelhof und Herrmannstraße in Höhe der Oberlandstraße in die stadtweite Entwicklungsplanung Verkehr aufgenommen wird und mit Beginn der Realisierung von Gewerbeflächen auf dem Tempelhofer Feld bei der Bahn bestellt wird."

Die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat der BVV Tempelhof-Schöneberg daraufhin folgende Stellungnahme zur Kenntnisnahme abgegeben:

"Im Maßnahmenblock "Strecken und Bahnhöfe für den S-Bahn-Verkehr" wird im neuen Stadtentwicklungsplan Verkehr mit dem Planungshorizont 2025 ein S-Bahn-Haltepunkt für das Tempelhofer Feld vorgesehen. Da sich der StEP Verkehr derzeit noch in der Fortschreibung befindet, kann derzeit keine abschließende Aussage getroffen werden. Die Bearbeitung soll bis Jahresende 2010 abgeschlossen werden.

Die genaue Lage des Haltepunktes ist noch nicht spezifiziert und hängt von den Untersuchungen für die verkehrliche Erschließung des Tempelhofer Feldes ab.

Für die Entwicklung und Erschließung des Tempelhofer Feldes wäre ein S-Bahn-Halt in der Nähe der geplanten Gebietsentwicklung (und damit im Bereich der Oberlandstraße) zu begrüßen. Inwiefern sich ein Haltepunkt aus volkswirtschaftlicher Sicht begründen lässt (Verlustzeiten der Reisenden auf der bestehenden Strecke versus zu gewinnende Fahrgäste am Haltepunkt), ist derzeit noch nicht absehbar. Die zeitliche Realisierung dieses zusätzlichen Halts ist zudem von der Gebietsentwicklung auf dem Tempelhofer Feld abhängig, so dass eine exakte zeitliche Einordnung für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung schwierig ist. An dieser Frage wird zwischen der Abteilung VII (Verkehr) sowie dem bei der Abteilung II (Städtebau und Projekte) mit dem Tempelhofer Park befassten Projektteam eng zusammengearbeitet."

Diese Stellungnahme ist von der BVV Tempelhof-Schöneberg am 27.10.2010 zur Kenntnis genommen worden.

3.) Bei der S2 zwischen Südkreuz und Blankenfelde soll die sogenannte Dresdner Bahn kommen, möglicherweise mit Tunnellösung durch Lichtenrade. Jedenfalls wäre ich ganz klar dafür. Was ist Ihre Meinung dazu? Wann soll das Projekt verwirklicht werden? Soll es zwischen Südkreuz und Blankenfelde bzw. Flughafen BBI Schönefeld weitere Haltebahnhöfe für die Regionalbahn geben?

Ich setze mich seit Jahren für eine Tunnellösung für die Dresdner Bahn ein, denn dies ist im Interesse der AnwohnerInnen. Sowohl gesundheitliche Gründe aufgrund der drohenden Lärmbelastung sprechen für eine Tunnellösung als auch wirtschaftliche und soziale Gründe, denn der Ortsteil Lichtenrade sollte durch eine oberirdische Trassenführung nicht getrennt werden. Deswegen unterstütze ich die Bürgerinitiative Dresdner Bahn und bin auch Mitglied. Für die Tunnellösung habe ich bereits 2006 zusammen mit vielen LichtenraderInnen demonstriert und diese auch in meiner parlamentarischen Arbeit von der Bundesregierung und der Deutschen Bahn AG eingefordert.

4.) Können Sie sich bei der U4 über Innsbrucker Platz oder Nollendorfplatz sowie bei der U8 über Hermannstraße hinaus solche U-Bahnverlängerungen vorstellen? Und wie ist es bei dieser U10, das ursprünglich zwischen Lichterfelde über Friedenau, Potsdamer Platz und Alexanderplatz verkehren soll?

Grundsätzlich sind die von Ihnen vorgeschlagenen U-Bahnverlängerungen verkehrspolitisch sinnvoll. Entsprechend sind die Strecken auch im Stadtentwicklungsplan Verkehr durchgeprüft worden. Allerdings halte ich angesichts der angespannten finanziellen Situation Berlins und dem aktuellen Beispiel der U55 weitere U-Bahn-Projekte zur Zeit für politisch nicht durchsetzbar. Ein Kilometer U-Bahn kostet derzeit durchschnittlich ca. 125 Mio. EUR, dagegen kostet ein Kilometer Straßenbahn mit ca. 10 Mio. EUR, fallweise auch 15 Mio. EUR nur etwa ein Zehntel. Sinnvoller erscheint mir daher der weitere Ausbau des Straßenbahnliniennetzes. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Stadtentwicklungsplan Verkehr der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Im Stadtentwicklungsplan Verkehr werden im Rahmen der Infrastruktur-Langfristvorhaben Optionen geprüft, welche die direkte Anbindung des Märkischen Viertels an die U8 vorsehen, die Anbindung der U-Bahnlinie U4 auf der Strecke Kulturforum - Innsbrucker Platz sowie Verlängerung bis Rathaus Steglitz, die Anbindung der U-Bahnlinie U7 nach Schönefeld (Rudow - Rudow Süd - Bahnhof Schönefeld).

Ausbau U8

Die Erweiterung der U8 wirft eine Reihe von Problemen auf, die aufgrund des zu erwartenden Nutzen-Kosten-Verhältnis nicht gerechtfertigt sind. Als Alternative soll daher die Verlängerung der Straßenbahnstrecke nach Rosenthal in das Märkische Viertel geprüft werden.

Ausbau U4 (U10)

Hier ist nach der Kosten-Nutzen-Prüfung eine oberirdisch geführte Straßenbahn zum Innsbrucker Platz vorzuziehen. Für die weitere Verlängerung bis Steglitz wird ebenfalls die oberirdische Lösung empfohlen

Ausbau U7

Angesichts der prognostizierten Kosten in Höhe von 130 Mio. EUR fällt dabei ins Gewicht, dass für den Verkehr vom und zum Flughafen der Flughafenexpress und die S-Bahn wesentlich attraktiver sind.

Ein mir persönlich wichtiges Anliegen ist zur Zeit vor allem die qualitative Verbesserung der S-Bahn. Die Privatisierung der Bahn AG zum Zweck des Börsengangs, die das finanzielle Ausbluten der S-Bahn zur Folge hatte. Ich habe im Bundestag gegen die Bahnprivatisierung gestimmt, wie Sie Abgeordnetenwatch entnehmen können. Die Sparmaßnahmen verursachten große Sicherheitsmängel am Fahrzeugpark, die mit zum S-Bahnchaos für die Berlinerinnen und Berliner führte. Die Privatisierung der Bahn AG hat sich als Irrweg erwiesen. Deswegen halte ich eine Kommunalisierung der S-Bahn für eine sinnvolle Option. Die SPD Berlin wird dazu auf ihrem Landesparteitag am 13.11.2010 eine Entscheidung fällen. Der öffentliche Nahverkehr muss als eines der grundlegenden Elemente von öffentlicher Daseinsvorsorge gestärkt werden.

5.) Für wie bedenklich halten Sie sogenannte Billig-Bordelle, wie jenes in der Martin-Luther-Straße? In wie weit kann man sich als Freier dort strafbar machen?

Ich nehme an, dass sich ihre Frage auf die so genannten Sexflatrates bezieht, die quasi mit der Wirtschafts- und Finanzkrise in Deutschland erst erfunden wurde.

Die rotgrüne Bundesregierung hat 2002 die Prostitution legalisiert. Damit verbinden sich für Prostituierte Rechte und Pflichten wie die Steuerpflicht und das Recht eine Krankenversicherung abschließen zu können. Durch die Legalisierung sind Verträge zwischen Prostituierter und Freier nicht mehr sittenwidrig und Nichtzahlung von Dienstleistungen deshalb auch einklagbar.

Der Abschluss eines Vertrages zwischen einer Prostituierten und einem Kunden unterliegt der Vertragsfreiheit. Wenn eine Prostituierte einen Dienstleistungsvertrag mit einem Kunden abschließt, unterliegt dies der Vertragsfreiheit. Allerdings setze ich voraus, dass das Bordell ordentlich angemeldet ist, der Steuerpflicht nachgekommen wird und dort keine Frau zur Zwangsprostitution gezwungen wird. Unter diesen Umständen kann ich keine strafbare Handlung erkennen.

Ich weiß, dass es im Zusammenhang mit dem ersten Flatrate-Bordell in der Nähe von Stuttgart einen großen Aufschrei gegeben hat. Und auch ich wünsche mir, dass die Prostituierten ordentlich bezahlt werden für ihre Dienstleistungen, aber das sind moralische Kategorien, die jeder Kunde selbst zu beantworten bzw. vor allem auch zu verantworten hat.

Weitere Informationen für Freier können Sie der folgenden Website entnehmen: http://www.freiersein.de/aktuell/gesunder-kunde.php

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen

Mechthild Rawert